Viel Zeit ist noch nicht vergangen seit die erste Bundesligasaison nach dem Aufstieg des SV Werder Bremen zu Ende gegangen ist. Und trotzdem laufen die Planungen für die neue Spielzeit schon längst auf Hochtouren. Einem alten Fußball-Mythos zufolge ist das vor allem deshalb wichtig, weil die Bremer beim Versuch, erneut die Klasse zu halten, eine wahre Herkules-Aufgabe zu meistern haben: das „verflixte zweite Jahr“…
„Sicherlich gibt’s diesen Mythos, dass das zweite Jahr schwieriger ist“, sagt Werder-Profi Leonardo Bittencourt, um anschließend schmunzelnd zu hinterfragen, ob das „in irgendwelchen Zahlen und Geschichten“ belegbar sei: „Ist das so? Ist das Fakt? Wer sagt das denn?“ Die Antwort darauf ist zunächst einmal beruhigend, komplette Entwarnung gibt die Statistik aber trotzdem nicht.
Schaut man auf die Tabellenkonstellationen der vergangenen 15 Spielzeiten, lässt sich zunächst festhalten, dass seit der Saison 2008/09, in der die Relegation wieder eingeführt wurde, nur sieben der 32 Aufsteiger in ihrem zweiten Bundesligajahr wieder abgestiegen sind. Zwei weitere Mannschaften mussten zudem in die Relegation, konnten sich dort aber jeweils retten.
Das erste Bundesliga-Jahr ist für Aufsteiger gefährlicher als das "verflixte" zweite
Gefährlicher ist da das erste Bundesligajahr, das der SV Werder Bremen im Gegensatz zu Mitaufsteiger Schalke 04 schadlos überstanden hat. Denn im genannten Zeitraum mussten gleich zehn Clubs sofort wieder den bitteren Gang in die zweite Liga antreten. Hinzukommen zwei Neulinge, die erst in der Relegation die Klasse halten konnten. Insgesamt fanden sich in den letzten 15 Jahren also zwölf Aufsteiger nach ihrer ersten Saison auf einem der letzten drei Plätze wieder. Im „verflixten zweiten Jahr“ traf es dagegen insgesamt nur neun Teams.
Ohnehin erwischte es deutlich häufiger vermeintlich gestandene Bundesligisten: 24 Mannschaften landeten „trotz“ drei- oder mehrjähriger Bundesligazugehörigkeit am Stück am Ende einer Saison auf den Plätzen 16 bis 18. Zehn der elf Tabellen-16. konnten sich anschließend übrigens in der Relegation behaupten - einmal auch Werder (2019/20 gegen Heidenheim).
Müssen sich die Grün-Weißen um Leonardo Bittencourt vor der zweiten Saison nach dem Aufstieg also keine Sorgen machen? So einfach ist es auch wieder nicht, zeigt zumindest der Trend: Denn vor der Spielzeit 2022/23 stand in vier Saisons in Serie jeweils mindestens ein Team auf einem der letzten drei Plätze, das in seinem zweiten Bundesligajahr war. Außerdem hat es fünf der genannten sieben Zweitjahres-Absteiger in den vergangenen sieben Spielzeiten erwischt. In den acht Saisons davor dagegen nur zwei. Hinzukommt, dass sich in den vergangenen fünf Spielzeiten zwei Mannschaften nach ihrem zweiten Bundesligajahr erst in der Relegation zum Klassenerhalt gezittert haben. In den acht Jahren zuvor war das nie nötig gewesen.
„Ich bin kein Freund von solchen Statistiken“, sagt Werders Leiter Profifußball Clemens Fritz über den Zweitjahres-Mythos und fügt hinzu: „Für unsere Mannschaft sollten wir dem gar nicht so viel Gewicht geben.“ So will Fritz „unsere große Stärke, bei uns zu bleiben“ beibehalten. Derartige Statistiken sieht er als „Negativeinflüsse und Gedanken, die uns in unserer Entwicklung hemmen können".