
Mein kleiner Bruder war fünf Jahre alt, machte viel Unsinn und steckte voller Streiche. Zum Kummer meiner Mutter hatte er immer ein Taschenmesser in seiner Hosentasche. In der Adventszeit sagte sie zu meinem Bruder: „Der Weihnachtsmann sieht alles, diesmal bekommst du bestimmt keine Geschenke von ihm.“ Mein Bruder wurde sehr nachdenklich.
Als er eines Tages vom Kindergarten nach Hause kam, erzählte er ganz stolz, dass er nun zwei Lieder singen könne, die mit Maria beginnen. Eines aus dem Kindergarten, und das andere habe er im Radio gehört. Nun könne ihm nichts mehr passieren, wenn der Weihnachtsmann käme.
Endlich war es soweit. Wir waren alle sehr aufgeregt und warteten auf das Läuten des Glöckchens. Ich hatte schon Bauchschmerzen und sagte im Stillen noch mein Gedicht auf. Dann stand der Weihnachtsmann vor uns. Zuerst kam er zu mir, da ich die Älteste war. Brav sagte ich mein Gedicht auf. Zum Schluss kam mein kleiner Bruder an die Reihe. Da sah der Weihnachtsmann in sein dickes Buch und sagte zu ihm: „Hier steht etwas von einem Taschenmesser, das du immer in deiner Hosentasche hast.“
Mein Bruder wurde ganz blass und sagte zum Weihnachtsmann: „Ich mache es nie wieder.“ Der Weihnachtsmann überlegte eine Weile. „Dafür musst du aber noch ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen.“ Mein Bruder war sehr erleichtert und erinnerte sich an das Lied aus dem Radio: „Maria … Mari-andel-andel-andel aus dem Wachauer Landel-Landel ...“
So bekam mein kleiner Bruder doch noch ein Geschenk vom Weihnachtsmann, der das Lachen kaum unterdrücken konnte. Ilona Schwalbe