Man mag es kaum glauben, aber das letzte von Werder selbst erzielte Tor in der Bundesliga datiert auf den 14. Dezember 2019. Es war beim 1:6 gegen den FC Bayern in der Münchner Arena und erzielt hat es Milot Rashica. Nicht nur weil es das letzte seiner Art war, ist es ein besonderes Tor, auch wie Rashica es erzielt hat, war besonders. Erst lief er mit großer Leichtigkeit Jerome Boateng davon, dem Münchner Weltmeister. Und dann wuchtete er den Ball aus knapp 20 Metern mit so großer Härte und Präzision ins Tor, dass mit Manuel Neuer ein zweiter Weltmeister chancenlos war. Es war ein Tor wie ein großes, leuchtendes Ausrufezeichen.
Nicht nur dieser Treffer hat dafür gesorgt, dass Rashica längst in den Scoutingberichten der großen Klubs in ganz Europa auftaucht. Auch die sechs Treffer zuvor in der Saison oder die neun der vergangenen. Seit Rashica vor zweieinhalb Jahren von Vitesse Arnheim nach Bremen wechselte, hat er sich kontinuierlich entwickelt. Bei Werder schwärmen sie von Rashicas Lernkurve, die stetig aufwärts geht. All das bleibt anderen Vereinen nicht vorborgen. „Es gibt Interessenten und Gespräche gab es auch“, bestätigte sein Berater Altin Lala vergangene Woche zum ersten Mal und deutete damit auch die Pläne für den kommenden Sommer an: „Man muss vorbereitet sein. Vorbereitet auf alle Szenarien.“
Keine Klausel für die Bundesliga
Rashica und sein Berater sind vorbereitet, das lässt sich jetzt sagen. Nach Informationen des WESER-KURIER stehen die Rahmenbedingungen für einen Wechsel längst fest. Der 23-jährige Stürmer, der noch einen laufenden Vertrag bis 2022 in Bremen hat, hat in diesem eine Ausstiegsklausel verankert. Bei einem Transfer in eine der vier europäischen Top-Ligen – England, Spanien, Italien und Frankreich – beträgt die festgeschriebene Ablösesumme etwa 38 Millionen Euro.
Anders ist es, wenn Klubs aus der Bundesliga zugreifen wollen. Will der FC Bayern, RB Leipzig oder Borussia Dortmund sich die Dienste des Kosovaren sichern, ist die Ablösesumme frei aushandelbar. Eine spezielle Klausel für die Bundesliga gibt es nicht.
Auf die Ausstiegsklausel angesprochen, wiegelt Frank Baumann ab. „Zu vertraglichen Details äußere ich mich nicht“, sagt der Sportchef. Das habe er immer so gehalten und werde es auch künftig tun. Dass die Gespräche und Verhandlungen über Rashicas Zukunft im Hintergrund längst begonnen haben, bestreitet Baumann hingegen nicht. „Dass Milot einen Marktwert hat, ist bekannt. Wir wissen über seinen Berater, dass einige Klubs Interesse haben“, sagt Baumann im Gespräch mit dem WESER-KURIER.
Rashica wird Werders wertvollster Spieler
Das ist nicht ungewöhnlich in einer solchen Situation. Wenn Vereine Interesse an einem Spieler haben, wenden sie sich nicht zuerst an den Klub, bei dem er unter Vertrag steht. Zunächst wird Kontakt zum Berater aufgenommen, um die grundsätzliche Bereitschaft zu einem Wechsel abzuklopfen. Besteht diese, werden weitere Details geklärt, beispielsweise Gehalt, Vertragslaufzeit oder besondere Klausel-Wünsche. Erst wenn sich beide Seiten geeinigt haben, wird ein offizielles Angebot abgegeben. Dann werden die Transfer-Modalitäten zwischen den beiden Klubs besprochen.
So weit ist es bei Rashica noch nicht. „Wir haben mit keinem Klub verhandelt“, sagt Baumann auf Nachfrage zum derzeitigen Stand. Was nicht weiter ungewöhnlich ist zu diesem Zeitpunkt der Saison. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Werder zumindest einige der Vereine kennt, die Interesse an einer Verpflichtung haben. Und dass der Berater ohne Werders Kenntnis keine Gespräche mit anderen Klubs führt.
Als Werder Rashica im Januar 2018 aus der niederländischen Liga nach Deutschland holte, betrug die Ablösesumme rund sieben Millionen Euro. Würde ein Verein nun die festgeschriebenen rund 38 Millionen Euro bezahlen, hätte sich der Wert Rashicas in zweieinhalb Jahren deutlich mehr als verfünffacht. Unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet wäre es ein sehr guter Transfer. Er würde Rashica mit einem Schlag zum teuersten Werder-Spieler aller Zeiten machen.
Arnheim, Berater und Rashica verdienen mit
Nach Informationen des WESER-KURIER würde jedoch längst nicht die volle Summe nach Bremen transferiert. Einen guten Teil der Millionen soll Rashicas Ex-Klub, Vitesse Arnheim, bekommen. Eine Beteiligung beim Weiterverkauf eines Spielers ist international durchaus üblich. Und sie kann mitunter bis zu 20 Prozent betragen. Auch der Spieler selbst soll von einem Transfer partizipieren, genau wie sein Berater Altin Lala. Beides ist ebenfalls keine Seltenheit. Wie hoch die Beteiligung der jeweilige Partei ist, ist nicht bekannt.
Unterm Strich wird es für Werder ein gutes Geschäft bleiben. Rashica gehört und gehörte nie zum Kreis der Profis, die am besten entlohnt werden. Es fällt also in erster Linie die Ablöse ins Gewicht wenn es darum geht zu beurteilen, wie erfolgreich der Transfer war.
Den Versuch, den Vertrag vorzeitig zu verlängern, Rashica im Gegenzug mehr Geld zu bezahlen und ihm so einen längeren Verbleib schmackhaft zu machen, hat es gegeben. Wirklich ernsthaft wurde er jedoch nie verfolgt. Was eher an der Seite des Spielers lag.
Für einen Klub aus England sind die veranschlagten rund 38 Millionen Euro Kleingeld, da muss es sich nicht einmal um einen Verein aus dem Kreis der besten vier oder sechs handeln. Es gibt aber auch durchaus die Möglichkeit, dass der Transfer zu einem deutlich höheren Preis über die Bühne geht. Wenn zwei oder noch mehr Vereine Interesse an Rashica haben, könnten sich diese Klubs gegenseitig überbieten und so am Ende mehr Geld bei Werder landen. Das kann, muss aber nicht passieren. Als gesichert darf hingegen gelten, dass Rashica in der kommenden Saison nicht mehr in Bremen spielt.