
Kaum waren die Roller aus dem Hause Piaggio 1946 auf den Markt gekommen, organisierten sich die ersten Fahrer in sogenannten Vespa-Klubs. 2016 kam der Vespa-Klub „Warfleth Warriors SC“ hinzu.
SC steht für Scooter-Club, erläutert dessen Gründer Karsten Rehn. Die Verwendung des Begriffs Scooter (englisch für Roller) soll eine gewisse Offenheit gegenüber Mitgliedern signalisieren, die ihre Leidenschaft auf Rollern von anderen Herstellern verwirklichen. Rehn selbst bevorzugt die „Wespen“ aus Italien, auch wenn er zurzeit eine Lambretta restauriert, gebaut 1961 bei Innocenti. Ein neuer Auspuff ist schon dran. Neue Zylinder und Kolben sind bestellt, aber noch nicht geliefert. „Die Lambretta ist der Ferrari unter den Rollern“, schwärmt Rehn. „Wenn sie läuft, fährt sie sich wesentlich besser als eine Vespa. Dafür ist sie anfälliger und teurer.“
Vielleicht gilt die einfache, millionenfach verkaufte Vespa 50 mit ihrer klassischen Form aus Blechschalen deshalb bis heute als Inbegriff des Rollers. Schon die Ur-Vespa von 1946 sollte vor allem schlicht, sparsam und leicht fahrbar sein, der Reifenwechsel so einfach wie bei einem Auto und der Motor verdeckt, damit sich die Fahrer nicht schmutzig machten. Sehr viel komplizierter sollte die Technik der Vespa über viele Jahrzehnte auch nicht werden. Heute rümpfen eingefleischte Vespa-Fans schon mal die Nase über Modelle mit Viertaktmotor, Automatikgetriebe, Kunststoffbeplankung und moderner Elektronik.
Auch Karsten Rehn bevorzugt die Vespas der alten Art, die sich noch mit einfachen Standardwerkzeugen reparieren lassen. „Bei den alten Modellen nimmt man einen 13er Schlüssel, einen Schraubenzieher, dann geht es los.“ Weil so viel kaputt ging, habe er allerdings auch einiges an Lehrgeld bezahlt, berichtet Rehn in Erinnerung an seine Vespa-Anfänge und spricht sogar von einem teuren Hobby. „Aber man kann eine Vespa ein Leben lang fahren, wenn man gut mit ihr umgeht und nicht anfängt, sie zu frisieren.“
Heute fährt er eine blaue Vespa PX 200 GS von 1995 mit der typischen Stahlblechkarosserie, einem Ein-Zylinder-Zwei-Takt-Motor mit zwölf Pferdestärken und Viergang-Schaltgetriebe. Daneben parkt seine Vespa PK 125 in schwarz, deren 6,8 Pferdestärken von einem Automatikgetriebe zugeteilt werden. Es sind nur zwei der unzähligen Variationen, in denen die Vespa über mehr als sieben Jahrzehnte hergestellt wurde. Für die ganz alten und seltenen Modelle werden längst Liebhaberpreise bezahlt.
Die Faszination des Karsten Rehn für Vespa hat indes andere Gründe: „Zuerst einmal die Tradition. Sie hat eine schöne runde Form“, beginnt der 51-Jährige seine Aufzählung. „Keine sieht so aus wie die andere, weil jeder sie gleich ein bisschen verändert. Dann ist es das italienische Lebensgefühl, und man kann die ganze Welt damit bereisen.“ Sein erster Roller habe über 500 000 Kilometer zurückgelegt, bevor er nicht mehr zu retten war.
Allein 5000 Kilometer davon entfallen auf eine Urlaubsreise, die Rehn 1995 über Saint-Tropez in Südfrankreich und Rom bis nach Neapel führte. „Die Italiener schüttelten den Kopf, wie jemand so weit damit fahren kann.“ Ebenso viele Kilometer hatte die Frau auf dem Roller an seiner Seite auf der Italien-Reise zurückgelegt. „Das Erste was meine Frau machen musste, war der Führerschein“, erinnert sich Rehn an den Beginn ihrer gemeinsamen Zeit. „Dann habe ich ihr eine Vespa gekauft.“
Seit 2006 leben die Rehns in der Wesermarsch. Inzwischen gehört auch Sohn Carlos zu den Vespa-Fans in Warfleth. Bis der 13-Jährige auch auf öffentlichen Straßen Roller fahren darf, wollen Vater und Sohn eine Vespa XP 125 aus den 80er Jahren für ihn restaurieren – „natürlich mit USB-Anschluss und was man so braucht als 16-Jähriger“.
