
Grohn. Der Männerclub St. Michael wird vierzig. Das soll am Sonnabend, 29. September, gebührend in der Kirche St. Michael und im neuen Gemeindehaus gefeiert werden. Als Auftakt findet um 17 Uhr ein Gottesdienst statt mit Gemeindemitgliedern, mit überhaupt allen Grohnerinnen und Grohnern sowie mit besonderen Gästen.
1978 lud der damalige Gemeindepastor Klaus Balz per Gemeindebrief zu einem Diskussionskreis ein: Die Geburtsstunde des Klubs, den Balz für über 37 Jahre erfolgreich vorbereitete und leitete. Seither treffen sich Männer der Gemeinde immer am letzten Donnerstag im Monat um 19 Uhr im Gemeindehaus und sprechen in gemütlicher Runde über Gott und die Welt, über Themen des Glaubens, auch über solche der Weltpolitik oder der Politik vor Ort, halt: buten und binnen. Abgemacht war, dass die Gespräche ohne parteipolitisches Gezänk geführt werden sollten, immer mit einem vorab festgelegten Thema.
Natürlich sind die meisten Teilnehmer dieser Runde nach vierzig Jahren in die Jahre gekommen, trotzdem sind die Abende spannend, meistens jedenfalls. Was das jeweilige Ergebnis der Gesprächsrunde betrifft, so kennt man seine Grenzen. Denn seit gut 30 Jahren ist das Abschlussmotto ein Brecht-Zitat aus „Der Gute Mensch von Sezuan“: „Wir stehen selbst enttäuscht und seh‘n betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen."
Falls sich nach all diesen Jahren doch mal hin und wieder ungewollte Routine einschleichen sollte, nun ja: Seit es in der Bremischen Evangelischen Kirche mit Pastor Achim Krebber auch einen Männerbeauftragten gibt, kommt neuer Schwung in das Geschehen. Unter anderem hat sich eine große Abordnung Grohner Männer mit anderen auf der Fahrt nach und auf Schalke dem Thema „Fußball und Religion“ gewidmet. Und überraschenderweise hat Werder, wohl auch dank dieser Unterstützung, dort gewonnen. Männer, die Lust und Zeit haben, dem Klub beizutreten, können das anlässlich dieses Jubiläums gern tun und sich all die Geschichten erzählen lassen.
Karl-Wilhelm Busch war von Anfang an mit dabei, obschon er die eigentliche Geburtsstunde, also den besagten ersten Diskussionsabend zur Verwunderung von Pastor Balz versäumt hat. Das frühere Beirats- und Bürgerschaftsmitglied ist heute Ansprechpartner für den Männerclub St. Michael und hat dessen Leitung nach dem Tod von Pastor Balz vor drei Jahren übertragen bekommen. Verwunderte Frage an ihn und seinen Klubbruder Meinhard Janz-Kondering: Wie schafft man es denn eigentlich, als Institution 40 Jahre lang von der Zeitung unentdeckt zu bleiben?
Nun, sagt Busch, immerhin habe es zum 25-jährigen Bestehen einen Bericht in der NORDDEUTSCHEN gegeben, in dem damals schlicht vom „Club“ die Rede war. „Ansonsten zeichnet uns wohl aus“, fügt Janz-Kondering hinzu, „dass unsere Lust zur Öffentlichkeit nicht allzu groß ist“. Aber jetzt steht halt ein Jubiläum an und da ist die Öffentlichkeit zugelassen, ja sogar eingeladen, mitzufeiern. Und für eine Öffnung gibt es noch einen anderen Grund: Die Teilnehmer, derzeit vierzehn, früher waren es zwanzig bis fünfundzwanzig, kommen in die Tage und es wird Nachwuchs gesucht.
Dürfen das auch Frauen sein? Oder sind Frauen ausgeschlossen? „Ausgeschlossen, nein“, sagt Busch, schließlich sei auch die Pastorin (Frauke Löffler) mit dabei. Aber, meint der Leiter, blättert im Gemeindebrief und tippt dann auf die gesuchte Seite: „Hier steht, dass es schon 1970, also schon vor unserem Männerclub auch einen Frauenclub gegeben hat, vielleicht auch: Frauenkreise“.
Wie auch immer: Jedenfalls sucht der Klub neue Teilnehmer, die sich Monat für Monat an einem Abend auf ein Thema einlassen, das ihnen auf den Nägeln brennt. In der Regel ist es der Leiter, der ein Thema vorschlägt und mit in die Runde bringt. Kann aber auch sein, dass einer der Klubbrüder einen Vorschlag macht und Busch und die anderen das dann aufnehmen. Themen entstehen gelegentlich auch in der Hitze der Diskussion und werden dann („Darüber lasst uns das nächste Mal sprechen!“) für den nächsten Termin übernommen. Ja und manchmal kann es ganz und gar aus dem Ruder laufen.
Zum Beispiel, erzählt Janz-Kondering, habe ein Mitglied einmal nebenbei verlauten lassen, dass er „dieses Jahr wieder nach Norwegen fährt“ und damit einen Schlagabtausch über „Dreckschleudern Kreuzfahrtschiffe“ losgetreten habe, über „Ökosünder“, „Umweltsch(m)utz“ und „Massentourismus“. Wobei er eigentlich nur hatte sagen wollen, dass er wieder zum Angeln (!) nach Norwegen fährt. Das erste Mal seit Jahren allerdings allein, der eine Angelfreund sei gestorben, ein anderer habe sich krankgemeldet. Und prompt geht das Gespräch in Richtung Alter, Gebrechen und Tod. „Das vorgeschlagene Thema kann sich also gelegentlich verflüchtigen, weiterentwickeln oder auf einen anderen Schwerpunkt überleiten“, beschreibt Busch die Gesprächsdramaturgie. Dass dabei auch gestritten wird, sei kein Geheimnis. „Aber“, versichern beide, „es habe noch nie eine Tür geknallt, noch nie eine beleidigte Leberwurst gegeben“. Und dass es nicht zu harsch einhergeht, dafür trägt auch Busch als Diskussionsleiter bei, gegebenenfalls auch als Schlichter.
Man spricht im Männerclub St. Michael also über Gott und die Welt. Was die „göttliche“ Sphäre betrifft, so kann das sein, über die Jahre verteilt: „Johannes Paul II., ein polnischer Papst wird gewählt“ (eines der Themen aus dem Jahr 1978), „Deutscher Evangelischer Kirchentag in Bremen“ (2009), „500 Jahre Reformation“ (2017, mit Altbürgermeister Jens Böhrnsen als Gast) oder eben „Mit Gott auf Schalke“ (2018). In die Kategorie „weltlich“ einzuordnen wären dann Themen wie „Maastrichter Vertrag wird unterzeichnet“ (1992), „Nelson Mandela wird Präsident“ (1994) oder „Reaktorkatastrophe in Fukushima“ (2011). Themen in diesem Jahr sind unter anderem gewesen „Freimarkt am Karfreitag?“, „Das Blaue Dorf in Grohn“ und „Warum gibt es eigentlich so viel Frauen als Pastorinnen?“.
Für neue Mitglieder, versichern Busch und Janz-Kondering, gibt es kein Aufnahmeritual und auch keine Probezeit. Und wenn einer mal so gar nicht in diese Runde passt, warum auch immer, so würde man das dem auch sagen können. Neulinge müssen auch keine Mutprobe bestehen, einzig, sagt Janz-Kondering, „er muss es ertragen können bei uns“. Interessenten sind jedenfalls gebeten, sich bei Karl-Wilhelm Busch unter 04 21 / 62 08 430 zu melden.
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