Tungeln/Delmenhorst. Am 14. April dieses Jahres ist die Partie zwischen dem SV Tungeln und dem KSV Hicretspor Delmenhorst in der 1. Fußball-Kreisklasse abgebrochen worden. Das Sportgericht hat nun sein Urteil gefällt: Das Spiel wird für beide Mannschaften mit 0:5 gewertet, beide müssen eine kleine Geldstrafe zahlen. Zudem wurde Hicretspors Ümit Yildiz zu einer dreimonatigen Sperre und 200 Euro Geldstrafe sowie Tungelns Dennis Budweg zu einer vierwöchigen Sperre und 100 Euro Geldstrafe verurteilt. Das Sportgericht Oldenburg-Land/Delmenhorst sieht es als erwiesen an, teilt der Vorsitzende Torsten Dreesmann mit, dass Yildiz den maßgeblichen Anlass für den Tumult gesetzt hat. Mehrere Zeugen konnten bestätigen, dass dieser einen Spieler von Tungeln geschlagen und diesen, als er am Boden lag, gegen den Kopf getreten hat. Daraufhin habe Budweg den Delmenhorster angegriffen und ihn zu Boden gestoßen, berichtet Dreesmann.
Was genau der Schiedsrichter dann gemacht hat, darüber herrschen verschiedene Ansichten: Laut des SV Tungeln brach er das Spiel ab, mehrere Akteure der Tungelner gingen in die Kabine. „Es war für uns ein Abbruch. Wir wollten nicht weiterspielen, weil es sehr hitzig und sehr aggressiv war“, sagt Tungelns Fußballobmann Sascha Ulpts, der selbst vor Ort war. Der Schiedsrichter, der laut Dreesmann „mit der Gesamtsituation möglicherweise etwas überfordert war“ gab zu Protokoll, die Partie lediglich unterbrochen zu haben. Die Delmenhorster Gäste wollten weiterspielen.
Absolviert waren bis dato 55 Minuten, die Delmenhorster führten mit 2:1. „Der Schiedsrichter ließ sich sodann vom SV Tungeln dazu hinreißen, das Spiel nach einer etwa 20-minütigen Unterbrechung endgültig abzubrechen. Dieser Verein war nicht mehr bereit, das Spiel fortzusetzen. Das Gericht sah es somit als erwiesen an, dass beide Vereine ihren Beitrag zum Abbruch geleistet haben“, heißt es seitens des Sportgerichts.
Weder Tungeln noch Hicretspor sind mit dem Urteil wirklich einverstanden, beide Vereine nehmen es aber hin und legen keinen Protest ein.
Vereine akzeptieren Urteil widerwillig
Hicretspor-Trainer Timur Cakmak sieht seine Mannschaft ungerecht behandelt und legt dar, wieso: „In der Kreisklasse wurde vor ein paar Jahren mal ein Spiel zwischen uns und dem SV Atlas Delmenhorst abgebrochen, weil zwei Hooligans aufs Feld gelaufen sind, unsere Spieler bedroht haben und wir dann vom Feld gegangen sind. Das wurde dann mit 0:5 gegen uns gewertet, weil wir nicht weitermachen wollten“, erinnert sich Cakmak an das Jahr 2014. In der vergangenen Saison wurde die Partie zwischen dem TuS Hasbergen und Hicretspor abgebrochen, weil ein Spieler eines dritten Vereins auf das Feld gestürmt war und einen Hicretspor-Akteur attackierte. Diese Partie wurde wiederholt.
„Dieses mal haben sich zwei Spieler miteinander gehabt, und Tungeln wollte nicht weiterspielen, trotzdem wird es auch 0:5 für uns gewertet. Ich verstehe das nicht. Der Schiedsrichter hat vorm Sportgericht gesagt, dass er nicht abgebrochen hat“, erzählt Cakmak. Das Gericht habe ihm nicht erklären können, warum das Match gegen Hasbergen wiederholt wurde und das gegen Tungeln nicht. Oder wieso die Partie nicht, wie seinerzeit für Atlas, für Hicretspor gewertet wurde. „Man wollte uns die Punkte nicht geben, das müssen wir so hinnehmen. Wir steigen trotzdem auf“, hakt der Delmenhorster Coach den Fall ab. Die mehrstündige Fahrt zum Sportgericht wolle er sich zukünftig sparen.
Die Rudelbildung, die letztlich zum Abbruch der Kreisklassen-Begegnung führte, habe er nicht genau sehen können. „Ich nehme meinen Spieler nicht in Schutz, ich weiß nicht was er oder der Tungelner gemacht haben. Der Tungeln-Trainer meint, er hat alles genau gesehen. Der stand aber genau neben mir, 50 Meter weg. Bei der Rudelbildung hat nicht mal der Schiedsrichter, der näher dran war, gesehen, wer wen wie geschlagen oder getreten hat. Aber unser Spieler bekommt drei Monate und der Tungelner einen Monat Sperre. Bei Aussage gegen Aussage“, ärgert sich der Hicretspor-Trainer.
Sascha Ulpts sieht derweil die Delmenhorster als verantwortlich für den Abbruch an. „Unserer Meinung nach ist das Spiel wegen Tätlichkeiten von Hicretspor-Spielern abgebrochen worden. Den Tritt an den Kopf habe ich selber gesehen, vorher gab es einen Schlag in den Bauch. Dass unser Spieler den Hicretspor-Spieler dann weggestoßen hat, war unnötig, aber eher nach dem Motto: Geh weg hier. Das wurde auch als Tätlichkeit gewertet“, berichtet der Fußballobmann. Er hält es für ungerecht, dass sein Spieler de facto genauso viele Partien verpasse wie der Hicretspor-Akteur, da der Großteil von dessen Sperre in die Sommerpause falle.
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