Der Plan war eigentlich ein ganz anderer. Nicht nur für Werder insgesamt, sondern auch für Marco Friedl im Speziellen. Der 21-Jährige sollte in aller Ruhe nach seiner festen Verpflichtung im Sommer den nächsten Schritt zum verlässlichen Bundesliga-Profi machen. Doch die Zeit bekam der Österreicher nicht. Er wurde sofort gebraucht. Weil seine Nebenleute und Konkurrenten reihenweise ausfielen, stand Friedl in den ersten elf Ligaspielen durchgängig auf dem Platz. Und wie Werder fuhr auch der Verteidiger ordentlich Achterbahn, bei ihm gab es unter dem Strich ebenfalls mehr Tiefen als Höhen. Nachdem er deshalb eine verständliche Auszeit bekam, war er zuletzt gegen Köln wieder gefragt.
„Er hat heute fast zum ersten Mal auf seiner Position gespielt, nämlich als Innenverteidiger“, sagte Florian Kohfeldt am vergangenen Wochenende. „Das gehört bei ihm zur Wahrheit dazu.“ Der Bremer Chefcoach hätte den Ex-Münchener genau dort lieber neben einem erfahrenen Profi reifen sehen, doch Friedl musste während des Ausfalls von Ludwig Augustinsson auf der linken Seite aushelfen. Es war keine völlig unbekannte Aufgabe für den U21-Nationalspieler, aber eben auch nicht der Job, den alle Beteiligten bevorzugten. „Die Spiele, die von ihm in der Hinrunde teilweise nicht gut waren, die waren auf einer Position, wo du ständig ins frontale Eins-gegen-eins kommst“, sagte Kohfeldt. „Er ist sehr gut darin, nach vorne zu verteidigen, er ist grundsätzlich gut im Passspiel.“ Das kleine Wörtchen „grundsätzlich“ zeigt allerdings auch gut, dass es noch Luft nach oben gibt. „Er kann diagonale Spielverlagerungen spielen, die gehobenes Bundesliganiveau sind, das hat man auch in Köln gesehen“, sagte Kohfeldt trotzdem, um den vielen Zweiflern ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Probleme gegen schnelle Spieler
Marco Friedl hat in der abgelaufenen Halbserie häufig im Fokus der Kritik gestanden. Daran änderte auch ein wichtiger Treffer beim 2:2 gegen Borussia Dortmund nichts. Besonders gegen Leverkusen und Mönchengladbach sah er nicht so gut aus, als Teams mit schnellen Außenangreifern über seine Seite kamen. Gegen Freiburg verursachte er unnötig den Freistoß vor dem späten Ausgleichstreffer. Überhaupt wirkte es zwischenzeitlich so, als hätten gegnerische Mannschaften genau ihn als Schwachpunkt ausgemacht.
Als dann Ludwig Augustinsson im Dezember endlich zurückkehrte, hatte Friedl erst einmal ausgedient. Drei Partien lang blieb er auf der Bank. Erst als Werder gegen die Bayern unterging, war er noch eine Halbzeit dabei. Und jetzt eben in Köln. „Das war eine Hinrunde zum Vergessen. Für euch, für uns, für den ganzen Verein“, schrieb Friedl am Sonntag auf seinem Instagram-Profil. „Aber wir wären nicht Werder, wenn wir nicht schon wieder nach vorne schauen würden. Es gibt viel zu besprechen und zu verbessern, doch jetzt sollten wir alle erst einmal zur Ruhe kommen und bei unseren Familien Kraft für das neue Jahr 2020 tanken.“
Kohfeldts Vertrauen
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Friedl die Energie direkt wieder brauchen wird. Augustinsson ist erneut verletzt, auch in der Innenverteidigung gibt es keine Gesundheitsgarantien. „Ich glaube weiter an ihn“, betonte Kohfeldt. „Er kann Linksverteidiger spielen, aber das ist dann wirklich auch eher nicht seine optimale Position. Ich sehe ihn als linker Innenverteidiger. Oder auch als Mittelmann einer Dreierkette. All das ist möglich.“ Sowohl für den Trainer als auch den Spieler geht es deshalb darum, eine bessere Balance für die Rückrunde zu finden. „Für das ein oder andere muss ich ihn deshalb in Schutz nehmen“, so Kohfeldt. „Er muss sich aber auch weiter entwickeln, das ist gar keine Frage.“
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