Für den Außenstehenden war das vergangene Spiel gegen Wolfsburg natürlich sehr abwechslungsreich und unterhaltsam. Es gab viele Tore und gute Offensivszenen. Für die Trainer war die Begegnung aber sicherlich nicht so angenehm – jedenfalls dann nicht, wenn man ausschließlich den defensiven Part betrachtet.
Nach vorher guten Abwehrleistungen hat Werder jetzt mal wieder fünf Tore auf einmal kassiert. Das ist nicht schön, aber es geht den anderen Mannschaften ja mitunter auch so, dass da mal solch ein Leistungsabfall vorkommt. Die Bremer haben es dieses Mal nicht geschafft, mit der nötigen Konzentration und Entschlossenheit in den entscheidenden Momenten zu agieren. Gegen Bayern war das beispielsweise noch deutlich besser, als man die Münchener weitgehend vom Strafraum fernhalten konnte. Man muss aber auch sagen, dass die Wolfsburger mit Wout Weghorst und John Anthony Brooks eine unheimliche körperliche Präsenz hatten, mit der sie gerne in den gegnerischen Strafraum drangen. Werder hat zwar insgesamt gut im Raum gestanden, war aber nicht eng genug an den Gegenspielern. Dadurch konnten die Bremer die Wolfsburger oft nicht am Abschluss hindern. In München sah das noch deutlich kompakter aus – und das war für mich der große Unterschied.
Ich glaube allerdings nicht, dass jetzt alles, was sich die Mannschaft vorher mühsam aufgebaut hat, durch dieses eine Spiel wieder kaputtgegangen ist. Wichtig ist nur, dass das Team an seine Stärken glaubt und wieder ganz schnell dahin kommt, konzentriert, kompakt und kompromisslos im Defensivverbund zu agieren. Dann werden auch automatisch wieder weniger Gegentore fallen.
Eine ganz enge Kiste
Jetzt kommt am nächsten Spieltag mit dem VfB Stuttgart ein extrem gefährlicher Gegner, der in dieser Saison noch kein Spiel in der Fremde verloren hat. Das ist wirklich ein Team, das mich absolut positiv überrascht. Dabei geht es gar nicht nur um die Punkteausbeute, sondern insbesondere um die Art und Weise, wie Fußball gespielt wird. Die Mannschaft von Trainer Pellegrino Matarazzo steht nicht nur unheimlich kompakt, sondern besitzt auch sehr schnelle und quirlige Spieler. Das wird eine ganz, ganz schwierige Aufgabe. Daher rechne ich am kommenden Sonntag mit einer engen Kiste.
Werder hat zusätzlich das Problem, dass mit Manuel Mbom und Kevin Möhwald zwei wichtige Alternativen im Mittelfeld gesperrt ausfallen. Gerade über die Gelb-Rote Karte für Möhwald wurde viel diskutiert, doch ich würde da nicht zu hart mit ihm ins Gericht gehen. In solch einer Situation wie vor dem Platzverweis denkst du gar nicht daran, was ein Foul bedeuten könnte. Du willst in diesem Moment einfach nur den Konter unterbrechen. Kevin Möhwald hat ja auch selbst hinterher gesagt, dass es ein Reflex war, ihm danach aber sofort klar war, was nun passieren würde. Das ist natürlich ärgerlich, aber ich würde ihm da keinen Vorwurf machen. Es wird jetzt interessant, wie die Lücke gefüllt werden soll. Christian Groß könnte etwa zurück ins Mittelfeld gezogen werden, und sofern Milos Veljkovic wieder fit wird, könnte er dann hinten in die Dreierkette rücken. Vielleicht ist auch Patrick Erras jetzt endlich so weit, dass er als zweiter Sechser seine Chance bekommt. Natürlich hat er bislang noch keine Akzente gesetzt, aber da erinnere ich mich gern an die Anfänge meiner Karriere zurück. Ich habe damals ein Dreivierteljahr lang überhaupt keine Rolle gespielt, kam dann aber im März 1989 im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen den Hamburger SV zum Einsatz.
Das war mein allererstes Spiel von Anfang an, und es hat funktioniert. Meine Rolle war natürlich eine andere, denn ich musste „nur“ Thomas von Heesen ausschalten und brauchte nicht diesen Rundum-Blick, wie er heute nötig ist. Aber dieser Job ist mir geglückt, wir haben 1:0 gewonnen und standen im Halbfinale. Und von da an habe ich jedes Spiel gemacht. Es kann also auch jetzt mit Patrick Erras funktionieren. Wenn der Trainer ihn bringt, da bin ich mir sicher, wird der Spieler alles geben, um zu zeigen, dass diese Entscheidung richtig war.
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