Wer das Vormittagstraining in Grassau genau beobachtete, musste etwas schmunzeln. Zwischendurch wirkten die sehr intensiven Übungen wie eine Streicheleinheit für Niclas Füllkrug. Werders neuer Mittelstürmer hatte am Vortag in einer Medienrunde gerätselt, wo genau er künftig im System von Trainer Florian Kohfeldt spielen soll. Füllkrug will zentral in der Mitte angreifen, „das ist meine Position, ich bin ein Torjäger.“ Auf keinen Fall möchte er auf der Außenbahn spielen, wie etwa im Test gegen den 1. FC Köln. „Das ging gar nicht“, sagte Füllkrug, „auf der Außenbahn sehe ich mich überhaupt nicht. Dafür bin ich nicht der Typ.“ Gegen Köln spielte aber Yuya Osako zentral in der Spitze, der Japaner ist für Kohfeldt in der Startelf gesetzt. Und Füllkrug fragte sich, wo denn dann Platz für ihn sei, schließlich wolle er „immer spielen“.
In der ersten Spielform am Dienstag in Grassau ließ Kohfeldt nun ein flaches 4-4-2 formieren, und zwar ausdrücklich „mit Niclas und Yuya zentral in der Spitze“, wie er laut anordnete. Also mit dem Sturmduo Osako/Füllkrug. Der neue Torjäger grinste kurz, dann ging es in der intensiven Spielform zur Sache. Im zweiten Teil des Trainings gab es auf dem Nebenplatz eine weitere spezielle Trainingsform: Torschusstraining nach Flanken. Martin Harnik und Füllkrug durften sich hier zentral vor dem Tor austoben. Am Vortag hatte Füllkrug noch beklagt, dass Werder bisher kaum Torschusstraining geübt habe…
Natürlich stellte Werders Trainerteam die Übungseinheiten nicht für Füllkrug um. Die Bremer absolvieren am Chiemsee weiter das vorgesehene Programm. Und genau das ist ein schöner Beleg dafür, dass Kohfeldt & Co. natürlich die Trainingssteuerung für Füllkrug nach dessen Knorpelschaden genau im Blick haben, auch wenn der Torjäger ungeduldig mit den Hufen scharrt.
„Niclas hat bei uns etwas andere Aufgaben“
Entsprechend unaufgeregt reagierte auch Frank Baumann am Dienstag auf die Aussagen seines neu verpflichteten Mittelstürmers. Mit der Erfahrung aus seiner langen Profi-Karriere sagte Werders Sportchef dem WESER-KURIER: „Wir haben einen anderen Spielstil als Hannover 96. Niclas bekommt bei uns andere Bälle und hat auch etwas andere Aufgaben, das muss sich noch einspielen. Aber er wird bei uns auf keinen Fall als Linksaußen oder als Rechtsaußen an der Linie kleben, das ist doch klar.“ Bei der Besetzung der Angriffspositionen gehe es mitunter „um Nuancen“, erklärte Baumann, „Niclas wird auf jeden Fall seinen Platz finden“.
Zudem stützte der Sportchef die Einschätzung seines Cheftrainers. Kohfeldt hatte wegen Füllkrugs siebenmonatiger Verletzungsphase für Geduld geworben und es als eher unrealistisch betrachtet, dass Füllkrug schon zum Ligastart gegen Düsseldorf in Werders Startelf stehen würde. „Es wäre eine Überraschung, wenn das bei ihm so schnell gehen würde“, sagte der Coach. Eine völlig nachvollziehbare Sichtweise. Füllkrug konterte später mit einem für ihn typischen Satz: „Ich will immer spielen.“ Zoff-Potenzial birgt diese Personalie aber nicht. Kohfeldt kann sich freuen, einen torhungrigen und ehrgeizigen Knipser im Kader zu haben.
Und Füllkrug kann sich sicher sein, dass dieser Trainer ihn klug aufbaut und nicht verheizt. Denn Werder braucht Füllkrugs Tore. Baumann erklärte dazu: „Niclas kam aus einer Verletzung und muss sich dazu noch an unseren Spielstil gewöhnen, und das ist bei uns vielleicht noch mal eine Stufe anders als bei anderen Mannschaften. Da ist es nur sinnvoll, die Erwartungen an Niclas noch etwas zu bremsen, er hat ja noch nicht wirklich viel Spielpraxis.“ Baumann ist sich aber wie alle im Verein sicher: „Nach der Startphase wird Niclas für uns auf jeden Fall ein wichtiger Spieler sein.“ Diesen Satz wird natürlich auch Füllkrug gerne hören – oder hier lesen…
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!