
Kurz nach dem Abpfiff ertönte aus dem Mainzer Kabinengang ein fürchterlicher Krach. Einer der schweren Aluminiumkoffer mit den Arbeitsutensilien der 05er war aus großer Höhe auf den Boden geknallt. Es blieb beim Scheppern, verletzt wurde keiner – so wie die Mainzer auch zuvor bei der furiosen Gladbacher Schlussoffensive heil davon gekommen waren. „Nach dem, was in den letzten fünf Minuten abgegangen ist, als 90 Prozent unserer Mannschaft stehend k.o. war, war das ein absoluter Punkt des Willens“, kommentierte Niko Bungert das 1:1 seiner Elf im Borussia-Park, „diesen Punkt nehmen wir mit voller Zufriedenheit mit nach Hause.“
Von Zufriedenheit konnte bei den Gladbachern, die mit nun vier Punkten Rückstand auf Tabellenführer München auf Platz drei liegen, keine Rede sein. „Schade, dass wir das zweite Tor nicht erzielt haben. Wir hatten vier oder fünf klare Chancen“, klagte der Brasilianer Raffael. Er selbst hatte die allergrößte Gelegenheit zum Sieg eine Minute vor Schluss fahrlässig vergeben: Anstatt den Ball ins freie Eck zu schieben, schoss er aus vier Metern Entfernung den auf der Torlinie stehenden Mainzer Stefan Bell an. „Wenn Raffael den Ball in die andere Ecke schiebt, geht die Sache anders für uns aus“, sagte Bungert, bei den extrem defensiv eingestellten Gästen einer von fünf Verteidigern, erleichtert.
Auf Gladbacher Seite hat sich Lucien Favre derweil zu einem wahren Rotationsfetischisten gemausert, seit Breite und Qualität des Kaders das hergeben. Im Vergleich zum 1:1 in der Europa League am Donnerstag in Zürich wechselte der Trainer gleich sein halbes Team aus: Die Angreifer Raffael und Max Kruse, die wie auch Fabian Johnson gar nicht erst nach Zürich mitgereist waren, standen wieder in der Startelf. Genau wie Oscar Wendt und Patrick Herrmannn, in Zürich beide noch als Teilzeitkräfte eingesetzt.
Den aufgesparten Kräften ließ Herrmann sofort freien Lauf: Im Expresstempo zog er dem Mainzer Verteidiger Junior Diaz davon, passte auf Raffael, dessen Schuss Gästekeeper Loris Karius aber entschärfen konnte. Die Gladbacher waren rasch im Spiel – und lagen nach einer Viertelstunde auch schon in Führung. Durch geschicktes Pressing eroberten sie nach einem Einwurf des Gegners den Ball, über Raffael, Herrmann und Johnson wanderte die Kugel vor die Füße von Kruse. Und der machte das, was Stürmer in solchen Situationen zu machen haben. Er nahm den Ball kurz an, und ehe es sich sein Gegenspieler Junior Diaz versah, hatte Kruse auch schon mit links abgezogen und die Hausherren in Führung geschossen.
Die Favre-Elf kontrollierte das Spiel – als Referee Manuel Gräfe den Borussen einen Strich durch die schöne Rechnung machte. Bei einer Flanke traf Junior Diaz den Arm von Rechtsverteidiger Julian Korb; Gräfe interpretierte die Situation zum Entsetzen der Gladbacher als elfmeterwürdig. „Diese Regel ist total absurd, das hat mit Fußball nichts zu tun. Das ist unfair, unfair, unfair“, tobte Favre, ohne die Szene zu dem Zeitpunkt noch mal im TV gesehen zu haben. Die feine Gelegenheit zum Ausgleich ließ sich Jonas Hofmann jedenfalls nicht entgegen, der beim BVB ausgeliehene Mittelfeldspieler verwandelte den Strafstoß sicher (31.).
Plötzlich stand die Partie wieder pari, Mainz attackierte nun früher – die beste Chance vor der Pause kreierten aber wieder die Gladbacher: Raffael umkurvte erst elegant Junior Diaz, verzog anschließend jedoch weniger elegant. Die Pfiffe zur Pause durfte Schiedsrichter Gräfe für sich verbuchen – nach der Pause lieferten sich die beiden weiter ungeschlagenen Teams dann einen zähen Abnutzungskampf.
20 Minuten vor Ultimo versuchte Favre mit einem Doppelwechsel – André Hahn kam für Herrmann, Thorgan Hazard für Johnson – die Entscheidung pro Borussia zu erzwingen. Das hätte auch fast geklappt – doch Hazard (85.) und vor allem Raffael vergaben den möglichen Sieg.
Bor. Mönchengladbach: Sommer - Korb, Stranzl, Jantschke, Wendt - Herrmann (70. Hahn), Kramer, Xhaka, Johnson (70. Hazard) - Raffael, Kruse
FSV Mainz 05: Karius - Brosinski, Bungert, Jara, Bell, Júnior Díaz - Djuricic (60. Jairo), Moritz (63. Geis), Baumgartlinger, Hofmann (78. Malli) - Okazaki
Schiedsrichter: Gräfe (Berlin)
Zuschauer: 50 383
Tore: 1:0 Kruse (15.), 1:1 Hofmann (31./Handelfmeter)
Gelbe Karten: - / Djuricic (1), Júnior Díaz (2), Okazaki (3)
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