Welche Rolle Max Kruse für Werder spielt, hat Alexander Nouri vergangene Woche noch einmal verdeutlicht. Kruse, Garant für sportliche Qualität, ist der wichtigste Baustein des Bremer Kaders. Der Fixstern, um den sich alles dreht. Dass er das kommende Saison bleibt, hofft Nouri, denn „darauf sind unsere Planungen ausgelegt“. Die Mannschaft minus Kruse, das will er sich nicht vorstellen. Niemand im Klub will das. Aber diese Vorstellung ist bis zum kommenden Montag allgegenwärtig und real.
Dann, am 31. Juli, endet die Ausstiegsklausel, die Bestandteil von Kruses Vertrag ist. Für eine festgeschriebene Ablösesumme von 15 Millionen Euro ist er zu haben. Angesichts der enormen Beträge, die derzeit im Fußball gezahlt werden, ein Schnäppchen. Natürlich kennt Nouri den genauen Inhalt der Klausel, Frank Baumann ebenfalls. Und auch die Mitspieler wissen mittlerweile über die Details Bescheid.
Kruse selbst hat sie im Kreise der Kollegen ausgeplaudert, während des Trainingslagers im österreichischen Zillertal. Im Whirlpool des Posthotels, seit Jahren Werders Domizil in Zell, hat Kruse frank und frei über die genauen Inhalte der Klausel gesprochen. Ob er gedenkt, sie zu nutzen, hat er beim Plausch im warmen Pool nicht verraten.
Baumann weiß um die brenzlige Situation
Ob nun bis Montag tatsächlich ein Klub zugreift, ist die spannende und zentrale Frage. Sie treibt die Werder-Fans um, noch ein wenig mehr die sportlich Verantwortlichen. Zwei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel den wichtigsten Mann abgeben zu müssen, wäre ein Alptraum. „Dann müssten wir uns da noch mal Gedanken machen“, sagte Nouri vergangene Woche dem WESER-KURIER.
Baumann weiß um die brenzlige Situation. Ein kurzfristiger Abschied Kruses würde den Sportdirektor verstärkt unter Druck setzen. Ohnehin sollen noch ein Stürmer und ein Innenverteidiger her, und das zu realisieren, ist schwierig genug. Gerade die Marktpreise für Angreifer liegen weit über dem tatsächlichen Niveau. „Es ist sehr viel Geld im Markt vorhanden, das ausgegeben werden muss“, erläutert Baumann. Für einen Klub ohne gut gefülltes Festgeldkonto ist die Lage entsprechend schwieriger. Ob und wen Baumann holt, entscheidet sich wohl erst gegen Ende der Transferperiode. „Das kann sich noch hinziehen“, räumt der Sportdirektor ein. Werders Problemzonen gleichen denen anderer Klubs. „Viele Bundesligisten haben Bedarf im Sturm und der Innenverteidigung. Man sieht, dass es anderen Klubs genauso ergeht wie uns. Da ist es nicht so leicht, Lösungen zu finden.“
Das gilt auch für Zlatko Junuzovic. Ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages beschäftigt er sich verstärkt mit seiner Zukunft. Wo die liegt, hängt wohl auch von Kruse ab. Nur wenn er bleibt, würde für Junuzovic die Chance auf einen vorzeitigen Wechsel bestehen. Möglich ist aber auch, dass der neue Kapitän seinen Vertrag in Bremen vorzeitig verlängert. Das ist der Wunsch Baumanns. „Wir wollen Zlatko halten“, sagt er. Und glaubt, vom Spieler positive Signale empfangen zu haben. „Ich spüre seine Bereitschaft, zu verlängern.“ Ein erstes Angebot hat Junuzovic freilich abgelehnt. Er hätte zwischen 30 und 40 Prozent weniger Gehalt akzeptieren müssen, dazu ist er nicht bereit. Aber Baumann deutet gegenüber dem WESER-KURIER an, sein Angebot nachzubessern: „Es ist nicht das letzte Wort, es gibt immer mehrere Gesprächsrunden. In einem andauernden Prozess bewegen sich beide Seiten aufeinander zu.“
Wenn Kruse bleibt, kann Junuzovic gehen
Auch bei Junuzovic ist der Ausgang offen. Die Offerte von Trabzonspor hat er abgelehnt. Und gleichzeitig verkündet, dass ein Wechsel damit nicht grundsätzlich vom Tisch sei: „Man weiß ja nie, was kommt.“ Nun ist mit Orlando City SC der nächste Interessent gekommen und hat ihm einen Drei-Jahresvertrag angeboten. In der ersten Verhandlungsrunde hat Baumann eine Ablöse von zehn Millionen aufgerufen. Die Summe lässt sich als Signal verstehen, Junuzovic nicht abgeben zu wollen. Doch die Amerikaner sind hartnäckig.
Eine realistische Chance auf Junuzovic besteht aber wohl nur, falls Kruse bei Werder bleibt. Darüber wird Montagnacht Klarheit herrschen. In Amerika schließt das Transferfenster am 9. August. Dazwischen liegt ein Zeitfenster, das Orlando nutzen will, um bei Baumann einen weiteren Versuch zu unternehmen, Junuzovic zu holen. Es könnte ein heißer August werden.