
Die Klageverfahren von 23 niedersächsischen Städten und Kommunen gegen die beim Zensus 2011 festgesetzten Einwohnerzahlen hängen vorerst fest. „Die Klagen sind anhängig bei mehreren Verwaltungsgerichten in Niedersachsen, werden aber momentan nicht aktiv betrieben“, sagte Berthold Ernst, der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB). Zunächst soll eine Berliner Klage vor dem Bundesverfassungsgericht abgewartet werden. Hintergrund der Klagewelle: Die Kommunen fühlen sich von der Volkszählung 2011 durch ungenaue und fehlerhafte Zählung um Einwohner und damit um finanzielle Einnahmen etwa aus dem Finanzausgleich betrogen.
Ernst: „Jeder Einwohner, den eine Kommune verliert, entspricht einem Grundbetrag von 900 Euro“. Da beim Zensus nicht bei allen Kommunen dieselben Methoden angewendet wurden, sehen einige Kommunen einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Doch nun soll erst mal ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht abgewartet werden. „Vor 14 Tagen wurden wir darauf hingewiesen, dass das Verwaltungsgericht Lüneburg das Verfahren vorübergehend aussetzen will“, erklärte Hilke Henningsmeyer, die Justiziarin von Buchholz (Landkreis Harburg).
Auf dem Papier schrumpfte die Bevölkerung des Ortes plötzlich um 2300 auf 36 656 Menschen. Die Justiziarin befürchtet eine jahrelange Wartezeit: „Ich richte mich auf zwei bis drei Jahre aufwärts ein – was sehr misslich ist, da sich die Nachteile für uns ja summieren werden.“ Während sie die Aussetzung des Verfahrens nachvollziehen kann, ist sie über einen anderen Entscheid des Verwaltungsgerichts empört. Denn im Zensusgesetz war festgelegt, dass bestimmte Daten nach einer gewissen Zeit gelöscht werden – das wäre ab Anfang Mai.
Buchholz beantragte in Lüneburg daher Einsicht in die für ihre Klage relevanten Daten beim zuständigen Meinungsforschungsinstitut, was das Gericht mit Hinweis auf die Firmenadresse in Nordrhein-Westfalen ablehnte. Henningsmeyer: „Ich habe daher vor zwei Wochen einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gestellt, bei dem es um die Sicherung der Daten geht.“ Auch der Stadt Braunschweig sind rund 1000 Einwohner beim Zensus abhandengekommen, die fehlenden Einnahmen werden auf mindestens 360 000 Euro taxiert.
Wenig Erfolg hatte auch die Stadt Bremerhaven mit ihrer Klage gegen die neu festgesetzte Einwohnerzahl: Sie war in erster Instanz gescheitert. Das zuständige Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Ergebnis der jüngsten Volkszählung zum Stichtag 9. Mai 2011 hatte Bremerhaven um gut 4000 Einwohner ärmer gemacht. Alleine bei den Schlüsselzuweisungen des Landes geht es nach Angaben der Stadt um rund 500 000 Euro pro Jahr. Die Richter urteilten, dass nicht gegen das Grundgesetz verstoßen wurde. Die Einwohnerzahl könne mit einem statistischen Berechnungsverfahren ermittelt werden. Bremerhaven habe keinen Anspruch darauf, dass seine tatsächliche Einwohnerzahl als amtliche Einwohnerzahl festgesetzt werde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens ließ das Gericht Berufung am Oberlandesgericht zu, sie wurde nach Angaben eines Stadtsprechers auch eingelegt.
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