
Mit seinen Treppengiebeln, Zinnen und Türmchen im Stil englischer Tudorgotik erinnert es an einen britischen Adelssitz. Bis vor Kurzem war das Anwesen noch hinter hohen Bäumen auf der Schlosswiese versteckt. Dann schuf die Kettensäge freie Sicht. Einige Bäume durften stehen bleiben, der Rest wurde abgeholzt.
„Zu einem englischen Landschaftspark gehört Weite, die räumliche Erfahrbarkeit des Geländes“, erklärt der Vorsitzende des Fördervereins Wätjens Park. Sichtachsen, durch die das Auge die Weitläufigkeit der Anlagen erfassen kann, gehörten dazu. „An der Schlosswiese bekommen Parkbesucher jetzt eine Ahnung davon, was der Parkschöpfer damals im Sinn hatte.“
Seit 2005 kümmert sich der Verein um den Erhalt und die Entwicklung des Parkgeländes in Blumenthal, das Isaak Altmann 1830 für den Kaufmann und Reeder Diedrich Heinrich Wätjen anlegte und das der Sohn Christian Heinrich Wätjen später ausdehnte und weiterentwickelte. Dem 35 Hektar großen Park in Teilen wieder sein ursprüngliches Aussehen zurückzugeben, ist das Ziel des Fördervereins. Dazu gehört die Wiederherstellung der früheren Sichtachsen und des alten Wegenetzes.
Über Jahrzehnte hatte sich Wildwuchs in der Grünanlage breit gemacht. Nach dem Konkurs ihrer Firma verkaufte die Familie Wätjen den Park 1916 zu gleichen Teilen an den Bremer Vulkan und die Bremer Woll-Kämmerei (BWK). Mit den Jahren begann der Verfall, Gebäude im Park wurden abgerissen. In den 1970er-Jahren wich die Villa Magdalena, die Diedrich Heinrich Wätjen für seine Tochter bauen ließ, dem Vulkan-Verwaltungsgebäude. 1987 wurde das Schweizerhaus, in dem zuletzt die BWK-Direktoren residiert hatten, abgerissen. Der Park geriet immer mehr in Vergessenheit, unzugänglich für die Bürger und für die pflegenden Hände von Gärtnern.
Mit der Vulkan-Pleite kam die Wende. Park, Schloss und Nebengebäude kamen in private Hand. Im Jahre 2000 erwarb die Stadt Bremen die Grünanlage und begann, sie zu neuem Leben zu erwecken. Seit 2005 ist der Förderverein mit im Boot. Zusammen mit der Stadt, dem Denkmalpfleger und dem Umweltbetrieb Bremen, der sich um die Parkpflege kümmert, hat er einiges bewegt.
Das gusseiserne Haupttor steht wieder an seinem angestammten Platz neben dem Pförtnerhaus. Der Parkbrunnen ist zurückgekehrt. Für den 2001 sanierten Gedächtnistempel für Christian Heinrich Wätjen spendierte der Parkverein 2009 eine Replik der verschollenen Originalbüste. Besucher des Parks können auf teilweise wieder freigelegten alten Wegen wandeln. Im Roselius-Garten, den der Bremer Gartenarchitekt Christian Heinrich Roselius 1917 anlegte, stehen heute wieder Rosen Spalier. „Dabei wurden sogar die alten Rosensorten, die Roselius damals anlegen ließ, gepflanzt“, erzählt Rainer Frankenberg.
Den Park in einzelnen Bereichen so weit wie möglich wieder an den Zustand des Originals anzunähern, ist das Ziel. „Es ist nicht Sinn des Denkmalschutzes, alles eins zu eins wieder herzustellen. Wir können nicht den ganzen Park erneuern“, sagt Frankenberg. „Wir wollen an ausgewählten Stellen beispielhaft zeigen, wie dieser englische Landschaftspark um die Wende zum 20. Jahrhundert aussah.“ Getreu rekonstruiert sind die Seitentreppen, die zu der ebenfalls wiederhergestellten Bankgruppe im Roselius-Garten führen. „Die Ziegel wurden nach dem Vorbild der alten Originale, die es nicht mehr gab, neu gebrannt.“
Beim gemeinsamen Ziel, das Landschaftsdenkmal Wätjens Park zu erhalten, läuft es zwischen den Beteiligten nicht immer ganz reibungsfrei ab. Wenn es darum geht, für die Rekonstruktion historischer Wegtrassen oder früherer Sichtachsen Bäume zu fällen und Schneisen in wucherndes Dickicht zu schlagen, kommt es schon mal zum Konflikt zwischen Denkmal- und Naturschutz.
Noch in lebhafter Erinnerung ist Frankenberg der Streit um sieben Bäume, den der Verein vor fünf Jahren mit dem früheren Umweltsenator Reinhard Loske führte. Den Parkfreunden standen die Bäume im wahrsten Sinne des Wortes im Weg, der Senator wollte sie erhalten. Letztlich kam es zu einem Kompromiss: Drei Bäume durften gefällt werden. Inzwischen ist der Verein dabei, ein Parkpflegewerk zu erstellen. Mit einer Bestandsaufnahme vorhandener Gehölze ist der erste Schritt gemacht.
Dem Förderverein geht es nicht allein um das Bewahren von historischer Substanz und das Wiederherstellen von dem, was einmal war. „Ein Park ist kein Museum“, meint der Vorsitzende. Weiterentwickeln heiße für Frankenberg auch Neuerung. So plant der Verein mit seinen 224 Mitgliedern neben einem Skulpturengarten auch einen Spielplatz im Park. In der Nähe des ehemaligen Vulkan-Verwaltungsgebäudes, wo heute Flüchtlinge wohnen. „Der Denkmalschützer hat schon zugestimmt.“
Über seine Pläne, seine Arbeit und den Park informiert der Förderverein am Sonntag, 11. September, beim Tag des offenen Denkmals. Um 11 Uhr bietet Rainer Frankenberg eine Führung an. Die Teilnehmer treffen sich am Haupteingang an der Landrat-Christians-Straße (gegenüber der Straße Am Forst).
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