Malerisch gelegen, schräg gegenüber der alten Feuerwache, direkt am Fluss, kurz, bevor die Delme einen kleinen Bogen macht, liegt die Wassermühle in Hasbergen. Der Delmenhorster Norden, der erst 1974 als Ortsteil der Stadt eingemeindet wurde, hat auch heute nichts von seinem ländlichen Charme eingebüßt. Bereits seit über 500 Jahren steht die Wassermühle dort bereits, wie alt sie genau ist, kann keiner sagen. Erstmals erwähnt wurde das Gebäude 1450, in einem Oldenburger Saalbuch, dem Bestandsbuch der Oldenburger Grafen, in deren Besitz die Mühle damals lag. „Mühlen durften damals nur Eigentum von Adeligen sein“, erklärt Roland Buschmeyer, der sich bereits seit rund 30 Jahren mit der Mühle und dem Müllerhandwerk beschäftigt. Er ist Vorsitzender der Dörfergemeinschaft Hasbergen, die das historische Gebäude seit 1991 als Museumsmühle für die Stadt betreibt.
Zu den Anfängen der Wassermühle sah es in Hasbergen allerdings noch etwas anders aus. Dort, wo heute die Feuerwache steht, war früher ein großer Mühlensee, damit auch bei niedrigerem Wasserstand der Müller trotzdem seiner Arbeit nachkommen konnte. Genutzt wurde die Mühle immer von dem jeweiligen Pächter, die meist für vier Jahre vom Grafen eingesetzt wurden. Wie dort das Mehl früher hergestellt wurde, können Besucher auch heute noch gut nachvollziehen. Denn die Hasberger Mühle hat zu einem großen Teil noch ihre originale Inneneinrichtung. Die Kornmühle mitsamt zwei Mahlgängen ist noch intakt. Einer der beiden Mahlgänge wurde für Futterschrot für die Landwirtschaft verwendet, der zweite war für das Mehl für die Bäcker vorgesehen. Die Mahlsteine befinden sich im ersten Stock der Mühle, über Elevatoren oder Lastenaufzüge wurde das Korn nach oben transportiert.
Angetrieben wurde die Mühle früher über ein altes Eichenholzrad. „Das hat man allerdings nicht gesehen, weil es eingeschalt war“, erzählt Buschmeyer. Die Vorstellung der romantischen Wassermühle mit plätscherndem Wasserrad sei von den Dichtern und Denkern erfunden worden. „Für den Müller war das hier wenig romantisch, es wurde hart gearbeitet.“
Für Irritation sorgt bei den Besuchern laut Buschmeyer immer wieder der Wappenstein, der an einer der Außenmauern des Gebäudes angebracht ist. 1547 steht darauf, viele halten es für das Entstehungsjahr der Mühle. Die ist allerdings mindestens 100 Jahre älter. Doch 1482 fiel die Mühle an das Bistum Münster, bis die Oldenburger Grafen versuchten, sie zurückzuerobern. „1538 wurden damals in Hasbergen rund 40 Bauernhäuser in Brand gesteckt. Und mit ihnen die Mühle“, berichtet Buschmeyer. Diese wurde anschließend aber sofort wieder aufgebaut – mit Steinen des Klosters in Hude, das vorher von den Münsteranern aufgelöst worden war. 1547, eben jenes Datum vom Wappenstein, eroberten die Oldenburger Grafen die Delmenhorster Burg, und mit der Grafschaft fiel auch die Mühle wieder an die Oldenburger. Die ließen entsprechend den Wappenstein anfertigen und verewigten darin das doppelte Grafen-Geschlecht: Die Kreuze stehen für die Delmenhorster Grafen, die Streifen für die Oldenburger.
„In alter Zeit war die Mühle auch ein kleiner Wirtschaftsbetrieb“, erzählt Buschmeyer. Außer Mehl wurden dort auch Graupen sowie Öle hergestellt. Neben dem heute noch bestehenden Gebäudeteil lag auf der anderen Flussseite außerdem noch eine Scheune: Die Walk- und Sägemühle wurde mit einem zweiten Wasserrad betrieben, sodass dort Baumstämme zugeschnitten sowie Gewebe verarbeitet werden konnte. „Das zweite Gebäude ist aber 1899 abgerissen worden“, berichtet der Vereinsvorsitzende. Einer der Erben der Mühle hielt die Sägemühle nicht mehr für rentabel.
