
Vor allem in der CSU, die sich im Herbst zur Wahl stellen muss, sucht man geradezu verzweifelt den Königsweg zwischen Angleichung und Abgrenzung im Ringen mit der AfD.
Ein Ausdruck dessen ist Alexander Dobrindts Forderung nach einer bürgerlichen, einer konservativen „Revolution“. Allerdings hat die CSU das gleiche Problem wie die SPD: Sie muss aus der Regierung heraus Opposition gegen die Regierungschefin machen, bloß aus der entgegengesetzten Richtung. Laut und radikal, damit es die zur AfD desertierten Wechselwähler auch mitbekommen. Revolution!
Gegen wen? Gegen die vermeintlichen Eliten der 68er-Bewegung, die heute angeblich das Land beherrschen und die braven berufstätigen, steuerzahlenden Reihenhaus-Bürger mit linken Parolen und Verboten drangsalieren, dabei christlich-abendländische Werte und Traditionen schleifen. Nicht einmal Bremen könnte dafür als Beispiel herhalten. Dobrindt halluziniert eine Art DDR light in einem Land, das die meiste Zeit christdemokratisch-liberal regiert wurde.
Leider kann er auch nicht erklären, womit angesichts dessen der revolutionäre Anspruch erfüllt werden soll. Wiedereinführung der D-Mark, der Wehrpflicht und des Strafrechtsparagrafen 175? Austritt aus der EU, Volljährigkeit erst ab 21, Abschaffung aller Gesamtschulen und Verbot der Linkspartei? Das wäre revolutionär, aber so weit will die CSU natürlich nicht gehen. Man hofiert höchstens provokativ den ungarischen Präsidenten Viktor Orbán, der die Medien seines Landes an die Kette legt.
Von Groko, Merkel, linksliberalen Medien und Political Correctness frustrierte Konservative finden jenseits der AfD eher Trost in den Weiten des Internets. Dort stillen Menschen wie Michael Klonovsky die Sehnsucht nach prinzipienfestem Patriotismus. Der wortgewaltige ehemalige „Focus“-Redakteur, dekoriert mit dem Wächterpreis der Tagespresse, macht auf seinem Blog aus Dobrindts Phrasen ein schneidiges Programm: Rückbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Steuersenkung für Familien, Abbau von Sozialleistungen, Strafrechtsverschärfung und mehr Gefängnisse, zentralisiertes Bildungssystem, weniger Kulturförderung und natürlich deutliche Abstriche beim Ausländerrecht.
Das ist klar rechts, aber deshalb längst nicht faschistoid. Manches davon ist vielleicht sogar mehrheitsfähig. Die „schweigende bürgerliche Mehrheit“ hat aber womöglich ganz andere Prioritäten: sichere Jobs, bezahlbaren Wohnraum, genügend Kita-Plätze, flächendeckend schnelles Internet, Schutz vor Altersarmut, aber natürlich auch vor Kriminalität. Dies zu gewährleisten, ist konservativ im besten Sinne.
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