
Wenn man mit anderen Unionspolitikern spricht, sind die sich da nicht so sicher. „Betrübt“, so beschreibt einer die Stimmung am Rande der Bundespräsidentenwahl. „Könnte besser laufen“, sagt ein anderer. Und alle sind sich einig: Ein wenig Schwung wäre gut, nur ist unklar, wo er herkommen soll. Die Diagnose ist: Die stärkste Regierungspartei, die Partei der Kanzlerin, leidet unter einer Depression – ausgerechnet in einem Superwahljahr mit drei Landtagswahlen und der Bundestagswahl. Woher kommt dieses Tief?
Ganz offenbar hat die CDU-Zentrale fest mit einem Kanzlerkandidaten Sigmar Gabriel gerechnet, mit einem Gegner also, dessen Schwächen bekannt sind. Alternativszenarien wurden offenbar nicht wirklich durchgespielt. „Es gibt zwei Strategien“, sagt ein wichtiger CSU-Mann. „Die einen wollen Schulz angreifen, die anderen setzen darauf, dass sich der Hype beruhigt.“ Die CSU ist für Angriff. Im Merkel-Lager dagegen heißt es: „Das entspannt sich wieder, es hat sich immer wieder entspannt.“
In dieser Wartezeit allerdings gibt Merkel den Gegenentwurf zu Schulz. Erschöpft und lustlos präsentiert sie sich beim Versöhnungsgipfel von CDU und CSU am vergangenen Montag in München, neben einem verunsichert grinsenden Seehofer. „Wenn wir ein großes Fest mit Blasorchester organisiert hätten, hätten die Leute das auch komisch gefunden“, hat Schäuble den Auftritt im „Spiegel“ verteidigt. Das stimmt zwar. „Neugier auf Neues“, Lust aufs Weiterregieren, versprach die Kanzlerin zwar. Vermittelt hat sie es nicht. Und es ist ja nicht nur die offensichtliche persönliche Abneigung zwischen Merkel und Seehofer. Es geht auch um inhaltliche Linien, auch außerhalb der Flüchtlingspolitik. Seehofer hat jetzt angekündigt, wieder nach Russland zu Präsident Wladimir Putin zu fahren, den Merkel so meidet. Er will auch Donald Trump treffen, dessen Ausfälle er weit entspannter sieht als das Kanzleramt.
Nebenaußenpolitik zu einer ohnehin bereits geschwächten Kanzlerin, deren internationales Verhandlungsgeschick man in der Union lobt. Aber die Schwierigkeiten mit der Flüchtlingspolitik haben sie ebenso Unterstützung gekostet wie die Unfähigkeit, einen eigenen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl zu organisieren.
Die Kanzlerin, so heißt es, sei erschrocken, als sie die Bilder ihrer Pressekonferenz mit Seehofer gesehen habe. In der Bundestagsfraktion versichert sie am Wochenende: „Ich bin willens, fröhlich in den Wahlkampf zu gehen.“ Als sich alle etwas später noch treffen, kommt von Unions-Fraktionschef Volker Kauder ein Satz, den Merkel auch als Warnung verstehen könnte: „Trauerklöße mag niemand.“
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