
Die Regierung will die Austrittsverhandlungen mit der EU zwischen Januar und März 2017 einleiten, verkündete May, die seit dem Referendum vor allem durch rhetorische Formeln auf- und bei ihren Kritikern durchgefallen war. Überraschenderweise hielt sie ihre große Brexit-Rede bereits zum Auftakt der Konferenz. Es ist traditionell der viertägige Feiertag des Establishments, bei dem sich eben dieses besonders herausputzt. Dieses Mal feiert es in großer Mehrheit auch das Referendums-Ergebnis, weshalb die konservativen Besucher in Englands zweitgrößter Stadt äußerst fröhlich gestimmt wirken. Aber eben jene fordern auch seit Wochen Klarheit und einen zügigen Start der Scheidung von Brüssel.
Nach dem Auslösen von Artikel 50 des Lissaboner Vertrags sind zwei Jahre vorgesehen. Das Königreich ist dementsprechend spätestens ab April 2019 kein Mitglied der Gemeinschaft mehr. Doch May hat bei ihrem ersten Auftritt als Regierungschefin vor der Tory-Basis auch Hinweise auf die Stoßrichtung gegeben und ein bisschen klang sie wie eine der zahlreichen Brexiteers im Saal. Dabei stand sie vor dem Referendum offiziell auf der Seite der Europafreunde, war aber in U-Boot-Manier während der Kampagne abgetaucht. „Wir werden ein vollkommen unabhängiges, souveränes Land sein“, sagte sie nun zum Auftakt des Parteitags, „ein wirklich globales Großbritannien.“ Der Jubel wollte kaum wieder abebben. Und eine strahlende May ließ sich beglückt feiern. Es gebe kein Zurück mehr, versicherte sie den Delegierten und enttäuschte damit all jene Briten, die ein letztes Fünkchen Hoffnung hegten, dass sich der Brexit doch noch abwenden lassen könnte. Tories vom pro-europäischen Lager hielten sich ohnehin versteckt oder blieben der Veranstaltung in Birmingham ganz fern.
May warnte sowohl die Mitglieder des Unterhauses als auch jene des Oberhauses, sich an das Votum gebunden zu fühlen und es nicht zu blockieren. Bevor Artikel 50 aktiviert wird, plant die Regierungschefin keine weitere Abstimmung im vorwiegend europafreundlichen Parlament, was noch für Diskussionen auf der Insel sorgen dürfte. Dafür kündigte sie eine Gesetzesinitiative an, die den Titel des sogenannten „Großen Abschaffungsgesetz“ trägt und mit der die Gültigkeit von EU-Recht aufgehoben werden soll. Die „Herrschaft des EU-Rechts über Großbritannien“ werde ein Ende nehmen, so May. Doch wohin wird die Reise gehen? Harter Brexit oder weicher Brexit? Allzu viel gab die Konservative nicht preis, „um die Verhandlungsposition nicht zu schwächen“, wie sie anmerkte. Dagegen ätzen Beobachter des Polit-Betriebs, es fehle an einem konkreten Plan. Doch einiges weist darauf hin, dass das Königreich in Zukunft auf die Mitgliedschaft im europäischen Binnenmarkt verzichtet. Denn die Aussagen zum Reizthema Immigration richteten sich klar an all jene, die eine Begrenzung der Zuwanderung aus der EU fordern. „Wir verlassen die EU nicht, um noch einmal die Kontrolle über Migration abzugeben“, sagte May und stellte damit die Priorität der Verhandlungen mit Brüssel klar. Auf dem Kontinent aber sind sich die führenden EU-Politiker einig, dass das Königreich nicht Teil des Binnenmarkts bleiben kann, ohne die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu akzeptieren. Zugang habe man weiterhin, betonte Außenminister Boris Johnson und zeigte so vor allem, dass er noch immer Nachholbedarf in EU-Belangen hat. Zugang nämlich hat die ganze Welt.
Die große Frage aber dreht sich darum, zu welchen Bedingungen die Briten in Zukunft Waren und Dienstleistungen in den Mitgliedstaaten verkaufen sowie vom Kontinent kaufen können. Derweil stürzte nach der Rede von May das Pfund Sterling zeitweilig auf das niedrigste Niveau seit August 2013 ab. Ebenfalls auf einem Tiefpunkt angelangt ist die Beziehung zwischen Theresa May und Schottlands Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon. „Spalterischen Nationalisten“ werde sie niemals gestatten, den Bund der vier Landesteile des Königreichs zu untergraben, sandte May eine klare Botschaft in Richtung Edinburgh. Sturgeon konterte auf Twitter sofort: „Die Premierministerin tut alles, um zu sagen, dass Schottlands Stimme und Interessen nicht zählen. Seltsamer Ansatz für jemanden, der Großbritannien zusammen halten will.“
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