Abstiegskampf scheint mehr zu beflügeln als die Aussicht aufs internationale Geschäft: So jedenfalls wirkte es am Sonnabend lange Zeit in Hannover. Dass Werder Bremen beim 1:1 (0:1) trotz einer über weite Strecken enttäuschenden Leistung einen Punkt holte, gehört zu den Geheimnissen des Fußballs und den Besonderheiten des Abstiegskampfes. Der Tabellenvorletzte Hannover 96 baute trotz ordentlicher Leistung seine Serie auf nun schon 16 Spiele ohne Sieg aus.
Wer war hier der Abstiegskandidat? Wer hatte zuletzt sieben Punkte aus drei Spielen geholt und schielt in Richtung Europa League? Wer es nicht besser wusste, musste Werder für den Abstiegskandidaten halten. Werder hatte in der ersten Hälfte nicht eine einzige Torchance, gerade einmal jeder zweite Pass nur kam beim Mitspieler an, auch die Mehrzahl der Zweikämpfe gewannen die 96er.
Trotzdem glückte Werder spät noch ein Treffer. Es musste (natürlich) ein ruhender Ball herhalten. Es traf (natürlich) Zlatko Junuzovic. Aus gut 20 Metern verwandelte der österreichische Nationalspieler seinen bereits fünften Freistoß in dieser Saison (78.). Das 1:1 war für Werder mehr als glücklich. Wie ein würdiger Anwärter auf die Europa League wirkte Werder nie.
Katastrophale erste Halbzeit
Erschreckend, wie ideen- und leblos Werder auftrat. Nach vorne ging fast nichts, viele hohe und lange Bälle landeten postwendend beim Gegner. "Die erste Halbzeit war die schlechteste der Saison neben dem Bayern-Spiel", kommentierte Manager Thomas Eichin.
Das Sturmduo Davie Selke/Franco Di Santo, bisher 22 Saisontore, setzte sich selbst nie in Szene, erhielt aber auch überhaupt keine Bälle. Bezeichnend: Eine einzige Flanke brachte Werder in den ersten 45 Minuten zustande. Zum Vergleich: Allein Hiroshi Kiyotake flankte sechs Mal für Hannover.
Aber es hakte nicht nur vorne und in der Mitte. Auch die Bremer Abwehr, die zuletzt in drei Spielen nur zwei Gegentore kassiert hatte, wirkte wackelig, unsortiert und ohne den letzten Biss. So auch beim ersten Tor des Tages: Eigentlich war die Situation längst geklärt, als Miiko Albornoz auf Höhe der Mittellinie einen hohen Ball Richtung Bremer Strafraum spielte. Dort standen Assani Lukimya und Theodor Gebre Selassie gegen den wuchtigen Jimmy Briand nur Spalier. Briands Kopfballverlängerung fand in Lars Stindl einen dankbaren Abnehmer. Ein Schritt schneller als Jannik Vestergaard war der 96-Kapitän am Ball und vollendete frei vor Werder-Torwart Koen Casteels zum 1:0 (21.).
Hannover verpasst das zweite Tor
Die Führung für Hannover war schon zu diesem Zeitpunkt verdient. Nach ihrem Aufenthalt im Kurztrainingslager in Harsewinkel wirkte die Mannschaft entschlossener und mutiger als die Bremer – und hatte nach der Führung weitere Chancen. Kiyotake köpfte an den Pfosten, allerdings stand der Japaner im Abseits (23.). Danach verpasste der Ex-Bremer Christian Schulz zweimal knapp (26., 33.).

Maßarbeit: Zlatko Junuzovic setzt einen weiteren Freistoß genau in den Winkel.
Spielstatistik: Hannover 96 - Werder Bremen 1:1 (1:0)
Hannover: Zieler - Sakai, Marcelo, Schulz, Albornoz - Sane, Schmiedebach - Stindl, Kiyotake (67. Karaman), Prib - Briand (86. Ya Konan)
Werder: Casteels - Gebre Selassie, Lukimya, Vestergaard, Sternberg - Bargfrede (46. Öztunali), Fritz, Junuzovic, Hajrovic (46. Bartels) - di Santo, Selke (90. Makiadi)
Tore: 1:0 Stindl (21.), 1:1 Junuzovic (78.)
Gelbe Karten: Marcelo, Briand, Sane, Stindl - Vestergaard
Zuschauer: 49.000
Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach)
Ballbesitz in %: 55,6 - 44,4
Torschüsse: 12 - 9
gew. Zweikämpfe in %: 54,1 - 45,9
Fouls: 16 - 19
Ecken: 8 - 1