
Wissenschaftler beschäftigen sich aus unterschiedlichen Gründen mit dem Essen – so auch deshalb, weil der Geschmack ein äußerst vielschichtiges Phänomen ist.
Wer mit offenem Mund in den Spiegel schaut, kann auf der Zunge kleine Hubbel erkennen: die sogenannten Papillen. In einigen liegen zwiebelförmige Geschmacksknospen, wie Kathrin Ohla vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam erklärt. Dort nehmen wir mithilfe von Rezeptorzellen die fünf bekannten Geschmacksrichtungen wahr: süß, sauer, salzig, bitter und umami. Die zuletzt genannte Richtung steht für herzhaft, würzig.
Die Geschmackswahrnehmung funktioniert nach den Worten von Kathrin Ohla nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. In der Rezeptorzelle für Süßes zum Beispiel könne ein Zuckermolekül andocken. Dann werde ein elektrisches Signal ausgelöst, das über Nervenbahnen und Schaltstellen zur Großhirnrinde transportiert werde. Dort werde der Sinneseindruck verarbeitet und auch entschieden, ob der Geschmack als angenehm oder unangenehm empfunden werde.
Fettig als Geschmacksrichtung?
Wissenschaftler prüfen zurzeit, ob es möglicherweise noch eine sechste Geschmacksqualität gibt, nämlich fettig. Wie der Biologe Maik Behrens vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung erklärt, sind auf der Zunge Moleküle gefunden worden, die auf freie Fettsäuren reagieren, aber noch keine eigenen Sinneszellen dafür.
Fraglich sei auch, ob fettig allein – also ohne andere Geschmacksnoten – mit dem Geschmackssinn wahrgenommen werde. Früher wurde angenommen, dass bestimmte Stellen der Zunge für bestimmte Geschmacksrichtungen zuständig seien. Inzwischen ist bekannt, dass an vielen Stellen unterschiedliche Rezeptoren liegen.
Eine entscheidende Rolle spielt bei der Geschmackswahrnehmung das Riechen, wie Professor Thomas Hummel vom Universitätsklinikum Dresden erläutert. Das eigentliche Aroma, etwa von Aprikosen, komme dadurch zustande, dass Gerüche freigesetzt würden, die vom Riechnerv aufgenommen und verarbeitet würden. „Das, was die Aprikose zur Aprikose werden lässt, ist eigentlich der Geruch, der beim Essen von hinten in die Nase aufsteigt“, sagt der Wissenschaftler.
Manche Geschmacksvorlieben sind angeboren. „Süßen Geschmack mögen Babys sofort“, sagt Kathrin Ohla. „Das sieht man am Gesichtsausdruck.“ Bei Bitterem und Saurem verzögen sie dagegen die Miene. Die Abneigung habe vermutlich eine schützende Funktion: Manches, was bitter schmeckt, ist giftig, und ein saurer Geschmack kann darauf hindeuten, dass etwas verdorben ist.
Pinguine schmecken nur salzig und sauer
Für die Geschmacksqualität bitter hat der Mensch vermutlich die meisten Rezeptoren. Rund 25 verschiedene seien bekannt, sagt der Biologe Maik Behrens. Süßes werde dagegen nur von einem Rezeptor erfasst. Manche Tiere seien noch empfindlicher. Frösche hätten etwa 50 Bitter-Rezeptoren, Quasten-flosser rund 70. Bei Pinguinen wiederum haben Forscher festgestellt, dass sie nur salzig und sauer wahrnehmen.
Geschmackserlebnisse haben bereits Föten im Mutterleib, die das Fruchtwasser aufnehmen. Einen Beleg dafür lieferte ein Experiment, das Julie Mennella vom Monell Chemical Senses Center in Philadelphia gemacht hat. Eine Gruppe von werdenden Müttern trank regelmäßig Karottensaft, eine andere stattdessen Wasser.
Das Ergebnis: Hatte der Nachwuchs Karottensaft über das Fruchtwasser oder die Muttermilch kennengelernt, reagierte er zu einem späteren Zeitpunkt auf diesen Geschmack positiver als Kinder aus der anderen Gruppe. Er zeigte seltener negative Gesichtsausdrücke, wie Julie Mennella im Fachjournal „Pediatrics“ berichtete.
Prägende Erfahrungen
Menschen lernen nicht nur durch Gewöhnung, sondern auch aus schlechten Erfahrungen. Der US-Psychologe Martin Seligman hat das sogenannte Sauce-béarnaise-Phänomen beschrieben. Die aufgeschlagene Buttersoße sei lange sein absolutes Lieblingsessen gewesen, schrieb er. Dann habe er ein Filet mit der Soße gegessen und sich Stunden später übergeben müssen. Danach habe er den Geschmack von Sauce béarnaise nicht mehr gemocht – und das, obwohl die Soße nicht für die Übelkeit verantwortlich gewesen sei. Grund sei einfach ein Erreger gewesen.
Wer einmal schlechte Erfahrungen gemacht hat, lehnt einen Geschmack unter Umständen sein Leben lang ab, wie die Ernährungspsychologin Kathrin Ohla erklärt. Sie nimmt an, dass bereits negative Informationen über ein Lebensmittel den Geschmack beeinflussen können. „Allein die Information, dass etwas mit dem Essen nicht stimmen könnte, müsste meiner Meinung nach völlig ausreichen, um den Appetit zu verderben.“
Auch wer zu viel von einem Lebensmittel isst, verliert unter Umständen den Appetit darauf. Diese sogenannte spezifisch-sensorische Sättigung verhindert womöglich, dass man sich zu einseitig ernährt. „Bei Kindern funktioniert das nicht immer. Die können ja bekanntlich jeden Tag Nudeln essen“, sagt Kathrin Ohla.
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