
Flippen Eltern immer mal wieder aus und schlagen ihre Kinder, reagieren sie möglicherweise auch in anderen Situationen aggressiv. Wer Nachbarn oder Freunde verdächtigt, dass sie bei Sohn oder Tochter handgreiflich werden, muss handeln - sollte aber auf jede Reaktion vorbereitet sein. Das rät Andrea Buskotte, Fachreferentin für Gewaltprävention in der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen.
Eltern schlagen nicht aus Bosheit zu, sondern aus Überforderung, erläutert die Expertin. Fühlen sie sich diskriminiert oder in die Enge getrieben, reagieren sie möglicherweise auch aggressiv oder vollkommen uneinsichtig, wenn ein Nachbar oder Freund sie auf ihr Problem anspricht. Besser als Laien sind Ärzte in der Lage, auf den Verdacht einer Kindesmisshandlung zu reagieren. Den bundesweit ersten digitalen Leitfaden für Mediziner zu diesem Thema stellte am Mittwoch (24. April) unter anderem die Ärztekammer Niedersachsen vor.
Vorbereitet sein, bedeutet laut Buskotte unter anderem, nicht fest mit Erfolg zu rechnen. Viele Eltern sind nicht sofort einsichtig. Außerdem sollte die Ansprache verständnisvoll, vorurteilsfrei und hilfsbereit sein. «Ich höre manchmal was bei Ihnen, haben Sie vielleicht ein paar Schwierigkeiten mit den Kindern?» ist besser als «Hören Sie gefälligst auf, Ihre Kinder zu schlagen!» Der Angesprochene sollte merken, dass man weiß, wie schwierig es mit Kindern manchmal sein kann. Die Ansprache sollte außerdem signalisieren: «Da gibt es Profis, die dir helfen können.» Gut sei es daher, die Nummer einer Fachinstitution parat zu haben.
Ist das Verhältnis zu der betroffenen Familie ohnehin schon angespannt oder eine Ansprache aus anderen Gründen von vornherein aussichtslos, sollte man dort auch gar nicht erst klingeln. Dann sei ein Anruf beim Jugendamt, dem Kinderschutzbund vor Ort oder einer Familienberatungsstelle die bessere Alternative, sagt Buskotte. «Das ist ja nicht so was wie eine Anzeige bei der Polizei.» Besorgte Nachbarn oder Freunde müssten nicht einmal sofort den Namen der verdächtigten Familie nennen. Sie könnten zunächst auch nur den Fall schildern und anschließend fragen: «Was würden Sie jetzt tun, wenn ich Ihnen den Namen sage?»
Nicht immer bedeutet Geschrei nebenan, dass der Nachbar seine Kinder misshandelt. Manche Jungen und Mädchen seien auch einfach lauter. Wer unsicher ist, sollte sich die Kinder aber nicht hinter dem Rücken der Eltern im Treppenhaus schnappen und nachhorchen, ob sie zu Hause manchmal Prügel kassieren, warnt die Expertin. «Man sollte dem Kind signalisieren, dass man es kennt und ihm freundlich gesinnt ist.» Kinder merken sich Personen, denen sie im Notfall vertrauen können, und wenden sich möglicherweise irgendwann an sie.
Vernachlässigung, Missbrauch, Totschlag - immerwieder werden in Deutschland schreckliche Fälle von Gewalt an Kindern bekannt. Die Taten werden auch dort verübt, wo Kinder eigentlich Schutz finden sollten: in ihren Familien. Erst im April soll eine 26 Jahre alte Mutter am Bodensee ihr sechs Monate altes Kind getötet haben. Es habe ständig geschrien, nichts gegessen und sich nicht wickeln lassen.
Im Jahr 2011 starben nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) 146 Kinder unter 14 Jahren wegen Gewalt oder Vernachlässigung, ein Fünftel weniger als 2010. 114 Opfer waren demnach jünger als sechs Jahre. Seit 2002 kamen im Schnitt etwa 200 Kinder pro Jahr gewaltsam ums Leben. Wie viele Kinder von Familienangehörigen getötet wurden,ist nicht bekannt. Das BKA hat dazu keine zentrale Statistik, weil häusliche Gewalt laut einer Sprecherin nicht fest definiert ist.
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