Als Karsten Rehn selbst nur wenig älter war, wollte er ursprünglich ein Motorrad. „Mein Vater hat es mir verboten, weil er Angst hatte, dass ich mich damit totfahre. Mit der Vespa war er einverstanden.“ Nachdem er zunächst die ausgediente Vespa 50 seiner Schwester übernahm, stieg er wenig später um auf seinen ersten großen Roller – eine Vespa 200 mit zwölf PS und Topgeschwindigkeit 105 Stundenkilometer. Das war 1986. Nachdem er zwischendurch eine Zeit lang Motorrad fuhr, kehrte Rehn zur Vespa zurück, gründete schließlich 1995 zusammen mit anderen Vespa-Fahrern in Celle seinen ersten Vespa-Klub und blieb dessen Präsident, bis er zum Studieren nach Braunschweig zog.
Erst kürzlich hat er die alten Freunde noch mal getroffen. Sein alter Klub hatte Ende Juni die „Vespa World Days“ ausgerichtet. Rollerfahrer aus 34 Ländern waren angereist, um den Vespa-Kult zu pflegen, gemeinsame Ausfahrten (nicht zu weit, damit auch 50er Roller mitfahren konnten) zu unternehmen und zu Live-Musik mit 50er Jahre Rock‘n‘Roll, Rockabilly, Ska und Reggae zu feiern. An einem Corso nahmen nach Angaben des Celler Klubs 7000 Rollerfahrer teil. Eine Ausstellung erinnerte an die Geschichte der in Deutschland produzierten Vespas. Dazu gab es einen Ersatzteile-Markt, einen Vespa-Schönheitswettbewerb und eine Akrobatik-Show – natürlich auf Rollern. „Vespa-Fahrer sind einfach verrückt“, meint der von der Show immer noch begeisterte Rehn.
Doch ein bisschen verrückt ist offenbar genau so, wie Rehn die Leute mag und von denen er sich nun weitere als Mitglieder für den Vespa Club in Warfleth erhofft. „Es muss passen.“ Echten Vespa-Fahrern bescheinigt er, ähnlich zu denken, die gleiche Musik zu mögen und sofort ins Gespräch zu kommen. „Mit denen kannst du reden, ein Bier trinken. Der Roller ist das Medium. Es ist eine große Vespa-Familie.“
Beim Gedanken an einige der Vespa-Familienmitglieder gerät er denn auch beinahe ins Schwärmen. Etwa, wenn er von einer Kolumbianerin erzählt, die bis Köln geflogen und von dort mit einer geliehenen Vespa nach Celle angereist sei. Auch Kyriakos Tsiftes aus Zypern hat ihn beeindruckt. Er war von Griechenland aus mit seiner Vespa 125 GTS durch mehrere Balkanstaaten und Österreich und schließlich zum Treffen nach Celle gekommen. Danach legte er noch einen Zwischenstopp bei den Rehns in Warfleth ein, bevor er sich auf den zweiten Teil seiner Europareise durch Belgien, Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland zurück nah Zypern begab.
Vom 4. bis 6. August soll es übrigens ein kleines Vespa-Treffen für geladene Gäste auf dem Hof der Rehns in Warfleth geben. Auf dem Programm stehen Ausfahrten am Tag und abends Geschichten erzählen beim Bier am Lagerfeuer. Platz fürs Übernachten in Zelten ist genug. Wer sich dafür begeistern kann, ist bei Karsten Rehn und dem Vespa-Club „Warfleth Warriors SC“ an der richtigen Adresse. Bislang besteht der Klub im Wesentlichen aus der Rehn-Familie. Weitere Mitglieder sind willkommen.
Kontakt zum Klub gibt es unter Telefon 0 44 06 / 9 57 26 33.
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