Denn die Mühle war nicht immer in adeliger Hand. Nachdem der Betrieb zunächst 1685 an die von Witzlebens fiel, wurde 1848 der sogenannte Mühlenbann aufgehoben, und fortan war es jedem erlaubt, eine Mühle zu betreiben. Im Zuge der Freiheit des Mühlengewerbes wurde schließlich auch in Hasbergen die Erbpacht abgelöst, und 1855 kaufte Johann Herrmann Heinrich Strodthoff die Mühle. Lange war sie allerdings nicht in seinem Besitz, elf Jahre später erwarb Johann Hinrich Buckmann den Betrieb, der von zwei folgenden Buckmann-Generationen fortgeführt wurde. Vor gut 150 Jahren etwa wurde die Mühle einen halben Meter höher gelegt, zum Schutz vor weiteren Hochwassern. „Das Wasser kam damals einfach ungehindert hier rein“, erzählt Buschmeyer. Das habe sich erst mit dem Bau einer Stauanlage 1938 geändert.
Zu dem Zeitpunkt war die Mühle schon im Besitz der Delmenhorster Wasseracht (heute Ochtumverband), die die Mühle mitsamt dem dazugehörigen Areal nach Jahren in Privatbesitz 1926 kaufte. Weil das hölzerne Wasserrad inzwischen kaputt und nicht mehr zu gebrauchen war, wurde es 1939 abmontiert und stattdessen in den 40er-Jahren eine Wasserturbine installiert, die ab 1950 in Betrieb genommen werden konnte. Die Wasseracht, die vor allem an dem Fluss und den Wasserständen interessiert war, verpachtete die Mühle 1955 an die Raiffeisen-Warengenossenschaft. „Zum Schluss wurde die Mühle aber nur noch für landwirtschaftliche Zwecke betrieben“, erzählt Buschmeyer. Futtermittel und Saatgut seien dort noch hergestellt worden, das Bäckermehl wurde inzwischen in Großmühlen produziert. Die 1950er-Jahre waren auch die Zeit, in der die Mühle um einen Anbau erweitert wurde, der als Lager genutzt wurde.
1986 kam dann das endgültige Aus für die Mühle: Der Betrieb wurde eingestellt. Ein Jahr später pachtete die Stadt Delmenhorst das Gebäude, die zusammen mit der Dorfgemeinschaft Hasbergen eine museale Nutzung der Mühle anstrebte. Roland Buschmeyer war auch damals schon dabei und setzte sich für den Erhalt der Wassermühle ein. Nach einigen Renovierungsarbeiten und der Klärung aller Formalitäten konnte das Gebäude schließlich 1991 erstmals als Museumsmühle öffnen.
Und auch heute noch kann man in der Hasberger Mühle auf den Spuren des Müllerhandwerks wandeln. Neben den gut erhaltenen Mahlgängen und der Wasserturbine finden Besucher in dem Anbau inzwischen Ausstellungsräume, in denen historische Dokumente und Exponate über die Geschichte des Betriebes informieren. Auch ein Modell der alten Mühle, wie sie 1687 ausgehen haben dürfte, ist dort zu finden. Im Erdgeschoss des Anbaus gibt es außerdem eine Dauerausstellung zum Thema „Messen und Wiegen“ zu sehen, in der eine umfangreiche Sammlung von Kornwaagen und Getreideprobern gezeigt wird.
In den Sommermonaten, in denen die Museumsmühle für Besucher geöffnet hat, kommen inzwischen vor allem Menschen aus dem Umland nach Hasbergen. Aus Wildeshausen, Hude und auch viele aus Bremen. Einige nutzen die Mühle als Zwischenstopp auf ihrer Fahrradtour, andere kommen eigens wegen des Museums. „Inzwischen ist der Andrang aber weniger geworden“, hat Buschmeyer festgestellt.
Geöffnet hat die Museumsmühle von April bis Oktober immer sonnabends von 14 bis 16 Uhr sowie sonntags von 10 bis 12 und 14 bis 18 Uhr. Für Schulklassen und sonstige Gruppen öffnet Buschmeyer die Museumsmühle aber auch nach telefonischer Absprache zu anderen Zeiten. Der Eintritt kostet für Erwachsene 1,20 Euro (bei gebuchten Führungen 1,50 Euro) und für Kinder 60 Cent. Eine Familienkarte gibt es für drei Euro. Telefonisch ist der Vereinsvorsitzende erreichbar unter 0 42 21 / 4 18 03.