
Herzlich ist sie – und bescheiden. Sie hört und sieht nicht mehr so gut, und mit dem Laufen klappt es auch nicht mehr so recht, aber sie diskutiert immer noch gerne über Politik. Sie hat ihre kranke Mutter gepflegt und setzt sich für andere ein. Gestern hat Ilse Kaisen ihren 90. Geburtstag gefeiert. Die Besucher standen Schlange, um der einzigen noch lebenden Tochter des Bremer Nachkriegsbürgermeisters Wilhelm Kaisen (SPD) zum Ehrentag zu gratulieren. Gleichzeitig öffnete sich das Seniorenheim „Forum Ellener Hof“, in dem Ilse Kaisen seit acht Jahren lebt, beim Tag der offenen Tür.
Die Wilhelm-und-Helene-Kaisen-Stiftung, die ihren Sitz in Borgfeld hat, hatte zum Sektempfang eingeladen. Volker Kröning, Vorsitzender der Stiftung, animierte alle Anwesenden zu einem Ständchen, bevor er Ilse Kaisen im Namen der Stiftung Glückwünsche aussprach. Auch Bremens ehemaliger Bürgermeister Hans Koschnick, der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Christian Weber, und Hermann Kothe, der Vorsitzende des Bürgervereins Borgfeld und ehemaliger Ortsamtsleiter in Oberneuland, der Osterholzer Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter und Thorsten Ahrens von der Hansa-Gruppe gratulierten.
Als Ilse Kaisen selbst ein paar Worte sagen sollte, war sie sichtlich gerührt. „Ich bin so aufgeregt“, sagte sie. Ihre schönste Erinnerung sei, dass sie wisse, dass das Heim der Familie in Borgfeld in guten Händen sei und erhalten bleibe, so Ilse Kaisen weiter. 1995 haben sie und ihr Bruder Franz die Wilhelm-und-Helene-Kaisen-Stiftung gegründet, die die Erinnerung an Wilhelm Kaisen, sein Lebenswerk und seine Familie wachhalten soll.
1928 wurde Wilhelm Kaisen in den Senat gewählt und übernahm das Wohlfahrtsressort. Als 1933 die NSDAP die Macht übernahm, trat der gesamte Bremer Senat zurück. Kaisen wurde verhaftet. Nachdem er aus der Haft entlassen worden war, zogen die Kaisens mit ihren vier Kindern Niels, Ilse, Franz und Inge sowie den Großvätern der Kinder aufs Land. „Mein Vater wusste von dieser Siedlung in Katrepel, die am entstehen war“, erzählt Ilse Kaisen. Er erfuhr, dass ganz hinten noch ein Stück Land sei, das keiner haben wolle. Er radelte hin – und blieb.
„Es ist ein schweres Leben gewesen“, sagt Ilse Kaisen. „Mein Vater verstand nichts von Landwirtschaft, aber er hatte Lust dazu.“ Am Anfang habe es viele Schwierigkeiten gegeben. „Aber nachher war das ein Stück Land, von dem wir nie wieder weg wollten.“ Nebenan wohnten damals schon Hermann (87) und Dieter (63) Ramke. Auch sie kamen gestern zum Gratulieren nach Blockdiek. „Wir haben alles zusammen gemacht und uns gegenseitig aus der Patsche geholfen“, erzählt Hermann Ramke. „Wir haben zusammen Kartoffeln gepflanzt und sind mit Vater Kaisen mit der Sense losgegangen.“ Auch an den Ochsen der Kaisens erinnert er sich. Der hieß eigentlich „Hans“, ist aber besser unter dem Namen „Theodor“ bekannt. Als Bundespräsident Theodor Heuss 1952 Wilhelm Kaisen in Borgfeld besuchte, ließ er sich auch den Stall zeigen und erkundigte sich nach dem Namen des Tieres. „Theodor“ sagte Kaisen – aus Jux.
Tradition der Arbeiterfamilie
„Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir aus einer Arbeiterfamilie kommen“, sagt Ilse Kaisen. In ihrem Haus in Borgfeld hatten die Kaisens eine große Bibliothek. Politisch waren sie sich nicht immer einig. Welcher Partei sie auch heute noch ihre Stimme gibt, ist aber klar. „Ich habe gewählt, und ich habe auch richtig gewählt“, stellte sie gestern fest. Seit fast 70 Jahren ist sie Mitglied der SPD.
Eines möchte sie allen älteren Menschen sagen: „Es ist unsere Pflicht, den Jüngeren mitzuteilen, wie es uns ergangen ist. Man darf mit Menschen nicht so umgehen. Jeder hat seine Würde.“ Deshalb hat sie jetzt auch ein Buchprojekt initiiert. Autorin Eva Determann fasst die Lebensgeschichten von Menschen zusammen, die im „Forum Ellener Hof“ leben und arbeiten. Die Wilhelm-und-Helene-Kaisen-Stiftung finanziert das Buch, das bald fertig sein soll.
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