Augenscheinlich voll besetzt war der Gästeblock des Hamburger Volksparkstadions beim Nordderby, doch er gab trotzdem ein anderes Bild ab als sonst. Nur wenige Fahnen und Banner waren zu sehen. Eine Choreografie der Bremer Anhänger vor dem Anpfiff gab es nicht. Inzwischen ist klar, woran das lag: Viele Werder-Ultras verpassten das Spiel, weil die Hamburger Polizei sie ausgiebig kontrollierte. Wie eine Polizeisprecherin am Sonntag gegenüber MEIN WERDER mitteilte, wurden 171 Fans und 31 Fahrzeuge überprüft. Dabei hätten die Beamten verbotene Gegenstände wie Sturmhauben, ein Pfefferspray und ein Einhandmesser sichergestellt.
Vier Menschen wurden nach Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, weil sie einen Beamten bedroht haben sollen. "Nach Spielende haben Polizisten die vier Personen zur Autobahn-Auffahrt geleitet", sagte die Sprecherin. Weitere Details zu dem Einsatz und zur rechtlichen Grundlage dafür könne sie aktuell nicht nennen, erklärte sie. Ob nur Ermittlungsverfahren gegen die vier erwähnten Fans oder noch weitere Verfahren eingeleitet wurden, konnte sie somit nicht sagen. Am Montag will die Hamburger Polizei noch genauere Informationen veröffentlichen.
Dass die Werder-Ultras auf dem Weg zum Stadion gestoppt wurden, hatte bereits am Sonnabend für viel Ärger in der Fanszene gesorgt, denn so etwas passierte nicht zum ersten Mal. Es war das dritte Nordderby in Hamburg nacheinander, bei dem die Polizei Ultras aus Bremen aufhielt. Im April 2016 waren rund 100 Werder-Anhänger betroffen, im November 2016 mehr als 200. Dieses Mal wurden laut der Internet-Plattform "Faszination Fankurve" Mitglieder der Ultra-Gruppen Infamous Youth, Ultra-Team Bremen, L'Intesa Verde und Caillera von der Polizei überprüft.
Die Fans waren mit Autos angereist und hatten sich auf einem Parkplatz im Stadtteil Lurup wenige Kilometer vom Volksparkstadion entfernt getroffen. Die Polizeikontrolle begann laut "Faszination Fankurve" etwa um 15 Uhr und dauerte bis nach dem Abpfiff des Spiels, "ohne dass es zu nennenswerten Straftaten kam". Den Beamten habe vor allem die von der Polizei unbemerkte "konspirative Anreise" der Fans missfallen, schreibt das Fan-Portal.
Werder-Anhänger kritisierten das Vorgehen der Beamten in den sozialen Netzwerken als Schikane ohne rechtliche Grundlage. Der Verein kündigte via "Twitter" an, dass er sich darum kümmern werde, genauere Erkenntnisse zu der Situation zu erlangen. Am Sonntag wollte sich Werder noch nicht zu den Vorfällen äußern und erst einmal den kompletten Polizeibericht abwarten. Auch das Fan-Projekt Bremen hat bislang keine Stellungnahme abgegeben. (crb)