Ein Abend für Fußballfeinschmecker war es nicht. Fieser Regen, leere Ränge, dazu eine Bremer Mannschaft, die auch gegen die TSG Hoffenheim weit entfernt war von schönem oder gar dominantem Fußball: So muss man den erkämpften Punkt bei diesem 1:1 eher schon als Erfolg verbuchen, denn die Gäste waren dem Sieg in einigen Szenen deutlich näher. Den genauen Wert dieses Ergebnisses wird Werder erst am Montagabend kennen, wenn Leverkusen den Spieltag gegen Augsburg beendet hat (20.30 Uhr). Der erneute Punktgewinn beschert Werder nun acht Zähler nach fünf Spieltagen, das reicht zu einem sicheren Platz in der vorderen Tabellenhälfte, weit weg vom Ligakeller. Allerdings könnten Leverkusen oder Augsburg noch an Bremen vorbeiziehen.
Nach einer unruhigen Woche mit dem positiven Coronatest von Felix Agu, der kurzzeitigen Quarantäne des gesamten Teams und den verletzungsbedingten Ausfällen von Ludwig Augustinsson, Patrick Erras (beide Oberschenkel) sowie Davie Selke (Leistenprobleme) musste Florian Kohfeldt sein Team umbauen. Der Trainer vertraute dabei in der Abwehr auf seinen zuletzt nicht mehr berücksichtigten Kapitän Niklas Moisander, zudem stand Defensiv-Allrounder Christian Groß erstmals in dieser Bundesligasaison in der Startelf. Nach seiner etwas längeren Quarantäne schaffte es Neuzugang Tahith Chong, der zunächst als enge Kontaktperson von Agu eingestuft worden war, immerhin wieder auf die Bank. Dort musste zunächst auch Milot Rashica im ersten Heimspiel nach seinem nicht geglückten Wechsel Platz nehmen, nachdem der Angreifer seine Kollegen bei seinem Kurzeinsatz in Freiburg mit mangelndem Engagement erzürnt hatte.
Frühe Führung durch Eggestein
Gegen Hoffenheim, das vom letztjährigen Bremer Leistungsträger Kevin Vogt als Kapitän aufs Feld geführt wurde, erwischte Werder einen traumhaften Start: Schon nach fünf Minuten traf Maximilian Eggestein zu 1:0-Führung. Theo Gebre Selassie hatte auf der rechten Außenbahn überraschend viel Platz und nutzte das für einen weiten Vorstoß, am Strafraum legte er in die Mitte quer zu Eggestein, der den Ball aus 14 Metern mit links ins Netz schoss. Es war der erste Saisontreffer für Eggestein, der in der Regel aus seiner tieferen Position im defensiven Mittelfeld nicht mehr so oft zum Torabschluss kommt.
Doch man sah den Gästen in der Folge nicht an, dass ihnen noch ein Spiel in der Europa League in den Knochen steckte, erst am Donnerstag hatte Hoffenheim mit 2:0 gegen Roter Stern Belgrad gewonnen. Die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß drängte nun aus allen Lagen auf den Ausgleich in Bremen. Ein harter Fernschuss von Christoph Baumgartlinger ging noch knapp vorbei (14.), aber nach 22 Minuten zappelte der Ball zum 1:1 im Netz: Nach einer schnellen Kombination und einem unglücklich abgefälschten Ball von Moisander kam Nationalspieler Sebastian Rudy rechts in Position und konnte den mitgelaufenen Dennis Geiger bedienen, der unhaltbar einschoss.
Füllkrug musste verletzt raus
In der Folge wurde es etwas wilder. Zunächst forderte Werder einen Foulelfmeter, doch das Gerangel von Vogt mit Josh Sargent reichte nicht für einen Pfiff. Leonardo Bittencourt hatte mit zwei Freistößen kein Glück, die er jeweils aus knapp 20 Metern aufs Tor schoss: In beiden Fällen musste Philipp Pentke nicht eingreifen, der Hoffenheims Stammtorhüter Oliver Baumann vertrat, der wegen eines Magen-Darm-Infektes nicht spielen konnte. Die TSG kam der Halbzeitführung jetzt deutlich näher, doch Munas Dabbur und Robert Skov scheiterten in aussichtsreichen Positionen an ihrer Ballkontrolle oder an der Schulter von Werder-Torwart Jiri Pavlenka.
Bitter für Bremen: Noch vor der Pause musste Niclas Füllkrug angeschlagen in die Kabine. Am Führungstor war er mit einem Ballgewinn noch indirekt beteiligt gewesen, doch dann hinderten ihn Probleme an der linken Wade am Weiterspielen. Während Füllkrug enttäuscht zum Duschen humpelte, durfte Yuya Osako dessen Platz im Sturmzentrum einnehmen.
Auch Osako angeschlagen
In der zweiten Halbzeit ließ sich Werder gleich wieder hinten hineindrängen. Fast hätte Geiger das mit seinem zweiten Treffer bestraft, doch sein Schuss wurde in letzter Sekunde von Manuel Mbom zur Ecke geblockt (49.). Werder taumelte nun wie ein angeschlagener Boxer durchs leere Weserstadion und schaffte in dieser Phase kaum mehr Entlastung. Hier wurde deutlich, dass Werder derzeit die Mittel fehlen, um einen ballsicheren Gegner vor Probleme zu stellen. Kohfeldt hatte das geahnt, als er vor dem Anpfiff am Spielfeldrand beim Interview mit dem TV-Sender „Sky“ erklärte: „Es wird etwas dauern, die Abläufe der letzten drei Jahre wieder zu finden und Dominanz auszustrahlen. Wir müssen also andere Wege finden, um Spiele zu gewinnen.“
Hoffenheim erwies sich als bisher spielstärkster Bremer Gegner in dieser Saison. Wenn Werder nach der Pause in die Nähe von Torgefahr kam, dann war meist Bittencourt gegen seinen vorherigen Verein beteiligt. Etwas zielstrebiger im Spiel nach vorne wurde Werder durch die Hereinnahme von Kevin Möhwald in der 72. Minute. Schade für das Team: Auch Osako musste vorzeitig verletzt vom Feld, er klagte über Schmerzen im Knie. Für den Japaner kam kurz vor Schluss Chong. Am Ergebnis änderte sich nichts mehr: Werder verbuchte mit dem zweiten 1:1 in Folge einen weiteren Punktgewinn und ist nun immerhin seit vier Spielen ungeschlagen.