
Es war ein trauriger Moment, denn die Deutsche stand kurz davor, Tennis-Weltmeisterin Agneska Radwanska im Achtelfinale der Australian Open zu besiegen. Das Publikum unterstützte die großartig aufspielende 21-Jährige – aber mangelnde Erfahrung, ein schwerer Arm beim Aufschlag zum Matchgewinn, eine coole Gegnerin und schließlich eine aufkommende Panik, wie sie mit ihrer körperlichen Situation umgehen sollte, trugen dazu bei, dass die Sensation ausblieb.
So traurig das Ausscheiden von Anna-Lena Friedsam auch war – die deutschen Tennisdamen überzeugen gleich zu Beginn des Jahres mit außerordentlichen Leistungen. Niemand hatte Anna-Lena Friedsam oder ihre gleichaltrige Kollegin Annika Beck auf der Rechnung fürs Achtelfinale des ersten Grand-Slam-Turniers des Jahres. Aber beide Nachwuchsspielerinnen beeindrucken mit Leistungssteigerungen, die sie sich hart erarbeitet haben. Sie haben sich spielerisch weiter entwickelt. Das unterscheidet die Damen von ihren männlichen deutschen Kollegen. Stagnation macht dort die Runde. Keiner der deutschen Tennisherren vermittelt auch nur im entferntesten den Eindruck, bei einem Grand-Slam-Turnier tatsächlich auch mal einen Top-Ten-Spieler schlagen zu können. Meist geben sie sich schon zufrieden, wenn tatsächlich mal ein Satzgewinn gegen einen der Großen im Welttennis gelingt. In Australien schaffte es nur ein Deutscher in die zweite Runde. Die Herren knüpften nahtlos an die schlechte Bilanz der Vorjahre an.
Die deutschen Damen glänzen dagegen neben ihren sportlichen Fortschritten auch mit Ehrgeiz und Kampfgeist. Anna-Lena Friedsam hätte ohne Weiteres aufgeben können. Jeder konnte sehen, dass sie große Schmerzen hatte. Sie tat es nicht. Die 21-Jährige wollte ihre minimale Sieghoffnung nicht einfach vorbeiziehen lassen. Annika Beck und Angelique Kerber sind ähnliche Kämpferinnen. Von solch beispielhaften Einstellungen zum Sport kann Daviscup-Trainer Michael Kohlmann bei seinen Schützlingen nur träumen. Seine einzige Zukunftshoffnung heißt Alexander Zverev, ein 18-jähriger Nachwuchsspieler, der als außerordentlich talentiert gilt. Michael Kohlmann hatte auf die Frage, was ihm in Melbourne denn am besten gefallen habe, ein bisschen frustriert geantwortet: „Die Anlage.“ Für den mitgliederstärksten Tennisverband der Welt eine trostlose Aussage.
Nur gut, dass wenigstens die Damen dafür sorgen, dass das deutsche Tennis nicht in die Bedeutungslosigkeit rutscht. So sehr im Achtelfinale die Tränen flossen, in der Zukunft könnten daraus Freudentränen werden. Die Frauen haben’s drauf. ruth.gerbracht@weser-kurier.de
Um eine anregende, sachliche und für alle Parteien angenehme Diskussion auf www.weser-kurier.de sowie auf Facebook zu ermöglichen, haben wir folgende Richtlinien entwickelt, um deren Einhaltung wir Sie bitten möchten.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.