
Die Niederlande in Miniatur. Dieser Ruf eilt der Nordseeinsel Texel wegen ihrer vielfältigen Natur voraus. Ob Strand, Dünen oder Wälder, alle Landschaftsformen, die es in dem Königreich gibt, sind auch auf der Insel zu finden. „Alle zwei Kilometer bietet Texel etwas anderes“, sagt Marcel Wijnalda, der Urlauber über die Insel führt. Allein der Nationalpark „Dünen von Texel“ umfasst eine Fläche von 43 Quadratkilometern.
Selbst Wijnalda findet bei seinen Touren immer wieder Pflanzen oder Tiere, die er zuvor noch nie auf Texel zu Gesicht bekommen hat. Sein Smartphone hilft ihm dabei, die Entdeckung zu klassifizieren. Manchmal kann er auf das technische Hilfsmittel aber verzichten. „Da läuft ein Hermelin“, sagt der Pädagoge begeistert.
Ein Wahrzeichen der Insel lässt sich bereits vor der Ankunft von der Fähre aus erspähen. Die „Hoornderkerkje“, eine reformierte Kirche im Dörfchen Den Hoorn, fällt wegen ihres markanten weißen Kirchturms sofort ins Auge. „Früher half der Kirchturm den Kapitänen bei der Navigation. Ein rotes Lämpchen warnte beispielsweise vor Untiefen in der Nordsee“, erzählt Wijnalda. Die Lampen befinden sich bis heute an der Kirche. Die Schifffahrt ist aber mittlerweile nicht mehr auf das „Hoornderkerkje“ angewiesen.
Mit einer Fläche von 58 000 Hektar ist Texel die größte Insel der Niederlande. So groß war das beliebte Urlaubsdomizil aber nicht immer. „Ab 1500 wurde die Insel durch das Einpoldern von Land vergrößert“, sagt Wijnalda. Dadurch konnte Texel seine Fläche mehr als verdoppeln.
Finanziert wurde die Einpolderung von dem Belgier Nicolas Joseph de Cock. Als Dank dafür erhielt das jüngste Dorf der Insel seinen Namen. In De Cocksdorp befindet sich mit dem Leuchtturm das bekannteste Wahrzeichen von Texel. Wer die 118 Treppenstufen bis nach oben erklimmt, wird mit einem einmaligen Blick über Texel und, bei gutem Wetter, bis auf die Nachbarinsel Vlieland belohnt. Ob beim Auf- oder Abstieg sorgt auf halber Strecke ein Blick in das Toilettenhäuschen des Leuchtturmwärters für ein Schmunzeln bei den Besuchern. Mittlerweile wird der Raum aber von einer lebensgroßen Puppe bevölkert.
De Cocksdorp ist eines von insgesamt sieben Dörfern, die sich über die Insel verteilen und zusammen die Gemeinde Texel formen. Der Hauptort ist Den Burg. Mitten in der Innenstadt, umringt von kleinen inhabergeführten Läden und landesweit bekannten Geschäften, befindet sich das Atelier von Künstlerin Door Dogger. Das Material für ihre Arbeiten findet sie vielfach an den Stränden der Insel. Das sogenannte jutten, also das Auffinden von unterschiedlichen Gegenständen am Strand, hat auf Texel eine lange Tradition. Ob Schuhsohlen, Seile oder Styropor – Door Dogger vereint ihre Funde zu Kunstwerken. Ihren Stil nennt sie selbst „Texeldada“. „Dadaismus gab es bereits, deshalb habe ich für mich Texeldada entdeckt“, erzählt die gebürtige Texelerin. Die Verbundenheit zu ihrer Heimat macht sich auch bei ihren Kunstwerken bemerkbar, die häufig an die Silhouette der Insel erinnern.
Nur wenige Meter von dem Atelier entfernt befindet sich die Oudheidkamer. Das Heimatmuseum zeigt seinen Besuchern, wie die Menschen vor Jahrhunderten auf Texel lebten. Zu sehen gibt es unter anderem ein Wohnzimmer aus dem 17. Jahrhundert, das gleichzeitig auch als Schlafzimmer genutzt wurde. „Bis 1900 diente das Gebäude als Gästehaus, das Obdachlose und Fremde für maximal drei Nächte kostenlos nutzen konnten“, sagt Yvette Berndes. Die Oudheidkamer befindet sich in einem 1599 erbauten Haus, das damit eines der ältesten Gebäude auf der ganzen Insel ist. Fast unscheinbar aber dennoch eine Besonderheit ist der Garten des Hauses. „Wir haben hier den kleinsten Kräutergarten der Niederlande“, sagt Berndes. Ein Teil der Heilpflanzen wird zu Kräutertee verarbeitet, den die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Museums jeden Sonnabend für die Besucher zubereiten.
Das historische Texel lässt sich nicht nur in der Oudheidkamer erleben, sondern auch in der Seehundstation Ecomare. Zum Naturkundemuseum der Einrichtung gehört auch eine sogenannte Plaggenhütte, in der die Dünenbauern früher wohnten. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie sich, in dem sie Gemüsegärten und kleine Äcker bewirtschafteten. Außerdem hielten sie Schafe, die es noch heute zuhauf auf der Insel gibt.
