
Herr Lambusch, Sie sind bei den Verhandlungen in Köln dabeigewesen. Wie war die Nacht?
Thomas Lambusch: Sehr lang – die Verhandlungen fingen um 16 Uhr an und waren morgens um sechs beendet. Man hat sehr intensiv um eine Lösung gerungen. Aber man hat sie gefunden.
Die Tariferhöhung um 4,8 Prozent in zwei Stufen ist ziemlich weit entfernt von den 2,1 Prozent für 24 Monate, die Sie zuletzt angeboten hatten. Wir reden über mehr als das Doppelte.
Wir hatten 2,1 Prozent plus eine Einmalzahlung in Höhe von 0,3 Prozent angeboten, was der Hälfte entspricht. Jetzt haben sich beide Seiten bewegt, was für einen Kompromiss notwendig ist. Die 4,8 Prozent muss man vor dem Hintergrund der Möglichkeit zur Differenzierung sehen – Unternehmen, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht, können Zahlungen aussetzen oder nach hinten schieben. Das macht einen solchen Abschluss natürlich erträglicher.
Diese Differenzierungsklausel greift nur, wenn die IG Metall mitspielt. Wäre für Sie eine betriebliche Lösung nicht deutlich attraktiver gewesen?
Das hätten wir bevorzugt, weil wir davon ausgegangen sind, dass so etwas auf betrieblicher Ebene schneller zu machen ist. Aber die IG Metall hatte Bedenken, dass sich manche Betriebsräte solche Verhandlungen nicht zutrauen. Die Klausel sieht vor, dass nach Antragstellung der Differenzierung die entsprechende Zahlung ruht und innerhalb eines Monats eine Entscheidung kommen muss. Das ist ein Zeitraum, den die Tarifpartner hoffentlich schaffen.
Was glauben Sie, wie oft diese Klausel genutzt werden wird?
Das ist im Moment noch schwer zu sagen, da werden wir die Praxis abwarten müssen.
Welche Betriebe könnten am ehesten in die Lage kommen, dass sie eine Differenzierung brauchen?
Wir haben einige Maschinenbaubetriebe, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht, deren Auftragsbestände schwinden und die erheblichem Preisdruck ausgesetzt sind. Die gleiche Situation haben wir bei metallverarbeitenden Betrieben. Und auch die eine oder andere Werft, die nicht gerade im Spezialschiffbau unterwegs ist, klagt über Kostendruck. Dort könnte ich mir vorstellen, dass die Differenzierungsklausel eingesetzt wird.
Die IG Metall hatte im Vorfeld Ihrer Verhandlungen ziemlichen Druck aufgebaut, es gab eine Serie von Warnstreiks und die Drohung mit 24-Stunden-Streiks. Haben sich die Gewerkschaften mit ihrer Machtdemonstration durchgesetzt?
Unter Druck darf man sich nicht setzen lassen, man muss auch in einer solchen Situation gelassen bleiben. Aber natürlich, wenn die IG Metall signalisiert, wie stark sie ihre Mitglieder mobilisieren kann, ist das schon ein Zeichen. Die 24-Stunden-Streiks, die wir bei Airbus und Daimler in Hamburg ja tatsächlich gehabt haben, verurteilen wir aufs Schärfste.
Wie reagieren Sie darauf? Werden Sie dagegen gerichtlich vorgehen?
Gesamtmetall hatte das im Vorfeld angekündigt. Wir haben unsere Informationen weitergemeldet, und sobald die gesamte Streikauswertung vorliegt, werden wir darüber entscheiden.
Am kommenden Donnerstag verhandeln Sie mit der IG Metall Küste über eine Übernahme des nordrhein-westfälischen Tarifabschlusses. Aber was gibt es jetzt überhaupt noch zu klären?
Unsere Gremien müssen die Ergebnisse noch bewerten, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir den Abschluss nahezu unverändert für den Norden übernehmen.
Ihr Fazit? Was ist von dem Abschluss zu halten?
Ich halte das Gesamtpaket für einen fairen Kompromiss, der beiden Seiten gerecht wird. Wir haben eine Laufzeit von 21 Monaten und damit Planungssicherheit bis Ende 2017. Die Differenzierung ist wichtig für die Unternehmen, die über der Belastungsgrenze liegen. Und natürlich ist es für die Attraktivität der Arbeit in unserer Industrie schön, wenn die Mitarbeiter einen spürbaren Reallohnzuwachs erhalten.
Das Interview führte Philipp Jaklin.
Um eine anregende, sachliche und für alle Parteien angenehme Diskussion auf www.weser-kurier.de sowie auf Facebook zu ermöglichen, haben wir folgende Richtlinien entwickelt, um deren Einhaltung wir Sie bitten möchten.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.