
Es ist jetzt, vier Spieltage vor dem Ende der Saison, höchste Zeit, diesen Abstiegskampf zu loben. Er wird ja immer nur als Problem wahrgenommen, als ein Zustand, dem man entkommen muss. Aus der Sicht der Vereine ist das verständlich. Aus der Perspektive des Beobachters aber lässt sich sagen: Der Abstiegskampf ist ein unnachahmliches, ein schaurig-schönes Schauspiel. Er erzählt Geschichten, die eher von Verlierern als von Gewinnern handeln, und Verlierer-Geschichten sind immer die besten Geschichten des Sports. Weil sie Brüche haben und nicht so glattgebügelt sind wie das ganze Geschäft.
Der Abstiegskampf zieht seinen Reiz auch daraus, dass er keine Gewissheiten kennt: Mal wirkt er klein und kompakt, dann riesengroß; mal mutet er halbwegs beherrschbar an, dann plötzlich unkontrollierbar monströs. Zurzeit hängt fast die halbe Liga mit drin: von Traditionsklubs wie Werder, Stuttgart, Frankfurt und Hamburg über Emporkömmlinge wie Hoffenheim bis zum Aufsteiger Darmstadt.
Der Abstiegskampf macht keine Unterschiede zwischen armen und reichen, großen und kleinen, berühmten und namenlosen Klubs. Er nimmt alle auf die gleiche Art in die Mangel. Er schmerzt und drückt, peinigt und piekst, nervt und deprimiert. Aber er schenkt denen, die ihn annehmen, auch immer wieder neue Hoffnung. Natürlich geht es im Abstiegskampf um Geld, keine Frage, aber vor allem geht es um Gefühle: um Liebe und Stolz, um Angst und Verzweiflung. Der Abstiegskampf ist ein gewaltiger Gefühlsverstärker. Er lässt alles, was im Fußball sowieso groß wirkt, noch größer erscheinen. Er kann jedes Gegentor zu einem Super-GAU und jedes Tor zu einer Erlösung machen.
Weil der Abstiegskampf so extrem, so unberechenbar und so voller Leidenschaft ist, lädt er zu herrlichen Spekulationen ein: Welche Mannschaft hat das leichteste Restprogramm? Welcher Mannschaft werden die Heimspiele helfen, die sie noch hat – und welcher gerade nicht? Wer wird am Druck wachsen – und wer droht daran zu zerbrechen? Diese Fragen werden jetzt quer durch Deutschland diskutiert, von Millionen von Fans.
Der Abstiegskampf wird die Bundesliga bis zum 34. Spieltag, 17.20 Uhr, prägen. Klar, die Liga stellt auch noch andere Fragen: Wer erreicht die Champions League? Wer darf in die Europa League? Aber mal ehrlich: Das ist doch Pillepalle. Das bereitet doch keinem eine schlaflose Nacht. andreas.lesch@weser-kurier.de
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