
Mit dem bereits seit Längerem erwarteten Sturm auf Rakka wanken die Hauptstädte des Kalifats, das vor gut zwei Jahren vom Chef der Terrormiliz Daesch in Mossul ausgerufen wurde und seitdem keine Gräueltat auslässt, um den Territorialanspruch zu verfestigen. Während im Irak die Armee mithilfe der kurdischen Sicherheitskräfte Peschmerga und diversen Milizen Daesch in seiner Hochburg angreifen, führt in Syrien ein Bündnis namens „SDF“ – demokratische syrische Kräfte – die Operation an. In beiden Ländern hilft die US-geführte Allianz mit Luftschlägen.
Auch wenn die Amerikaner sich dezent im Hintergrund halten, so sind doch sie es, die die Strippen ziehen und die Angriffsstrategie entwickeln. Die Offensive in Syrien „markiert den nächsten Schritt im Plan unserer Koalitionskampagne“, erklärte Verteidigungsminister Ashton Carter in Washington verhalten. Wie im Fall der irakischen Stadt Mossul werde der Kampf um Rakka nicht leicht sein. „Aber er ist notwendig, um die Fiktion des Kalifats zu beenden und die Fähigkeit der Gruppe zum Verüben von Terrorattacken gegen die USA und unsere Verbündeten und Partner zu verringern“, so der Pentagonchef. Schon am Namen der Operation in Syrien erkennt man die Handschrift der USA. „Wut des Euphrats“ haben sie sie getauft. Stets haben die US-Truppen ihren Militäroperationen bedeutungsvolle Bezeichnungen gegeben, die zuweilen sich ins Gegenteil entwickelten. „Iraqi Freedom“ etwa für den Einmarsch der Briten und Amerikaner 2003 in den Irak brachte alles andere als Freiheit für das Land zwischen Euphrat und Tigris. „Phantom Fury“, gespenstische Wut, die heute vor zwölf Jahren in Falludscha gegen Al Kaida begann, geriet zur größten Niederlage der US-Truppen im Irak. Nun also die „Wut des Euphrat“ in Rakka. Nach SDF-Angaben sind daran 30 000 Kämpfer beteiligt. Vier Fünftel von ihnen seien als Zivilisten aus Rakka geflohen. Damit ist die Bodentruppenstärke in etwa so groß wie in Mossul.
Die SDF sind ein Bündnis kurdischer und arabischer Rebellen, wobei ein Großteil der Kämpfer von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kommt. Sie haben Daesch bereits aus mehreren Orten in Nordsyrien vertrieben, darunter aus der strategisch wichtigen Stadt Manbidsch. Die Bilder von dort, als tief verschleierte Frauen nach der Befreiung von Daesch ihre Gesichtsschleier herunterrissen, sie verbrannten und sich eine Zigarette ansteckten, blieben in Erinnerung als Symbole der Entbehrungen unter dem brutalen Regime der Dschihadisten. Die Offensive auf die „Hauptstadt des weltweiten Terrorismus“ sei in zwei Schritten geplant, erläutert ein SDF-Sprecher. Zunächst werde die Region rund um Rakka „befreit und die Stadt isoliert“, dann solle die Kontrolle über Rakka zurückgewonnen werden. Die US-geführte Allianz habe die Offensive bereits durch eine erste Waffenlieferung unterstützt. Außerdem sollen auch 50 US-Militärberater an der Offensive teilnehmen, vor allem um Luftangriffe der Koalition zu koordinieren. Jetzt ist das Bündnis zwischen Amerikanern und Kurden der YPG offiziell, sehr zum Ärger der Türkei.
Die SDF und die beteiligte Kurdenmiliz YPG kontrollieren bereits große Gebiete im Norden Syriens. Die Türkei will jedoch verhindern, dass die Kurden ein zusammenhängendes Autonomiegebiet in der Grenzregion schaffen. Die Regierung in Ankara betrachtet die YPG zudem – genauso wie die in der Türkei verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – als Terrororganisation.
Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die Türkei einer Eroberung Rakkas untätig zusehen wird. Die Einnahme der Stadt dürfte deshalb schwieriger werden als die Rückeroberung Mossuls, obwohl auch hier die Türkei im Kampfgeschehen mitmischen will. Allerdings ist die Front der Daesch-Gegner in Rakka weniger geschlossen als in Mossul. Wie Einwohner Rakkas berichten, mangele es dort an nichts. Vor allem Waffen gebe es in Hülle und Fülle. Man tausche Öl gegen Benzin. Aus Gebieten, die das Assad-Regime kontrolliere, kämen Syrer zum Shoppen nach Rakka.
Ja, richtig gelesen: zum Shoppen ins Kalifat. Ein ordentlicher Anzug soll dort nur 60 US-Dolllar kosten. Das gibt es in Mossul nicht.
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