
Nach mehr als drei Monaten in der Gewalt der Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) sind gestern fast 50 türkische Geiseln in ihre Heimat zurückgekehrt. In Ankara empfing Ministerpräsident Ahmet Davutoglu die Freigelassenen – 46 Türken und drei Ausländer – und sprach von einem „Festtag“. Seine Regierung betonte, es habe keinerlei Gegenleistungen gegeben. Die IS-Terroristen erklärten dagegen, die Türkei habe ihr in Syrien und Irak ausgerufenes „Kalifat“ anerkannt und versprochen, nicht an den erwarteten Angriffen des Westens auf die Miliz teilzunehmen.
Als Held des Tages wurde Öztürk Yilmaz gefeiert, der türkische Generalkonsul im nordirakischen Mossul, dessen Vertretung am 11. Juni von IS-Kämpfern eingenommen worden war. Yilmaz und 48 andere Mitarbeiter wurden von den Dschihadisten verschleppt und laut Medienberichten an mehrmals wechselnden Orten gefangen gehalten. Einige Geiseln berichteten, die IS-Kämpfer hätten Yilmaz mehrmals eine Waffe an die Schläfe gehalten und ihn damit zwingen wollen, eine von ihnen vorbereitete Erklärung zu verlesen, doch der Diplomat habe sich standhaft geweigert. Auf Yilmaz Gesicht waren gestern mehrere Schürfwunden zu sehen.
Nach dem Ende des Geiseldramas wird nun mit Spannung erwartet, ob sich die bisher sehr passive Haltung der Türkei innerhalb der internationalen Allianz zur Bekämpfung des IS ändern wird. Ankara hatte in den vergangenen Wochen mit Hinweis auf die Gefahr für die Geiseln eine direkte militärische Beteiligung am Vorgehen gegen die Dschihadisten und auch die Bereitstellung von Luftwaffenstützpunkten für Angriffe auf IS-Stellungen abgelehnt.
Die Geiseln reisten am Morgen aus Syrien – und nicht aus Irak – kommend in die Türkei ein. Türkische Medien berichteten, in den vergangenen Wochen seien mehrere vereinbarte Termine zur Übergabe der Geiseln wegen Gefechten zwischen dem IS und anderen Gruppen in den jeweiligen Gebieten gescheitert. Schließlich habe ein neuer Plan für eine Übergabe in der Nacht zu Sonnabend den Durchbruch gebracht.
Unmittelbar nach der Freilassung begann in der Türkei eine Diskussion über die Umstände der Beendigung des Geiseldramas. Während regierungsnahe Medien die „Befreiungsaktion“ des Geheimdienstes MIT als Husarenstück ohne Hilfe ausländischer Geheimdienste lobten, wiesen Kritiker darauf hin, dass der IS die Geiseln offenbar von sich aus an den türkischen Geheimdienst übergeben habe. „Welche Gegenleistung gab es?“ fragte der regierungskritische Journalist Oguz Karamuk auf Twitter.
Die IS-nahe Internetplattform Takva Haber meldete, die Geiseln seien auf Befehl von IS-Chef Abu Bakir al-Bagdadi freigelassen worden. Das „Außenministerium“ des IS-„Kalifats“ habe in den vergangenen Monaten mit dem türkischen Geheimdienst MIT verhandelt. Die Türkei habe das Kalifat damit indirekt anerkannt und zudem erklärt, nicht an einer „Besatzungskoalition“ unter Führung der USA teilnehmen zu wollen.
Kritiker im In- und Ausland werfen der türkischen Regierung vor, radikal-islamische Gruppen wie der IS in der türkisch-syrischen Grenzregion lange toleriert zu haben, weil sie sich von diesen Organisationen einen raschen Sturz des syrischen Staatschefs Baschar-al-Assad versprach. Ankara weist die Vorwürfe zurück.
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Geht aber auch ohne die dämliche Maske.