Eigentlich hatte Tobias Kempe schnell eine Ecke ausführen wollen, doch dazu kam der Profi des SV Darmstadt 98 gar nicht. Als er sich am vergangenen Samstag in der 83. Minute nämlich den Ball zurechtlegte, segelte erst einmal ein gefüllter Bierbecher an ihm vorbei. Das Wurfgeschoss, das aus einem Block der Südtribüne geflogen kam, traf glücklicherweise nicht den 32-Jährigen, sondern landete auf dem Rasen. Auf den Fernsehbildern war gut zu sehen, dass sich nicht nur Kempe, sondern auch zahlreiche Werder-Fans entsetzt umschauten. Schließlich war keine 24 Stunden zuvor in Bochum die Bundesliga-Partie zwischen dem gastgebenden VfL und Borussia Mönchengladbach abgebrochen worden, weil in einer ganz ähnlichen Szene der Schiedsrichter-Assistent am Kopf erwischt worden war. Auch Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald wurde Augenzeuge des Becherwurfs im Weserstadion – und war entsprechend angesäuert.
„Für den Becherwurf fehlt mir jegliches Verständnis“, betonte er auf Nachfrage unserer Deichstube. „Ich war auch ziemlich aufgebracht, als ich das im Stadion gesehen habe. Gerade nach dem Bochum-Spiel am Tag zuvor und den dortigen Ereignissen ist mir ein solcher Wurf unerklärlich.“ Immerhin: Die Suche nach dem Verursacher war eine kurze. Weil die umstehende Bremer Anhängerschaft nämlich nicht nur lautstark pfiff und den Wurf verurteilte, sondern auch Hinweise an das Sicherheitspersonal gab. „Wir haben den Werfer identifiziert und seine Daten aufgenommen. Er wurde vom Ordnungsdienst dann auch aus dem Stadion gebracht und hat den Abpfiff nicht mehr im Stadion erlebt“, erklärte Hess-Grunewald.
Doch das sollte nicht der letzte unsportliche Aufreger der Partie gewesen sein. In der Nachspielzeit tauchte zu allem Überfluss noch ein Flitzer auf dem Feld auf, der aber zügig abgeführt wurde. Erfahrungsgemäß dürfte Werder dennoch nicht um eine Strafe seitens des DFB-Sportgerichtes herumkommen. „Diese werden wir gegebenenfalls an diese Person weitergeben“, kündigte Hess-Grunewald bereits an. Darüber hinaus werden der Flitzer und auch der Becherwerfer für eine ganze Weile ohne einen Besuch im Weserstadion auskommen müssen. „Beide erhalten auf jeden Fall ein Hausverbot auf unbestimmte Zeit“, bekräftigte der Werder-Präsident. „Wir stehen für Fairness, solche Aktionen haben in keinem Stadion der Welt etwas zu suchen.“
Im Gegenzug lobte der 61-Jährige das Verhalten der übrigen Zuschauer: „Ich habe wahrgenommen, dass es sofort Reaktionen der umstehenden Fans im Block gab. Sie waren sich anders als der Becherwerfer der Lage bewusst“, erklärte Hess-Grunewald, „und da muss ich sagen: ,Hut ab‘".