
Ein einsamer Fremder reitet durch eine spätherbstliche Berglandschaft, dazu erklingt das Spiritual „Sinner Man“ (Sünder). Der Amerikaner Greider (Sam Riley) ist Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Weg in ein bayrisches Bergdorf, freundlich empfangen wird er dort nicht. So karg wie die Landschaft ist auch die Kommunikation der Bewohner, sowieso haben in dem namenlos bleibenden Flecken nur der „Brenner-Bauer“ und dessen sechs Söhne das Sagen. Den Fremden, auch er ein Mann wenigster Worte, schreckt das nicht: Er quartiert sich für eine Handvoll Goldmünzen bei einer Witwe und deren Tochter Luzie (Paula Beer) ein und beginnt, Dorfbewohner und Gegend zu fotografieren. Zunächst jedenfalls.
„Das finstere Tal“ des österreichischen Regisseurs Andreas Prochaska setzt stark auf Atmosphäre und erinnert dadurch mitunter an den Heimatkrimi „Tannöd“ von Andrea Maria Schenkel (2009 von Bettina Oberli verfilmt). Prochaska nutzt die archaisch wirkende Landschaft Tirols – dort wurde der Film gedreht – um die durch Angst und Verzweiflung geprägte Dorfatmosphäre zu skizzieren. Die Farben sind fahl, in den Winterszenen herrscht ein Gegensatz von tiefschwarz und blendend-weiß, den die Kamera gerne in Draufsicht- Perspektive einfängt. Die Menschen sind bis ins Mark eingeschüchtert durch die Willkürherrschaft des „Brenner-Bauern“ (Hans-Michael Rehberg), der frisch verheiratete junge Frauen nach mittelalterlicher Weise zunächst einmal für sich und seine Söhne beansprucht. Wer nicht muss, zeigt keine Regung: Mimik und Gestik sind so eingefroren, dass Greider keine Mühe hat, seine Fotos zu machen.
Deswegen ist der Mann aber natürlich nicht von so weit her gekommen – und das führt gleich zu einem Schwachpunkt des Films. Die Geschichte, die auf einem Roman von Thomas Willmann fußt, ist so vorhersehbar wie ein durchschnittlich schlechter „Tatort“. Greider ist auf einem Rachefeldzug, der für ihn erstaunlich glatt verläuft. Dran glauben müssen unter anderen alle Brenner-Söhne, die sich in ihrer Gegenwehr so tumb anstellen, dass man es kaum glauben mag.
Prochaska/Willmann haben nicht einmal Tobias Moretti als Ober-Sohn Hans Brenner die ein oder andere schlaue Finte gegönnt, die Greiders Durchmarsch etwas spannender hätte machen können.
So bietet der Film als dramaturgische Höhepunkte ausschließlich akribisch durchchoreografierte Tötungsszenen, bei denen der Regisseur Vorbildern wie der Italo-Western-Ikone Sergio Leone, der amerikanischen Hardcore-Legende Sam Pekinpah und so letztlich natürlich auch Quentin Tarantino huldigt. Da fallen Körper malerisch in Zeitlupe in den Schnee und die Kamera fängt ein Tableau in schwarz, weiß und blutrot ein – wie bei seinen Heroen überhöht Prochaska das Sterben ins Mythologische. Merke: Eine Erlösung kann es auch durch den Tod nicht geben, der Held ist immer ein tragischer, auf seine Weise schuldiger. Damit nicht genug; das Ganze ist zudem mit einer pathetischen und penetrant lauten Musiksoße übergossen. Als würde Prochaska seinen eigenen Bildern nicht trauen, hat er Matthias Weber gestattet, den Subwoofer auf Höchstleistung einzustellen und Streichermelodien zu komponieren, die dräuend Unheil heraufbeschwören. Durch soviel Überfrachtung wirkt „Das finstere Tal“ in einigen Szenen fast schon wie seine eigene Parodie.
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