Die Publikumslieblinge im Ecomare sind aber zweifelsohne die Seehunde. Pünktlich zu den Fütterungen scharen sich Besuchertrauben um die Becken. Interesse an den frischen Heringen zeigen aber auch die Möwen, die während der Fütterung über dem Außengelände kreisen und dabei auch den einen oder anderen Fisch stibitzen können. „Manchmal schnappt eine Möwe sich gleich drei Fische auf einmal. Ich weiß nicht, wo sie die alle lässt“, verrät Tierpflegerin Rowanne Huisman den Besuchern. „Wir haben es einmal gehabt, dass die Möwe einen Fisch wieder verloren hat. Der hat sich dann im Nacken einer Besucherin wiedergefunden.“
Im Ecomare werden Seehunde aufgepäppelt, die an den Stränden von Texel in Not geraten sind. „Wenn die Tiere wieder fit sind, kommen sie zurück ins Meer. Einige Seehunde leben aber auch dauerhaft bei uns, wenn sie zum Beispiel erkrankt sind und in der freien Wildbahn nicht überleben könnten“, berichtet Huisman. Im Ecomare gibt es aber nicht nur Seehunde, sondern auch ein Meeresaquarium mit Schweinswalen, die ebenfalls auf Texel gestrandet sind.
Zu den Urlaubern auf der Insel zählt sogar die niederländischen Königsfamilie. „Ich habe König Willem Alexander gemeinsam mit seiner Frau Maxima und seinen drei Töchtern zufällig mal auf einem Boot im Jachthafen von Oudeschild gesehen“, erzählt Marcel Wijnalda. Oudeschild ist heute der Heimathafen der Fischerei auf Texel. Gut 30 Kutter liegen dort noch an der Kaje. „Es ist ein beeindruckender Anblick, wenn die Schiffe am Freitagnachmittag nacheinander in den Hafen einlaufen“, sagt Wijnalda.
De Koog, der einzige Badeort Texels, liegt genau auf der anderen Seite im Westen der Insel. Kein anderer Ort auf dem Eiland sonst liegt direkt am Meer. Strandkörbe suchen Urlauber auf dem mehr als 30 Kilometer langen Sandstrand allerdings vergebens. Stattdessen gibt es kleine Strandhütten zu mieten, die sich direkt an den Dünen befinden und etwa vor Regen schützen. Außerdem bietet sich von dort ein einmaliger Blick auf den breiten Strand und die niederländische Nordsee.
Die Reise wurde von der Touristinfo der Insel, der VVV Texel unterstützt.
Gut zu Wissen
Anreise: Von Bremen aus führt der Weg mit dem Zug über Amsterdam weiter nach Den Helder. Vom Bahnhof aus verkehrt die Buslinie 33 direkt zum Fähranleger. Die Fahrkarte für den Bus kostet 1,50 Euro und gilt auch für die Rückfahrt vom Fährhafen zum Bahnhof. Die Überfahrt mit dem Schiff dauert circa 20 Minuten und kostet nur 2,50 Euro, ebenfalls für die Hin- und Rückfahrt. Die Fähre verkehrt in beiden Richtungen im 60-Minuten-Takt, im Sommer und am Wochenende gibt es zwei Verbindungen pro Stunde. Fahrkarten sind im Vorfeld über die Internetseite der Fährgesellschaft Teso (www.teso.nl/de/) oder direkt am Hafen erhältlich. Der Bus vom Bahnhof fährt im Anschluss an das Schiff und umgekehrt. Allerdings sind die Umstiegszeiten mehr als knapp bemessen.
Mit dem PKW ist Den Helder von Bremen aus über Groningen zu erreichen. Am Fährhafen stehen begrenzt kostenfreie Parkplätze zur Verfügung. Alternativ kann das Auto mit auf die Insel genommen werden. Die Überfahrt kostet für die Hin- und Rückreise zwischen 25 und
37 Euro.
Vor Ort: Texel lässt sich sowohl zu Fuß als auch mit dem Fahrrad erkunden. Verleihstationen gibt es an mehreren Orten. Zudem verfügt Texel über ein dichtes Busnetz. Zwischen dem Fährhafen, Den Burg und De Koog verkehrt ein- bis zweimal pro Stunde die Buslinie 28. Alle übrigen Orte können mit dem Texelhopper erreicht werden, einem kleinen Bus, der nur auf Bestellung unter texelhopper.nl fährt. Für beide Varianten kostet die einfache Fahrt drei Euro, eine Tageskarte gibt es für 7,50 Euro.
Unterkunft und Ausflüge: Unterkünfte können über die Touristinfo, die VVV Texel (www.texel.net/de/) gebucht werden. Darüber hinaus informiert das Büro über sämtliche Aktivitäten auf der Insel. Geführte Touren durch die Dörfer und Landschaften Texels organisiert Gästeführer Marcel Wijnalda. (www.txgids.nl/de/).
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