
Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin bestätigte die Einigung. Die syrischen Regierungstruppen hätten die vollständige Kontrolle über die Großstadt übernommen. Die Gefechte im Osten von Aleppo seien beendet, nun beginne die humanitäre Versorgung der Menschen. Aus syrischen Regierungskreisen hieß es, die Rebellen sollten die Stadt in Richtung der von oppositionellen Milizen kontrollierten Provinz Idlib verlassen. Der russische Chefdiplomat Sergej Lawrow beriet mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in einem Telefonat über die Lage in Aleppo. Dabei sei es auch um humanitäre Hilfe für die Menschen in der Stadt gegangen, teilte das Ministerium in Moskau mit.
Die USA machten Syrien und seine Verbündeten Russland und Iran für einen „kompletten Kollaps der Menschlichkeit“ in Aleppo verantwortlich. Die drei Länder stünden hinter „der Eroberung und dem Blutbad in Aleppo“ und seien für die in der Stadt verübten Gräueltaten verantwortlich, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, im UN-Sicherheitsrat. Zudem zeigten die Staaten keinerlei Gnade für die Zivilisten.
Bilder von Freudenfeiern
Das staatliche syrische Fernsehen zeigte unterdessen Bilder von Freudenfeiern in West-Aleppo über die Rückeroberung des östlichen Stadtteils. Für Staatspräsident Baschar al-Assad und seine Truppen ist dies der größte Triumph seit Ausbruch des Bürgerkrieges vor fast sechs Jahren. Dies könnte gleichzeitig einen Wendepunkt darstellen.
Im Internet tauchten vermehrt Hilferufe von Zivilisten aus dem Osten der Stadt auf. Verschüttete könnten nach Angriffen aus der Luft in dem Chaos nicht mehr aus den Trümmern geborgen werden. Die Menschen würden verzweifelt versuchen, ihre Leben zu retten. Ein Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte sprach von regelrechten Hinrichtungen. Auf offener Straße würden Flüchtende erschossen. Er gehe davon aus, dass die Gräuel „wahrscheinlich in den vergangenen 48 Stunden“ in vier verschiedenen Bezirken des bisher von Rebellen gehaltenen Ostteils von Aleppo begangen wurden. Wie viele Zivilisten sich noch in den umkämpften Gebieten aufhalten, ist unklar. Unterschiedliche Quellen sprechen von bis zu 50 000 Menschen.
Durch die sich rasch verschiebenden Fronten wurden in den vergangenen Tagen Tausende Menschen zur überstürzten Flucht gezwungen. In den Straßen waren Menschen zu sehen, die das Nötigste zusammengerafft hatten oder Angehörige in Rollstühlen schoben. In den vergangenen 24 Stunden seien mehr als 10 000 Zivilisten aus diesen Vierteln geflohen, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mit, deren Angaben von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen sind, sich in der Vergangenheit aber stets als zuverlässig erwiesen. Vor rund fünf Monaten hatte die syrische Armee mit der Belagerung der Rebellengebiete in Ost-Aleppo begonnen. Seitdem waren die Einwohner dort so gut wie von der Außenwelt abgeschnitten.
Vor dem Bürgerkrieg war Aleppo Syriens Handelsmetropole im Norden des Landes. Als größte Stadt neben Damaskus hat Aleppo erhebliche strategische und symbolische Bedeutung im Bürgerkrieg. Einst lebten hier mehr als zwei Millionen Menschen.
Kämpfe an vielen weiteren Fronten
Während die blutige Schlacht um Aleppo sich dem Ende zuneigt, wird in Syrien noch an vielen anderen Fronten weitergekämpft. Die Hilfsorganisation Union of Medical Care and Relief Organizations (UOSSM) berichtete am Dienstag von einem Giftgasangriff auf mehrere Ortschaften in der Provinz Hama, die zu großen Teilen von der Terrormiliz Daesch kontrolliert wird. Dabei sollen 93 Zivilisten getötet und rund 300 verletzt worden sein.
Flugzeuge sollen demnach am Montagfrüh Bomben auf mehrere Dörfer abgeworfen haben, in denen die Dschihadisten das Sagen haben. Ärzte in der Umgebung haben UOSSM von den Opfern und ihren Symptomen berichtet. Bei der Attacke soll eine geruch- und farblose Chemikalie eingesetzt worden sein, die die Atemwege der Opfer angegriffen habe, berichtete ein Sprecher der Organisation. Es ist nicht klar, ob die syrischen Regierungstruppen oder die russische Armee hinter den Bombardements stecken.
Ganz anders die Situation in der Stadt Hama: Diese wird von den Regierungstruppen kontrolliert. Sie ist schicksalhaft für ganz Syrien. Als die Stadt im Frühjahr 2011 zu einem Zentrum des Protestes gegen das Regime in Damaskus wurde, rückte die syrische Armee gewaltsam in die Stadt ein und tötete viele Menschen. Ibrahim Qaschusch, der Verfasser eines Revolutionsliedes gegen Assad, wurde nur wenige Tage nach dem Einmarsch der Armee mit durchgeschnittener Kehle und entfernten Stimmbändern im Orontes-Fluss, der durch Hama fließt, gefunden.
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