
Die Meldung ließ Mieter aufschrecken: Nach vielen Jahren Stillstand schießen angeblich die Wohnungsmieten in die Höhe. In Berlin etwa seien sie zuletzt um knapp 14 Prozent auf gut 8 Euro pro Quadratmeter geklettert, berichtete das Beratungsunternehmen empirica. Für Mieter muss das beunruhigend klingen. Doch selbst deren Lobbyverband, der Deutsche Mieterbund, warnt vor Panikmache. Der weitaus größte Teil der Mieter könne entspannt bleiben.
Bei Statistiken wie dem empirica-Mietpreisindex steckt der Teufel im Detail. Die Forscher haben sich ein sehr kleines Marktsegment herausgegriffen, wie auch der Sprecher des Mieterbunds, Ulrich Ropertz, sagt. Die empirica-Auswertung beinhaltet nur Mieten bei neuen Vertragsabschlüssen - über bestehende Mietverhältnisse wird also keine Aussage getroffen. Außerdem bezieht sich das renommierte Institut lediglich auf Wohnungen mit gehobener Ausstattung in einer Größe von 60 bis 80 Quadratmetern - und blendet zudem den gesamten Altbaubestand aus. Berücksichtigt wurden nur Häuser, die seit dem Jahr 2000 gebaut wurden.
Für diesen Ausschnitt kommt empirica zu dem Ergebnis, dass die Mieten deutlich nach oben gegangen seien: in Düsseldorf um 13 Prozent auf 10,47 Euro pro Quadratmeter, in Hamburg und Frankfurt am Main um je rund 7 Prozent auf 11,03 Euro beziehungsweise 11,59 Euro, im ohnehin schon teuren München um knapp 3 Prozent auf jetzt 12,35 Euro - verglichen immer das zweite Quartal 2010 mit dem Vorjahreszeitraum.
Andere Experten kommen allerdings zu einer deutlich moderateren Teuerung bei sehr viel niedrigeren Quadratmeterpreisen. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat für denselben Zeitraum in Berlin ein Plus von 5,2 Prozent auf 6,05 Euro ausgemacht, in Düsseldorf ein Plus von 1,8 Prozent auf 7,78 Euro. Laut empirica dürfte sich in Berlin die Nettokaltmiete einer Dreizimmerwohnung mit 75 Quadratmetern also auf mehr als 600 Euro belaufen, laut BBSR hingegen auf rund 450 Euro.
Das Marktforschungsunternehmen F+B meldet ebenfalls deutlich niedrigere Preisanstiege als empirica. Und ein Experte des Statistischen Bundesamts bezeichnet die Entwicklung der Mieten sogar als «inflationsdämpfend».
Der Grund für die Unterschiede: Das BBSR betrachtet bei der Wohnfläche eine wesentlich größere Spanne als empirica, nämlich 40 bis 130 Quadratmeter. Die Forscher von F+B beziehen sich auf eine Beispielwohnung mit «normaler» Ausstattung. Und in die etwa 18 000 Wohnungen umfassende Stichprobe des Statistischen Bundesamtes fließen insbesondere Angaben großer Wohnungsunternehmen ein - also vor allem Angaben über Sozialwohnungen, wie empirica-Experte Reiner Braun behauptet.
Wer hat nun recht? Diejenigen, die von möglichst typischen Wohnungen ausgehen, heißt es bei F+B in Hamburg. Der Blick auf spezielle Teilgruppen nütze nichts, wenn man generelle Aussagen über die Mietenentwicklung in Deutschland treffen wolle. Ähnlich äußert man sich beim BBSR. empirica-Mann Braun beharrt freilich auf seiner Methode. Gerade weil sich sein Index auf besser ausgestattete Wohnungen beziehe, könne er auch die künftige Entwicklung beschreiben - weil nun mal die besten Wohnungen zuerst weggingen.
In einem immerhin sind sich die Institute einig: Es gibt einen Preisanstieg. «Diesen Trend würde ich bestätigen, ohne dass man sich hier auf Prozentsätze festlegen kann», sagt Mieterbund-Sprecher Ropertz. «Das Angebot an Wohnungen stagniert oder geht sogar zurück.» Gleichzeitig wachse die Zahl der Haushalte, weil immer mehr Menschen alleine leben.
Doch Ropertz schränkt ein: «Unmittelbar betroffen sind eigentlich nur die Mieter, die jetzt eine Wohnung anmieten wollen.» Das sei eine vergleichsweise kleine Gruppe. «Wir rechnen, dass es höchstens drei Millionen Vertragsabschlüsse im Jahr gibt.» Bei neuen Verträgen müsse man tatsächlich vielerorts mit höheren Mieten rechnen als noch vor einem Jahr - im Schnitt mit 5 Prozent mehr. «Demgegenüber gibt es aber 35 Millionen bestehende Mietverhältnisse.» Und dort gebe es keinen Grund zur Panik, sagt Ropertz. Denn Mieterhöhungen bei laufenden Verträgen seien - anders als bei Neuverträgen - penibel im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. (dpa)
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