
So hitzig wie am Mittwochabend ist im Stuhrer Rat selten diskutiert worden. Dazu kamen gegenseitige Schuldzuweisungen, wer denn nun dafür verantwortlich ist, dass die Steuern und Kita-Gebühren erhöht werden müssen. Beschlossen wurde beides am Ende dennoch mit großer Mehrheit (wir berichteten).
Die Erhöhung der Hebesätze sei „nunmehr unumgänglich“, sagte Christian Möller, Fachbereichsleiter Finanzen und Liegenschaften, zu Beginn der Haushaltsdebatte. Nur so könne die Handlungsfähigkeit der Gemeinde gewährleistet werden. 2016 sei der Haushalt noch ausgeglichen, danach müsse man ihn „kritisch begleiten“. Er bat um die Zustimmung, den Gewerbesteuerhebesatz nunmehr nach dem Vorschlag der CDU von 400 auf 450 Prozent anzuheben. Die Verwaltung hatte 460 Prozent empfohlen. Zudem ging es um die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von 365 auf 400 Prozent.
„Uns ist die Mehrbelastung bewusst“, sagte CDU-Fraktionschef Frank Schröder mit Blick auf die Steuerzahler. Umso mehr werde die CDU künftig auf die Ausgaben achten, versprach er. Susanne Cohrs, die der SPD-Fraktion vorsteht, ließ keinen Zweifel daran, dass sie den Erhöhungen nur ungern zustimmt. Dazu kam Kritik in Richtung Verwaltung. „Es vergehen Wochen und Monate, bevor der Haushalt vorliegt. Die Verantwortung trägt die Verwaltung“, sagte sie. Es werde aber keine Einschränkungen bei den Dienstleistungen und den Stuhrer Standards geben.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Kristine Helmerichs sah es weniger dramatisch. „Irgendwann geraten Kommunen eben in die Lage, die Steuern zu erhöhen“, sagte sie. Und Stuhr hätte das seit zwölf Jahren nicht getan. Der Verwaltung wollte sie keinen Vorwurf machen, dafür aber den anderen Fraktionen, weil diese im Dezember den Grünen-Antrag für einen Waldkindergarten abgelehnt hatten. „Dann hätten wir jetzt 15 Plätze am Vormittag“, sagte sie. Derer gibt es im nächsten Kindergartenjahr bekanntlich zu wenig, sodass einige Kinder Nachmittagsgruppen zugeteilt wurden (siehe Artikel auf Seite 1). Insgesamt sei es aber „ein mutiger Schritt“, im Kommunalwahljahr Steuererhöhungen zu beschließen, so Helmerichs.
Mit den Worten „Gut, dass wir noch eine Opposition haben“ leitete Besser-Fraktionschef Gerd-Wilhelm Bode seine Stellungnahme ein. Er habe bei der Haushaltsplanung die Ursachenforschung vermisst. Außerdem müsse man sich nicht wundern, dass Kita-Plätze fehlen, wenn man Bauernhöfe durch Mehrparteienhäuser ersetzt. Dazu müsse man überlegen, ob bei null Prozent Zinsen nicht eine kleine Neuverschuldung drin sein. Mit Blick auf die Steuererhöhungen setzte Bode seinen Rundumschlag fort: Das sei eine „Milchmädchenrechnung“. Man müsse auch die Konkurrenzsituation beachten. „Weyhe ist ja auch nicht so schlecht sortiert“, sagte Bode. Er kritisierte außerdem, dass die Steuern rückwirkend zum Jahresbeginn erhöht werden sollen. „Die Verlässlichkeit der Gemeinde ist gefährdet“, so seine Schlussfolgerung.
„Mehr Substanz erwartet“
Gegenwind kam auch von der FDP. „Es sollen immer noch Planungen vorangetrieben werden, die Kosten verursachen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Timm, der damit den Brinkumer Ortskern meinte. Er sehe keine Möglichkeit, dem Haushalt zuzustimmen. „Ich erwarte von der Opposition etwas mehr Substanz“, entgegnete Ralph Ahrens (CDU). Ideen für Einsparungen hätte er von der Opposition noch nicht gehört. Auch Bürgermeister Niels Thomsen (parteilos) wollte die Kritik an der Verwaltung nicht so stehen lassen. „Wir führen Beschlüsse aus, die der Rat beschlossen hat“, betonte er. Auch der Haushalt basiere auf bestehenden Beschlüssen. Es gebe keinen Sanierungsstau an öffentlichen Gebäuden, die Gemeinde hätte in Bildung und Betreuung investiert. „Jetzt muss man sagen, so kann es nicht weitergehen“, sagte Thomsen. Die Erhöhung der Grundsteuer sei seiner Meinung nach aber auszuhalten und die der Gewerbesteuer würde auch nicht zu weniger Investitionen oder Personalabbau führen. Die Entscheidung fiel mit vier Gegenstimmen von FDP und Besser bei insgesamt 31 Stimmen.
Bereits zuvor hatte sich der Rat für eine Erhöhung der Kita-Gebühren ausgesprochen. Wie berichtet, hatte sich Thomsen dabei enthalten, Holger Föh (SPD) tat es ihm gleich. Alle anderen Ratsmitglieder stimmten für die Erhöhung um drei Euro pro Betreuungsstunde ab dem nächsten Kita-Jahr und jeweils einen Euro in den beiden Folgejahren. Der nun gefasste Beschluss war der Vorschlag des Gemeindeelternrats, die Verwaltung wollte im ersten Jahr um fünf Euro erhöhen. Das hätte der Gemeinde über die drei Jahre 400 000 Euro Mehreinnahmen beschert, so Thomsen. Er betonte, dass er Bund und Land bei der Finanzierung der Kita-Betreuungskosten stärker in der Pflicht sehe. Er sei wie die SPD für eine beitragsfreie Kita, „aber nicht mit mehr kommunalem Geld.“
Für eine kostenfreie Kita hatte sich nämlich zuvor Susanne Cohrs ausgesprochen. „Leider ist das im Moment eine Illusion“, sagte sie. Die SPD werde sich dem Elternwillen nicht verschließen. „Besondere Situationen erfordern besondere Entscheidungen“, so die Sozialdemokratin.
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