
Das Chorkonzert, auf das sich drei Worpsweder Ensembles und der Bremer Barbershop-Chor Singsation vorbereitet hatten, fiel dem stürmisch-nassen Wetter am Maifeiertag zum Opfer. Bis zuletzt hatte das engagierte Vorbereitungsteam vergebens auf einen Wetterumschwung gehofft. Am Vortag war das Gelände von der Gartengruppe des Vereins präpariert worden, hatten Aktivisten Bänke und Tische platziert und die traditionell gereichte Verpflegung für die Sängerinnen und Sänger bereitgestellt. Der starke Wind, die niedrigen Temperaturen und der Regen ließen aber kein Konzert zu. Und wo sich sonst zum Mai-Singen viele Zuhörerinnen und Zuhörer drängten, standen nur einige wenige Unentwegte, die das Konzert gern erlebt hätten. Organisator Narciss Goebbel und Freunde-Vorsitzende Susanna Böhme-Netzel sagten die Veranstaltung ab. Die Sängerinnen und Sänger des Männergesangvereins Concordia, des Worpsweder Kammerchors und des Galeriechors Worpswede wendeten die bedauerliche Situation zum Guten, indem sie in der Käseglocke den vielen freiwilligen Helferinnen und den wenigen Besuchern kleine improvisierte Spontankonzerte boten – ein schöner Ausklang eines eigentlich „gebrauchten Tages“. Ob das seit fast zwei Jahrzehnten stattfindende Mai-Singen, zu dem in den vergangenen Jahren bis zu 300 Besucherinnen und Besucher kamen, im Juli nachgeholt wird, steht noch nicht fest.
Uneingeschränkte Freude bescherte den Freunden Worpswedes dagegen ein Kammerkonzert im Saal der Alten Schule, das der Verein mit besonderer Unterstützung der Worpsweder Kirchengemeinde und Ulrike Dehnings sowie des Landschaftsverbands Stade aus Anlass der 800-Jahr-Feier Worpswedes bot. Die Kirchenmusikerin hatte für die Aufführung eines ungewöhnlichen Konzertprogramms vier überaus versierte Musiker gewonnen: Kerstin Stöcker (Alt) übernahm den Gesangspart, Johannes Dehning spielte am Flügel, Stefan Latzko Violine und Viola, und Rodrigo Blumenstock, wie Latzko seit Jahren Mitglied der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, war an Oboe und Englisch Horn zu erleben.
Im Mittelpunkt des Konzerts stand der Liederzyklus „Worpswede!“ von Paul Scheinpflug, der 1904 Gedichte von Franz Diederich vertont hatte. Diese musikalischen Hymnen auf die Natur und die Schönheit Worpswedes waren zuvor lediglich 1982 schon einmal im Schulzentrum des Ortes aufgeführt worden. Peter Elze, seinerzeit schon Vorstandsmitglied der Freunde Worpswedes, hatte damals von der Worpsweder Buchhändlerin Edda Schröter-Netzel einen Hinweis auf diesen Liederzyklus bekommen und die Worpsweder Uraufführung organisiert. Elze gab das in der Hamburger Musikhochschule professionell aufgenommene Werk 1987 in seinem Worpsweder Verlag auf Schallplatte heraus und war auch jetzt wieder maßgeblich am Zustandekommen des zweiten Konzertes beteiligt.
Sängerin Kerstin Stöcker und die drei Musiker arbeiteten die schon in den Gedichten Franz Diederichs (1865–1921) angelegten romantischen Beobachtungen zur Natur und zu den Jahreszeiten vorzüglich heraus. Komponist Scheinpflug (1875–1937), einst Konzertmeister des Bremer Symphonieorchesters und Leiter mehrerer Chöre, kannte die Eigenheiten der Worpsweder Landschaften und Stimmungen wie sein Freund Franz Diederich, der Redakteur der sozialdemokratischen Bremer Bürgerzeitung war, aus eigenem Erleben.
Die mit Klavier, Violine und Englisch Horn eigentlich sparsam instrumentierten Kompositionen bezaubern durch ihre vielfältigen Klangfärbungen, die die drei Instrumentalisten dosiert zur Geltung brachten. Umrahmt wurde der Liederzyklus „Worpswede!“ von den zwei Brahms-Liedern „Gestillte Sehnsucht“ und „Geistliches Wiegenlied“ sowie den mit Natursymbolik prall gefüllten fünf Schilfliedern von August Klughardt. Deren lyrisch-schwermütige Texte rezitierte Kerstin Stöcker jeweils vor der Instrumentalversion, die in der ungewöhnlichen Besetzung Oboe, Viola und Klavier dargeboten wurde. Diese fünf Lieder des Romantikers Klughardt hinterließen beim Publikum einen nachhaltigen Eindruck. Der reiche Beifall galt dabei sowohl der bemerkenswerten Interpretation als auch der stimmigen Werkauswahl dieses gelungenen Konzertes zur 800-Jahr-Feier Worpswedes. Wie sagte ein Zuhörer: „Welcher Ort kann schon für sich reklamieren, dass über ihn ein klassischer Liederzyklus verfasst wurde?“
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