
Der Fall hatte alle Zutaten für eine Sensation: Eine millionenschwere Kunstsammlung mit verschollenen Werken und Nazi-Vergangenheit sowie ein geheimnisvoller Protagonist, der als „Phantom“ bekanntwurde. Vor einem Jahr, am 3. November 2013, machte der „Focus“ den Fall Gurlitt öffentlich, und noch heute hält er die Kunstwelt in Atem.
Der Sohn von Adolf Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt starb ein halbes Jahr später am 6. Mai 2014. Seine geliebte Kunstsammlung hatte er nicht noch einmal gesehen. „Er hat das nicht mehr forciert“, erinnert sich Gurlitts Betreuer, der Münchner Anwalt Christoph Edel. „Er war überfordert, unsicher, verletzlich, schutzbedürftig.“ Ende 2013 war Edel als Betreuer für den alten Mann eingesetzt worden, der zu dem Zeitpunkt schon wochenlang im Fokus der Öffentlichkeit gestanden hatte. Anwalt Edel war es auch, der die Trauerrede hielt, als der 81-jährige Rolf Nikolaus Cornelius Gurlitt, wie er mit vollem Namen hieß, im Grab seiner Eltern in Düsseldorf beigesetzt wurde.
Kontakt zu Familienmitgliedern habe Gurlitt kaum gehabt, sagt er. Der „Spiegel“ widmete Gurlitt im vergangenen Jahr die Titelgeschichte „Das Phantom“. Ein vielzitierter Satz aus dem Interview mit dem Kunstsammler: „“Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben.“ Auch wenn die Milliarde, mit der der Wert der Sammlung zunächst beziffert wurde, nicht haltbar war – die Dimension des Kunstschatzes, den Gurlitt in seiner Schwabinger Wohnung und seinem Salzburger Haus hortete, ist riesig. Im Februar 2012 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Augsburg die ersten 1280 Kunstwerke wegen des Verdachts auf ein Steuer- und Vermögensdelikt in Gurlitts Münchner Wohnung. Doch das war nur die Spitze des Eisbergs.
Weil das Kunstmuseum Bern, das Gurlitt als Alleinerben einsetzte, noch nicht entschieden hat, ob es das Erbe antreten will, herrscht seit Monaten Stillstand. „Die Restitutionen standen kurz bevor. Dass sich das verzögert hat, finde ich schade“, sagt Edel. Am 26. November will das Museum endgültig entscheiden. Sollte es die Erbschaft ausschlagen, wäre das eine Überraschung. Warum er das Schweizer Kunsthaus für seine Rechtsnachfolge auserkoren hat, darüber kann auch der Anwalt nur mutmaßen. „Gurlitt war gegenüber allem Deutschen skeptisch“, sagt er. „Er war nie ein Nazi.“
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