Bremen. 100 Prozent Werder, das war einst eine schlaue, weil prägnante PR-Kampagne der Medien- und Marketing-Fachleute bei Werder. Durchaus prägnant ist auch der Umgang der Klubführung mit der Enthüllung der Gehaltskürzung beim kickenden Personal - allerdings als veritabler PR-GAU. Eisiges Schweigen, Nachhaken kann mit barschen Worten geahndet werden. Bestätigt ist das Einfrieren etwa der Hälfte des Septembergehalts deshalb nur inoffiziell, gespottet wird trotzdem: Aus 100 werden 50 Prozent Werder, und funktionieren, ja, das soll Werder heute gegen den SC Freiburg sowieso.
Eigentlich wäre der 23. Bundesliga-Vergleich der Bremer mit den Breisgauern alles andere als ein Aufreger. In der Regel gewinnt Werder, zuletzt sogar ausgesprochen torreich, und wenn die Mannschaft einen Aufbaugegner brauchte, war Freiburg zur Stelle. Diesmal jedoch ist alles anders: Ohnehin scheint in dieser Saison die Ausnahme die Regel zu sein, und so steht Werder, der Liga-13., schon rein sportlich deutlich mehr unter Zugzwang als der Sportclub, der Liga-Fünfte. 'Wichtig ist jetzt', sagt Verteidiger Clemens Fritz, ' Siege einzufahren, damit der Abstand nach oben nicht noch größer wird.' Und die Unruhe im Klub. Sagt der Spieler natürlich nicht, darf man aber - mit Blick aufs gesamte Stimmungsbild - getrost ergänzen.
Freiburg ist ein 'starker Gegner'
Denn nur ein Sieg gegen Freiburg hätte die Kraft, dem Vorgehen der Geschäftsführung gegen die eigenen Angestellten die Brisanz zu nehmen. Kurios: Ausgerechnet die Betroffenen dieser Disziplinierungsmaßnahme haben es selbst in der Hand, den Druck von der Sportlichen Leitung zu nehmen. Für die Spieler gilt deshalb heute Nachmittag: bloß keine halben Sachen, auch bei halbiertem Gehalt.
Ein Selbstläufer ist die Partie allerdings nicht; das war allerdings - mit Abstrichen beim 4:2 gegen Köln - noch kein Bremer Spiel in dieser Saison. Unisono 'einen starken Gegner' erwarten Tim Borowski und Sebastian Prödl, und auch Thomas Schaaf warnt vor dem Gast, den sein Team in einem Testspiel im Juli knapp mit 2:1 bezwungen hatte. 'Da haben sie schon gezeigt, dass sie gut in Form und eingespielt sind', sagt der Trainer. Lauffreudig seien sie, die Freiburger, und sie kombinierten gut. Schaaf: 'Das haben sie mit in die Saison hineingebracht.'
Und woran liegt das? 'Sie haben Harmonie in der Mannschaft', sagt Schaaf. Damit aber haben die Badener - ob der aktuellen grün-weißen Gesamtbetrachtung - Werder einiges voraus.
Zumindest personell kommt Werder dagegen deutlich gestärkt aus der Länderspielpause heraus. Fritz und Kapitän Torsten Frings sind wieder dabei und werden von Beginn an spielen, auf der Bank dürften Tim Borowski und der halbwegs genesene Claudio Pizarro sitzen. Da hilft es, die Unbilden dieser Woche zu negieren und aus der bislang letzten Partie Perspektiven zu ziehen für die weitere sportliche Entwicklung. 'Leverkusen', sagt Schaaf zu dem 2:2, das Werder vor zwei Wochen mit einer Rumpftruppe einfuhr, 'war schon ein Schritt nach vorn. Jetzt müssen wir den Weg so weitergehen und zusehen, dass wir das auch mit Ergebnissen untermalen.'
Über das Sportliche hinaus allerdings ist reden Silber und schweigen Gold. Kein Wort, welche Auswirkungen oder Folgen die eingeschränkte Lohnzahlung auf die Motivation der Mannschaft haben könnte (und welche sie überhaupt haben sollte). Vielleicht aber setzt die Maßnahme auch tatsächlich 'positive Gruppenprozesse in Gang', wie der münstersche Sportpsychologe Bernd Strauß vermutet. Denn 'hier geht es um Symbolik'. Mal sehen, zu welcher Symbolik das heutige Ergebnis taugt.