Das Saisonziel ist nun eindeutig benannt: Werder will sich in der neuen Spielzeit für den europäischen Wettbewerb qualifizieren. Wie realistisch ist dieses Ziel? Wo werden die Bremer am Ende landen? Die Mitglieder der Werder-Redaktion des WESER-KURIER geben ihre Saisonprognosen ab.
Jean-Julien Beer
Werder kann auch vor dieser Saison nicht sagen: Wir erreichen einen Europacup-Platz! Dafür gibt es zu viele Fragezeichen im Kader und eine zu starke Konkurrenz in der Liga. Um eine Chance auf die Rückkehr ins internationale Geschäft zu haben, müssten zunächst einmal genügend Konkurrenten patzen. Und dann müsste Werder stark genug sein, um das auszunutzen. Mit Blick auf den eigenen Kader ergeben sich zentrale Fragen: Bleibt Niclas Füllkrug gesund und erreicht er sein Topniveau? Bestätigt Milot Rashica seine starke Rückrunde? Bleibt das Innenverteidiger-Duo Niklas Moisander/Ömer Toprak gesund? Kann sich Yuya Osako in seiner neuen, wichtigen Rolle als effizienter Schlüsselspieler behaupten? Bringen Maximilian Eggestein und Davy Klaassen mehr Torgefahr aus dem Mittelfeld ein? Ist die Konteranfälligkeit vorbei? Das sind sechs Schlüsselfragen. Werden mindestens vier davon positiv beantwortet, kann Werder von Europa träumen. Andernfalls könnte es im ersten Jahr ohne Max Kruse ein böses Erwachen geben.
Malte Bürger
Vor einem Jahr gab es erhebliches Stirnrunzeln. Wie um alles in der Welt will ein Verein, der jahrelang gegen den Abstieg spielte, plötzlich in die obere Tabellenhälfte rutschen, vielleicht sogar nach Europa? Herausgekommen ist eine Saison, in der Werder phasenweise begeisterte und etliche Spieler einen Schritt nach vorne machten. Zumindest Letzteres ist abermals nötig, um der zahlungskräftigeren Konkurrenz auf den Fersen zu bleiben. In der Vorsaison ging der Stern von Milot Rashica auf, nun stehen Yuya Osako und Josh Sargent für eine Leistungsexplosion bereit. Und sie wird benötigt, denn es stehen arbeitsreiche Monate an. Die Mannschaft und Trainer Florian Kohfeldt haben bewiesen, was mit viel Herzblut und Akribie machbar ist. Wenn der Endspurt der Vorsaison eines gezeigt hat, dann ist es der Umstand, dass im Kampf um die europäischen Plätze bis zum Schluss alles passieren kann. Schafft es Werder erneut in den Schwarm der Anwärter, sollte Rang sechs oder sieben möglich sein.
Michael Baltes
Werder hat in der vergangenen Saison mit Blick auf die eigenen Möglichkeiten überperformt, es wäre sehr überraschend, wenn das in der neuen Spielzeit erneut gelingen sollte. Zumal der Kampf um die internationalen Plätze deutlich härter werden dürfte. Die Konkurrenz hat aufgerüstet, Werders Kader fehlt dagegen in der Breite die Qualität, um über die gesamte Dauer einer Saison im Bereich der ersten sechs Tabellenplätze mitspielen zu können. Selbst Trainerfuchs Florian Kohfeldt wird mit dieser Mannschaft keine Wunder vollbringen können. Das Team ist im Kern zwar zusammengeblieben und damit eingespielt, letztlich wird dieser kleine Vorteil aber nicht reichen für Europa. Zumal sich das Fehlen von Max Kruse auch bemerkbar machen wird. Werder landet im gesicherten Mittelfeld zwischen Platz neun und zwölf, nicht mehr – aber auch nicht weniger.
Christoph Bähr
Ja, Max Kruse ist weg. Ja, die Konkurrenz hat mächtig aufgerüstet. Aber man kann die Sache auch anders betrachten. Bis auf Kruse hat Werder alle Leistungsträger gehalten. Unter Trainer Florian Kohfeldt ist das Team im Ganzen kontinuierlich besser geworden – genauso wie viele einzelne Spieler. Je länger der akribische Trainingsarbeiter Kohfeldt die Mannschaft führt, desto besser versteht sie seine komplexen Ideen. Die Vorbereitung war gut, warum sollte Werder also in der neuen Saison nicht noch einmal einen Sprung nach vorne machen? Kruses Tore fehlen natürlich, aber Yuya Osako, Josh Sargent und Johannes Eggestein sind auf einem guten Weg. Milot Rashica macht nicht den Eindruck, als würde er einbrechen. Zugang Niclas Füllkrug ist für einige Tore gut, sofern er fit bleibt. Und Claudio Pizarro wird auch mit 41 Jahren noch Claudio Pizarro sein. Dazu bringt Ömer Toprak die lange fehlende Geschwindigkeit in die Abwehr. Mit Blick auf die Konkurrenz lässt sich festhalten: Trotz aller Anfangseuphorie wird nicht jeder neue Spieler und nicht jeder neue Trainer einschlagen. Werder kann daher mit einer eingespielten Mannschaft durchaus zwischen Platz fünf und sieben landen.
Christoph Sonnenberg
Das Motto für die Saison lautet: Es kann gut gehen, es kann aber auch schiefgehen. Die Erwartungshaltung ist durch die vergangene Saison extrem hoch, so kann und muss es weitergehen. Aber wie realistisch ist das wirklich? Eine Voraussetzung dafür wäre, dass sich kein Schlüsselspieler verletzt. Dass Milot Rashica eine stabile Saison spielt, die Entwicklung Maximilian Eggesteins voranschreitet. Dass Niclas Füllkrug gesund bleibt und zehn bis 15 Tore schießt. Und nicht zuletzt, dass Florian Kohfeldts taktischer Plan aufgeht, ohne Max Kruse dauerhaft erfolgreich zu sein. Und dann sind da noch die Konkurrenten, von denen zwei, drei Mannschaften die Möglichkeiten ihres Kaders nicht umsetzen dürften, damit Werder vorbeiziehen kann. Es gibt also einige Fragezeichen, die Werder durch die Saison begleiten. Geht es gut, reicht es für Platz sechs, geht es schief, bleibt nur Rang elf.