
Lang pflegte die Kunst des Papierfaltens schon mit 18 Jahren. Inzwischen ist der US-Amerikaner 56 Jahre alt, Physiker und weltweit einer der bedeutendsten Origamikünstler und -theoretiker. Der Wissenschaftler ist zudem Wegbereiter des computergestützten Faltens. Fachleute wie er gehen nämlich davon aus, dass im Prinzip jede beliebige Form aus einem Stück Papier gefaltet werden kann. Außerdem gibt es längst Computerprogramme, die aus einem 3D-Modell oder einer Strichzeichnung einen Faltplan kreieren.
„Wir falten mit einem simplen, unbeschnittenen Stück Papier los“, erklärt Lang. Das klassische Papier misst 15 mal 15 Zentimeter. Schere und Klebstoff sind bei Puristen verpönt. Es gibt allerdings auch Ableger des klassischen Origami, bei denen mit einem Scherenschnitt zunächst die Figur entsteht oder Klebstoff zum Fixieren beziehungsweise Stabilisieren genutzt wird. Weitere Teilbereiche der Faltkunst sind das Nassfalten (Wetfolding), das modulare Origami aus mehreren gleichen Modulen, das „Action Origami“ mit beweglichen Teilen und das „Crumpling“, bei dem die Figur durch Zusammenknüllen entsteht.
Zu den künstlerischen Vätern des Origami zählt der Japaner Akira Yoshizawa, der Zehntausende verschiedene Modelle gefaltet hat. Wichtiger ist allerdings, dass er sich als Erster darum bemühte, eine Beschreibungssprache für die Falttechnik zu entwickeln. „Das nämlich ist das Schöne am Origami: Die Menschen lernen miteinander und teilen die Modelle untereinander“, erläutert Lang. Dabei müssen sie sich sprachlich verständigen können. Dies geschieht zum Beispiel durch die Unterscheidung zwischen Tal- und Bergfalten, das heißt zwischen Knicken, die unten (als Tal) oder oben (als Berg) ausgeführt werden. Außerdem deuten Pfeile an, was wohin gefaltet wird. In rund 18 Schritten lässt sich auf diese Weise beispielsweise die klassische Origamifigur des Kranichs falten. „Jede Figur, wie kompliziert auch immer, lässt sich durch diese beiden Falttypen erzeugen“, sagt Lang.
Die Regeln lassen sich in eine mathematische Formelsprache übernehmen und als Rechenvorschriften in Computern nutzen. Computer sind dadurch in der Lage, aus Modellen Faltstrategien und Faltpläne zu errechnen.
Computer liefert Pläne
Lang erinnert gern an die sogenannten „Bug-Wars“ der 1990er-Jahre. Damals ging es darum, wer das schönste und detailreichste Insekt falten konnte. Zum Insektenkörper mit sechs Beinen kamen noch Antennen, und Antennen und Beine waren zudem in Segmente unterteilt. Noch 1970 hatte es geheißen, dass solche detailreichen Insekten unmöglich gefaltet werden könnten. Inzwischen ist dies kein Problem mehr. Die Erzeugung eines Origamimodells am Computer verläuft im Prinzip so: Vom Zielobjekt wird zunächst eine grobe Strichzeichnung abgeleitet, die die Hauptsegmente des Gegenstands umfasst. „Das ist ziemlich einfach“, betont Lang. Mit Kreisen um die Segmente herum und an den Verbindungen wird der Raum für weitere Faltungen berechnet; dies ist deutlich aufwendiger. Am Ende steht der Faltplan, mit dessen Hilfe das Modell gefaltet werden kann. Vor etwa 20 Jahren hat Lang selbst an einem der ersten entsprechenden Computerprogramme mitgearbeitet. Mittlerweile gibt es viele Computerprogramme fürs Origami. Als größte Herausforderung betrachtet Lang heute das Falten von runden Objekten, etwa einer Blüte oder einer Vase.
Technische Anwendungen
Der frühere Mitarbeiter der US-Raumfahrtbehörde (NASA), der sich an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft sieht, setzt sich auch für die technische Anwendung des Origami ein. Origami könne überall eine Rolle spielen, wo etwas auf kleinem Raum verpackt werde, um sich später zu entfalten, sagt Lang. Die US-Raumfahrtbehörde entwickelt zum Beispiel ein Sonnensegel mit einem Durchmesser von 25 Metern, das in der Transportrakete so zusammengefaltet sein muss, dass es extrem wenig Raum einnimmt.
Wichtig sind in solchen Fällen stets auch die Mechanismen zum Entfalten. Materialien können beispielsweise vorgespannt werden, sodass sie sich selbst in eine Form bringen. Beim im Armaturenbrett von Autos zusammengefalteten Airbag sorgt ein kleiner Sprengsatz dafür, dass er in seine lebensrettende Form gebracht wird. Weitere Beispiele sind die sogenannten Stents, die in Blutgefäßen als Stütze aufgefaltet werden, oder auch Kunstlinsen, die bei Operationen im Auge entfaltet werden.
In Zellen von Menschen und anderen Lebewesen spielt die Faltung von Molekülen eine entscheidende Rolle. Eiweiße (Proteine) sind aus Aminosäuren zusammengesetzt, der Erbgutträger DNA unter anderem aus Basen. Die Moleküle liegen nicht als Kette vor, sondern als dreidimensionale, gefaltete Gebilde. Das Bild eines Wollknäuels kommt der Realität recht nah. Von der Faltung hängt die korrekte Funktion des Moleküls ab. Eine Forschergruppe um Hendrik Dietz von der Technischen Universität München versucht, mit den Grundprinzipien der molekularen Faltung neue Bausteine zu konstruieren. Als Grundlagenforscher müssen die Wissenschaftler beim Einfachsten beginnen. In ihrem Baukasten befinden sich Dreiecke, Würfel, Zahnräder, Scharniere, Greifer und Rotoren. Die Wissenschaft beziehungsweise Baukastenforschung wird als DNA-Origami bezeichnet. Zu den Forschungszielen gehört zum Beispiel, mithilfe von DNA-Origami kleine Nanomaschinen zu bauen.
Ein anderes Ziel verfolgt der Informatiker Erik Demaine vom Massachusetts Institute of Technology in Boston. Er will mit Laserhilfe Metallbleche strukturieren, um daraus beispielsweise Roboter zu falten. Die Idee dahinter: Was sonst lange dauert und viel Geld kostet, könnte vergleichsweise schnell erledigt werden.
Um eine anregende, sachliche und für alle Parteien angenehme Diskussion auf www.weser-kurier.de sowie auf Facebook zu ermöglichen, haben wir folgende Richtlinien entwickelt, um deren Einhaltung wir Sie bitten möchten.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.