Der Plan war, sie in den kommenden Jahren langsam an die Bundesliga heranzuführen. Aber wie es eben so ist mit Plänen, oft kommt etwas dazwischen, und dann muss ein neuer her. In diesem Fall waren es neun Verletzte, die Florian Kohfeldt ersetzen musste. Und so waren gegen RB Leipzig einige Spieler im Bremer Kader, die zwar über einen Profi-Status verfügen, aber über keine bis kaum erwähnenswerte Erfahrungen in der Bundesliga: Benjamin Goller, Luc Ihorst, Ilia Gruev oder Simon Straudi. Es sind Namen, die nicht jedem Werder-Fan etwas sagen. Der WESER-KURIER stellt sie und ihre Perspektive vor.
In Zeiten knapper Finanzen wird es immer wichtiger, die Mannschaft aus Spielern zu bilden, die im Klub ausgebildet und aufgebaut wurden. Das ist günstiger, schafft eine größere Identifikation zwischen Spieler, Klub und Fans. Und nicht zuletzt lockt es andere Talente, wenn die Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs- und Profiabteilung groß ist und der Weg in die Bundesliga möglich. Vereine, die das möglich machen, gelten als vorbildlich.
Dass der Weg lang und beschwerlich sein kann, erlebt gerade Ole Käuper. Von Kohfeldt als kommende Nummer 6 im Bremer System bezeichnet, ist der 22-jährige Käuper mit dieser Absicherung seiner Zukunft offenbar nicht zurechtgekommen. Der Umweg über Zweitligist Aue und Drittligist Jena, wo er Spielpraxis sammeln sollte, hat sich bei Käuper als Sackgasse entpuppt. Der Fall zeigt, dass es auf das fußballerische Potenzial ankommt, in größerem Maße aber auf die Bereitschaft, gegen Widerstände anzugehen. Da unterscheidet sich ein guter von einem sehr guten Fußballer. Dass Goller, Ihorst & Co erste Einsatzminuten bekommen haben oder einen Platz im Kader, besagt also nicht, dass sie tatsächlich Werders Zukunft sind.
Benjamin Goller (20): Der wieselschnelle, trickreiche Rechtsaußen ist in seiner Entwicklung wohl am weitesten. Beim FC Schalke stand er mehrfach im Bundesliga-Kader, in der Champions League kam er vor knapp einem Jahr gegen Moskau sogar zu einem Kurz-Einsatz. Dass Goller gegen Leipzig starten durfte, zeigt Kohfeldts Vertrauen. Bereits beim 2:1 in Berlin durfte er kurz auflaufen. Goller könnte den Sprung in die Bundesliga schaffen.
Luc
Ihorst
(19): Er ist schnell, mit 1,90 Meter groß und wuchtig, und seine Position ist im Sturmzentrum – diese Attribute haben ihn nach dem Ausfall von Niklas Füllkrug gegen Leipzig zu seinem kurzfristigen Ersatz gemacht. „Luc ist schon ein Mann“, hat Kohfeldt seine Wahl begründet, Ihorst und nicht David Philipp nachnominiert zu haben. Was überraschend kam, weil Ihorst bisher kein einziges Training bei den Profis mitgemacht hat. Ihorst ist ein klassischer Strafraumstürmer mit stetig guter Trefferquote, zumindest im Juniorenbereich. Nach Verletzungen an der Patellasehne und der Leiste vergangene Saison, sollte er diese Saison kontinuierlich in der U 23 spielen, um im Herrenfußball anzukommen. Denn der Schritt vom Jugend- zum Herrenspieler ist extrem groß und braucht Zeit. Ihorst wird der Schritt zum Bundesligaspieler zugetraut.
Simon
Straudi
(20): Eingefädelt wurde der Transfer vom FC Südtirol 2016 von Thomas Wolter, Florian Kohfeldt soll ein Fürsprecher gewesen sein. Im Juniorenbereich spielte Straudi im zentralen, meist defensiven Mittelfeld. Er ist zweikampfstark, griffig und verfügt über eine gute Mentalität. Er hat Geschwindigkeit auf den ersten Metern und traut sich etwas zu. In der U 23 kommt Straudi jedoch nicht auf seiner angestammten Position zum Einsatz, sondern wird zum rechten Verteidiger umgeschult. Das dürfte seine Kader-Nominierung erklären, denn in der Defensive ist die Personaldecke zuletzt besonders dünn gewesen. In naher Zukunft wird Straudi eher keine Rolle spielen.
David Philipp (19): Mit 14 Jahren konnte er sich den Klub aussuchen, zu dem er geht, etliche standen zur Auswahl. Daran, dass er sich für Werder entschieden hat, soll Kohfeldt beteiligt gewesen sein. Philipp gilt als Freigeist im offensiven Bereich, im Mittelfeld hinter den Spitzen. Er ist auf dem Platz das, was man als rotzfrech bezeichnet: Er tunnelt den Gegner, schießt Freistöße aus 40 Metern direkt auf das Tor und hat bei alldem eine Scheiß-egal-Haltung. Mitunter übertreibt er das Risiko. Philipp bringt sehr viel Talent mit – und gilt im Klub als potenzieller Bundesligaspieler.
Ilia
Gruev
(19): Er gilt nach Ansicht von Experten als spannendster Spieler im Nachwuchs. Hohe Spielintelligenz, noch höhere Passsicherheit sowohl bei kurzen als auch langen Bällen, beidfüßig. Gruev verfügt über eine gute Orientierung und findet sich sehr schnell auf dem Platz zurecht. Er gilt als geradlinig und sehr klar im Kopf. Noch meidet er enge Räume, also dort, wo es auch mal etwas härter zur Sache geht. Kohfeldt gilt als sein Förderer, nicht erst, seit Gruev senior in seinem Trainerstab arbeitet. Es könnte noch etwas dauern, aber Gruev wird seinen Weg bei Werder gehen.
Diese Perspektivprofis hat Werder derzeit verliehen
In jedem Jahr bringt der Klub neue Talente heraus, die den Weg bis in die Bundesliga schaffen sollen. Denn das ist das Ziel, das die Nachwuchsabteilung immer im Blick hat: Spieler für die Bundesligamannschaft auszubilden. Um Nachwuchsspieler an die Profis heranzuführen, werden sie mitunter verliehen. Für die Bundesliga reicht es noch nicht, also sollen sie in anderen Spielklassen Spielpraxis sammeln. Derzeit hat Werder gleich elf Perspektivspieler verliehen, damit sie sich in anderen Klubs weiterentwickeln, und sie anschließend gut genug für den Bremer Profi-Kader sind. Oder, das ist die Alternative, sie werden verkauft und bringen so zusätzliche Einnahmen.
Torwart Michael Zetter an PEC Zwolle (bis 2021), Jannes Vollert an Halle (2021), Nilas Beste an Emmen (2020), Thore Jacobsen an Magdeburg (2020), Felix Beijmo an Malmö (12.2019), Ole Käuper an Jena (2020), Romano Schmid an Wolfsberg (2020), Manuel Mbom an Uerdingen (2020), Niklas Schmidt an Osnabrück (2021), Boubacar Barry an Uerdingen (2020) und Jonah Osabutey an Mouscron (2020).
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!