
Die politischen Wurzeln der 28-Jährigen liegen fernab von einer Partei. Noch als Minderjährige engagiert sie sich für Amnesty International – vor allem im Kampf gegen die Todesstrafe. Sie baut in ihrer Heimatstadt Bonn eine Amnesty-Gruppe für Schüler auf. „Da bin ich immer noch stolz drauf“, sagt Strunge. Schließlich kam der „entscheidende Punkt“ in ihrem politischen Leben: Die Proteste gegen den G7-Gipfel in Heiligendamm 2007. „Es war ein tolles Gefühl, Teil einer großen Bewegung zu sein“, erinnert sich die Rheinländerin.
Für das „Andocken der Partei an linken Bewegungen“ will sich Strunge denn auch im Bundesvorstand stark machen. Im 44-köpfigen Gremium sitzt sie nun als Vertreterin der Linksjugend/Solid. Von 2013 bis 2015 war die Bremerin Bundessprecherin dieser Nachwuchsorganisation der Partei. Auf dem Parteitag im Mai in Magdeburg hatte sie bei der Wahl des erweiterten Vorstands überraschend das zweitbeste Ergebnis erzielt.
Als Bürgerschaftsabgeordnete in Bremen kümmert sich Strunge vor allem um Hochschulpolitik und Ausbildung, zudem ist sie Vorsitzende der Kulturdeputation. Im Bundesvorstand der Linken will sie sich vor allem um jugendpolitische Fragen kümmern. Die Hartz-IV-Sanktionen für bis zu 25-Jährige etwa sind ihr ein Dorn im Auge. Sie könnten beispielsweise dazu führen, dass ein Leistungsempfänger gezwungen wird, bei den Eltern zu wohnen. Auch für bessere Ausbildungsplätze engagiert sich die linke Politikerin. Es gebe viel zu wenige qualitativ gute Ausbildungsplätze, sagt sie. Und junge Menschen als „nicht ausbildungsreif“ abzustempeln, ist für Strunge ein Ding der Unmöglichkeit. Vielmehr müsse es mehr unterstützende Maßnahmen für bildungsferne Jugendliche geben.
Ihre Herzensangelegenheit ist die Integration von Flüchtlingen. Für die Linksjugend will sie im Vorstand „eine ganz klare Linie in der Flüchtlingspolitik“ vertreten. „Ja“, sagt Strunge ohne zu zögern auf die Frage, ob sie die Äußerungen von Sahra Wagenknecht irritiert hätten. Die Fraktionschefin hatte mehrfach von Kapazitätsgrenzen gesprochen und ein „Gastrecht“ betont, das durch kriminelle Handlungen verwirkt werden könne. „Die Linksjugend/Solid grenzt sich ganz klar von Sahra Wagenknecht ab, aber auch zur Abschiebungspolitik von (Thüringens Ministerpräsidenten) Bodo Ramelow gehen wir klar auf Distanz“, sagt Strunge.
In der parteiinternen Flüchtlingsdebatte ist der raue Tonfall bei den Linken einmal mehr deutlich geworden. „Die politische Kultur der Kommunikation könnte ausgebaut werden“, sagt die neue Vorstandsfrau in nahezu perfektem Politsprech. In dieser Hinsicht könne der Bundesvorstand vom Parteinachwuchs lernen, meint sie. Ansonsten ihr erster Eindruck: „Wenn man eigene Ideen einbringt, kann man im Vorstand viel bewegen.“
Die Bundestagswahl 2017 wird den Vorstand bald stark beschäftigen. Topthemen der Linken aus Strunges Sicht: soziale Spaltung, Wohnungspolitik, Integration von Flüchtlingen. Sie fordert vor allem eine gerechtere Arbeits- und Sozialpolitik – auch in Bremen. Ihr Credo: „Die Kürzungspolitik des rot-grünen Senats ist nicht alternativlos.“ So vermisst Strunge, dass etwa die Erhebung einer Vermögenssteuer auf Landesebene nicht einmal geprüft werde.
Überhaupt Bremen. Die Stadt ist Strunges zweite Heimat geworden. Die Studiengebühren haben sie 2009 aus Nordrhein-Westfalen vertrieben, als sie Politikwissenschaften studieren wollte. „Ich fand's ganz nett“, schildert Strunge ihren ersten Eindruck von Stadt und Universität. Jetzt studiert sie den Master Sozialpolitik. Bei der Frage, was ihr an Bremen am meisten gefällt, muss die Politikerin nicht lange überlegen: „Die kurzen Wege, auch mit dem Fahrrad sind fast alle Ziele erreichbar.“ Und was gefällt ihr – außer rot-grüner Senatspolitik – nicht? „Das Bremer Wetter“, sagt sie spontan. Und etwas ernster fügt Strunge hinzu: „Dass Bremen bei der Kinderarmut Spitzenreiter ist, daran dürfen wir uns nicht gewöhnen, hier muss endlich etwas passieren.“
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