
Wenn es das Ideal des Gruppenklangs ist, auf einem Atem zu spielen, so traf dies in herausragender Weise auf das Konzert des Anouar Brahem Quartets im Rahmen der Musikfest-Surprise-Konzerte im BLG-Forum zu. Das zeigte sich schon bei den ersten Tönen des Stückes „The lover of Beirut“, mit dem der Abend begann: Der E-Bassist Björn Meyer tupfte sie gewissermaßen nur auf sein sechssaitiges Instrument, das er im Übrigen den ganzen Abend lang mit höchstem Einfühlungsvermögen für den Gruppenklang zupfte; allmählich fügte sich der tiefe Klang von Klaus Gesings Bassklarinette ein, erst dann griffen auch Anouar Brahem auf seiner Oud und der Perkussionist Khaled Yassine ein, brachten den melodischen Fluss zu beachtlichen Aufschwüngen, bevor das Stück in einem Kreisschluss wieder zum Ausgang zurückkehrte: ein in seinen fragilen Abstufungen idealer und fesselnder Einstieg.
Der Tunesier Anouar Brahem ist einer der ganz großen Virtuosen auf der arabischen Knickhalslaute Oud, die der Vorläufer der europäischen Laute ist, dabei aber ohne Bünde auskommt, was ihr Klangbild fließender macht. Brahem ist ein Grenzgänger, der einerseits tief verwurzelt ist in der arabischen Klangwelt, sich andererseits aber nahezu seit Beginn seiner Karriere intensiv mit den Improvisationsmöglichkeiten des modernen Jazz auseinandergesetzt hat. Dabei hat er Kontakte zu Musikern aus aller Welt geknüpft. Am bekanntesten bei uns dürfte der Norweger Jan Garbarek sein, aber ebenso hat Brahem mit indischen, türkischen, amerikanischen, französischen und italienischen Musikern zusammengearbeitet. Deren unterschiedliche Sichtweisen haben ihren Einfluss auf die Spielweise des Virtuosen gehabt, und in seinem aktuellen Quartett treffen sie nun noch einmal in gebündelter, hochenergetischer Form zusammen. Mit eben diesen Musikern hat Brahem vor ein paar Jahren das Album „The astounding eyes of Rita“ eingespielt, das beim Bremer Auftritt komplett, mit nur ganz leicht veränderter Stückreihenfolge vorgestellt wurde. Es ist eine märchenhafte Welt voller Geheimnisse, in die uns das Quartett entführt. Beim zweiten Stück „Dance with waves“ steht ein zartes Motiv der Bassklarinette im Vordergrund, das das zarte Plätschern der Wellen signalisiert, das aber durch das Hinzukommen der anderen Instrumente immer unruhiger, wilder und schließlich rebellisch aufbegehrend wird. Die doppelchörige Laute unterstreicht hier, dass auf ihr nicht nur lyrische und feinsinnige Arabesken gezupft werden können, sondern auch scharfkantige harsche Töne, und auch die Bassklarinette schreit mitunter beinahe gequält und dann in höchster Lage auf. Anouar Brahem zupft nicht nur seine Laute, sondern begleitetet sich mitunter summend und wortlos singend dazu, wie bei dem Titelstück „The astounding eyes of Rita“, was auch der Bassklarinette Gelegenheit gibt, dieses Summen mit flüchtigen Begleitmotiven zu untermalen. Bass und Rahmentrommel oder Darabukka legen unter diese melodischen Ausbrüche einen spektakulär unspektakulären, sehr fein geknüpften Rhythmusteppich. Ein herausragender Auftritt!
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