Alte Möbel restaurieren, Inneneinrichtungen für Schiffe bauen oder einen Kleiderschrank nach Kundenwunsch anfertigen – das Tischlerhandwerk ist facettenreich. Laut der Tischler-Innung Delmenhorst / Oldenburg-Land zählt die Tischlerlehre zu den beliebtesten Ausbildungen im Handwerk. Dennoch haben Schreinereien im ländlichen Bereich zunehmend Probleme, passende Auszubildende zu finden.
Seit Jahren gehe der Trend immer mehr in Richtung von akademischen Abschlüssen, beobachtet Sven Jochims, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Delmenhorst/Oldenburg-Land: "Nicht für jeden eignet sich ein Studium und wir brauchen Nachwuchskräfte im Handwerk." Zudem biete das Handwerk gute Zukunftschancen. Denn auch wenn viel digitalisiert wird, werden Handwerker immer gebraucht, sagt Jochims: "Es werden ja schießlich keine Fenster digital eingebaut." Zudem sei es wichtig, dem Fachkräftemangel entgegenzusteuern. Denn viele Handwerker werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen und diese Stellen müssen nachbesetzt werden. "Wir müssen es auch schaffen, dass Eltern verstehen, dass eine Ausbildung in der Handwerksbranche nicht schlechter ist als eine akademische Ausbildung", betont Jochims.
Die Tischlerlehre sich nicht nur für Menschen mit einem bestimmten Schulabschluss, heißt es seitens der Tischlerinnung. Vom Hauptschulabsolventen bis zum Abiturienten können sich Interessierte bewerben: "Das Aufgabenspektrum in der Tischlerei reicht von praktischen Aufgabenbereichen bis hin zu komplexen Planungsaufgaben." Menschen mit Abitur können die dreijährige Lehre aber um ein halbes Jahr verkürzen. „Im Gegensatz zu vielen anderen Berufen können wir das Ergebnis unserer Arbeit sehen und anfassen", erklärt Obermeister der hiesigen Tischler-Innung, Carsten Wichmann. "Das macht stolz und bringt Zufriedenheit.“
Trend zu kaufmännischen Berufen
Die meisten Schulabgänger, die eine Lehre machen, entscheiden sich für einen kaufmännischen Beruf. "In der Ausbildungs-Hitliste liegen diese seit Jahren klar vorne, obwohl hier die Karriereaussichten immer schlechter werden", heißt es seitens der Tischler-Innung. Das liege auch daran, dass viele Menschen nur eine vage Vorstellung haben, was etwa der Beruf Tischler alles umfasst – diese Erkenntnis belegen laut der Innung Umfragen: "Das beginnt schon bei den Berufsbezeichnungen Tischler beziehungsweise Schreiner: Viele Menschen glauben, dass es inhaltliche Unterschiede gibt, dabei handelt es sich lediglich um regionale sprachliche Varianten."
Tischler fertigen für private Kunden alles vom Kleiderschrank bis zur kompletten Einrichtung an. Zudem realisieren sie für Museen, Hotels, Praxen oder Schiffe den gewünschten Innenausbau. Die Schwerpunkte der Arbeiten können sich von Betrieb zu Betrieb unterscheiden, heißt es seitens der Tischler-Innung. So gibt es etwa Scheinereien, die Treppen, Fenster und Türen fertigen. Andere hingegen restaurieren alte Möbel. Dabei wird mit verschiedensten Werkstoffen wie Holz, Kunststoffe, Glas und Metall gearbeitet. Zunehmend setzen manche Betriebe digitale Zeichenprogramme ein und immer mehr Maschinen in der Werkstatt können digital gesteuert werden. Trotzdem sind in vielen Betrieben auch noch Handskizzen gefragt, um etwa Einrichtungsideen zu visualisieren.
Chance sich weiterzubilden
Nach der Lehre gibt es laut Tischler-Innung auch zahlreiche Möglichkeiten, um sich weiterzubilden: "Meister oder Meisterin, Studium der Innenarchitektur oder Holzingenieurtechnik, Gestaltung im Handwerk oder zeitweise Arbeiten im Ausland." In vielen Fällen bleibe die Option bestehen, nach der Weiterbildung in den Ausbildungsbetrieb zurückzukehren, erklärt Wichmann: "Das liegt auch an der familiären Atmosphäre, die in den meisten Tischlereien herrscht." Um einen Ausbildungsplatz zu finden, müsse man keine makellose Bewerbung abliefern, betont Wichmann: „Wer an einer Ausbildung interessiert ist, sollte am besten einfach bei einer Tischlerei in der Nähe anrufen und einen Vorstellungstermin ausmachen." Laut dem Obermeister sind die wichtigsten Voraussetzungen für Bewerber technisches Verständnis sowie ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen.
Zudem sollten Interessierte genügend Vorlauf einplanen und sich möglichst früh bewerben. „Als Faustregel gilt: Je größer der Betrieb, desto eher sollte man sich dort vorstellen“, sagt Wichmann. Praktika sind ebenfalls hilfreich bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Denn so finden Bewerber und Betrieb heraus, ob sie zueinander passen. Erste Kontakte können Interessenten auch beim Schulpraktikum in der achten und neunten Klasse knüpfen. Durch die Pandemie sei das in der letzten Zeit deutlich erschwert worden, sagt Jochims. Er rät Schülern, sich auch außerhalb der Schulzeit für Praktika zu bewerben: "Kümmert euch bitte um eure Zukunft."
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