
Sie haben so hundserbärmlich gespielt, dass man glauben konnte, sie wollten Bewerbungsschreiben für die Zweite Liga abgeben.
Und jetzt? Jetzt ist alles genau andersrum. Zwar ist der Abstiegskampf wieder riesengroß. Aber keine einzige Mannschaft bewirbt sich mehr aktiv um den Abstieg, nein: Alle haben Hoffnung und Mut, jeder auf seine Weise. Alle weigern sich konsequent runterzugehen – und das, obwohl die entscheidende Phase der Saison noch nicht mal begonnen hat. In Bremen hat Trainer Viktor Skripnik beschlossen: „Diese Mannschaft steigt nicht ab“ – und wenn er das beschlossen hat, wer soll dann daran rütteln? In Stuttgart siegt der VfB neuerdings so überzeugend, als wolle er das Meisterjahr 2007 nachspielen. In Hannover schafft es Trainer Thomas Schaaf, sogar aus einem 0:3 in Leverkusen noch eine Steigerung herauszulesen.
In Frankfurt hat die Eintracht das Glück, dass im Krisenfalle ihr Vorstand nicht schnell genug reagieren muss. Denn die Eintracht beschäftigt in Armin Veh einen Coach, der jede Krise als Erster erahnt – und im Zweifel, wenn er entlassen werden soll, längst weg ist. In Köln hat der FC den Vertrag seines Trainers Peter Stöger bis 2020 verlängert, und wer so langfristig arbeitet, so ganz und gar unkarnevalistisch seriös, der wird oben bleiben; das sonntägliche 1:1 beim VfL Wolfsburg war dafür nur der jüngste Beweis.
In Darmstadt freuen sich die Darmstädter so sehr darüber, dass alle glauben, sie stiegen ab, dass sie garantiert nicht absteigen werden – schon um sich dann noch mehr freuen zu können. In Ingolstadt ist der FC so stark, dass er sogar gegen Dortmund nur wegen fragwürdiger Schiedsrichter-Entscheidungen verliert. In Hoffenheim kann die TSG schon deswegen nicht absteigen, weil sie den Oberabstiegskämpfer Huub Stevens auf der Bank sitzen hat. Und in Hamburg schwächelt der HSV zwar, aber das heißt nix – denn er hat in den Relegationsspielen der beiden vergangenen Spielzeiten eindrucksvoll bewiesen, dass er unabsteigbar ist.
Ja, und was heißt das jetzt? Was bitte passiert, wenn von all diesen Abstiegskandidaten keiner absteigen wird? Das heißt, dass Wolfsburg, Gladbach und Schalke schön aufpassen sollten. Weil in dieser sehr speziellen Veranstaltung namens Abstiegskampf bald garantiert auch die mitmachen werden, die heute noch nicht mal wissen, dass es diese sehr spezielle Veranstaltung überhaupt gibt.
andreas.lesch@weser-kurier.de
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