Ex-Werderaner von Lienen in den USA Bereit zum Durchstarten

Bei Werder hatte er keine Profi-Perspektive, jetzt will er es in den USA schaffen. Mein Werder begleitet Lukas von Lienen auf diesem Weg und berichtet regelmäßig, was der Torwart in Amerika erlebt.
11.09.2018, 13:01 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Bereit zum Durchstarten
Von Christoph Bähr

Zwei Minuten – mehr Zeit blieb Lukas von Lienen manchmal nicht, um sich nach dem Fußballtraining zu duschen und umzuziehen. Schließlich wollte er nicht zu spät kommen zur nächsten Vorlesung. Der junge Torwart hat enorm stressige, aber auch enorm aufregende erste Wochen in den USA hinter sich. Er ist jetzt Teil der „Broncos“, dem Fußballteam der Western Michigan University. Und der 19-Jährige ist Student, hat seine Ausbildung zum Piloten begonnen. „Studium und Fußball zu vereinbaren ist eine harte Aufgabe. Man bekommt hier nichts geschenkt“, sagt er zu Mein Werder.

In der vergangenen Saison spielte von Lienen noch in der U19 von Werder Bremen. Er war die Nummer zwei hinter Luca Plogmann, der gerade in Frankfurt sein Bundesliga-Debüt feierte. Anders als sein Konkurrent besaß der Ersatztorwart bei Werder keine realistische Profi-Perspektive, also reifte in ihm der amerikanische Traum. Über den College-Fußball will sich von Lienen für die Major League Soccer (MLS) empfehlen. Eine Agentur vermittelte ihm Angebote von zehn Universitäten, und er entschied sich für die Western Michigan University.

Die Uni liegt in der ruhigen 74.000-Einwohner-Stadt Kalamazoo. Die nächstgelegene Großstadt ist Chicago, wo von Lienen nach seiner Ankunft erst einmal über die gigantischen Wolkenkratzer staunte. „Solche riesigen Gebäude kennt man in Bremen nicht.“ Auch die Saisonvorbereitung lief dann ganz anders ab als in Deutschland. „Offiziell dürfen die College-Mannschaften erst zwei Wochen vor dem ersten Spiel mit dem Training anfangen“, erzählt von Lienen. Um richtig fit zu werden, ging es bei den „Broncos“ aber schon eine Woche früher als erlaubt los. Nur der Trainer durfte nicht dabei sein. „Diese eine Woche nennt man Captains Practice. Unser Teamführer leitete die Einheiten, die geprägt waren von extrem viel Konditionstraining“, sagt von Lienen.

Verletzung in der Vorbereitung

Der Teamspirit, wie sie in Amerika sagen, sei extrem ausgeprägt, „weil die College-Saison viel härter ist als die Spielzeit in Deutschland. Wir haben drei, vier Spiele pro Woche über drei Monate hinweg“, verdeutlicht von Lienen. Inzwischen ist die Saison in vollem Gange. Die ersten drei Partien (ein Sieg, zwei Niederlagen) verpasste von Lienen, weil er sich in der Vorbereitung das Knie verdreht hatte. Bei seinem Debüt am vierten Spieltag konnte er die 0:1-Niederlage gegen die University of Illinois Chicago nicht verhindern, wurde aber für seine fünf Paraden auf der Webseite der „Broncos“ gelobt. Auch von Lienens zweiter Einsatz endete mit einer Niederlage: 2:3 nach Verlängerung im Prestigeduell gegen die University of Michigan. In seiner dritten Partie klappte es dann endlich mit dem ersten Sieg. Von Lienen zeigte beim 2:1-Erfolg über die Drake University drei Paraden.

Die Niederlagenserie der „Broncos“ ist also beendet, dennoch hinken sie den Erwartungen hinterher. Der Trainer hat schon einige Strafeinheiten um 6 Uhr morgens angesetzt. Zuletzt stand das Team schließlich im Viertelfinale der landesweiten College-Meisterschaft. „Da wollen wir wieder hin“, unterstreicht von Lienen. Einfach wird das nicht, denn das Niveau im College-Fußball ist hoch. „Aufgrund der Größe des Landes gibt es insgesamt 206 Mannschaften in der ersten Liga. Um es mit Deutschland zu vergleichen, würde ich sagen, dass die oberen Mannschaften bestimmt Regionalliga bei uns spielen könnten“, schätzt von Lienen.

Autogramme nach dem Spiel

Auch das Drumherum ist beachtlich. Im Durchschnitt verfolgen 2000 Zuschauer die Heimspiele der „Broncos“. Nach dem Abpfiff legen die Spieler stets eine Extraschicht ein, setzen sich an einen Tisch und schreiben Autogramme für Kinder. Die Gefahr, dass von Lienen bei solch einem Starkult die Bodenhaftung verliert, besteht aber nicht. Dazu muss er viel zu hart arbeiten. „Bei Auswärtsspielen verpasst man einen ganzen Tag an Unterrichtsstoff. Das wieder nachzuholen erfordert viele Hausaufgaben“, sagt er. Manchmal schläft der 19-Jährige abends mit Kopfschmerzen ein, wenn der Tag wieder ganz besonders stressig war und auch noch unerwartete Probleme wie ein kaputtes Auto auftreten. Selbst in solchen Momenten bereut er es jedoch nicht, dass er in die USA ausgewandert ist. „Man freut sich auf jeden neuen Tag“, betont von Lienen. „Es ist schon jetzt eine Erfahrung, die mein Leben bereichert.“

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