Die feiernde Mannschaft vor dem feiernden Gästeblock – als Werder Bremens Auswärtsspiel beim FC Erzgebirge Aue am Sonntagnachmittag beendet war, befand sich das Erzgebirgsstadion fest in grün-weißer Hand, ja selbst das Vereinsmotto des Gegners – es schien sich plötzlich auf Werder zu beziehen. Auf der LED-Bande direkt zwischen jubelnden Bremer Profis und Anhängern tauchte plötzlich der Slogan „Im Schacht brennt weiter Licht!“ auf, und diese kleine Hommage an die Bergbau-Region Aue, sie hätte die aktuelle Gefühlslage rund um Werder nicht viel besser beschreiben können.
Großer Traum vom Aufstieg lebt
Nach einem hart erkämpften 3:0 (0:0)-Erfolg am vorletzten Spieltag lebt der große Bremer Traum vom Aufstieg mehr als je zuvor – nur noch ein mickriger Punkt trennt die Mannschaft jetzt noch von der Bundesliga-Rückkehr. „Das Motto gehört zwar Aue, aber heute passt es gut zu uns“, strahlte Leonardo Bittencourt kurz nach dem Abpfiff, als es ein großes Stück wahrscheinlicher geworden war, dass Werder den „Schacht 2. Bundesliga“ am kommenden Sonntag als Aufsteiger verlässt. Selbst wenn es in Aue zunächst überhaupt nicht danach ausgesehen hatte.
„Das ganze Spiel war sehr eng und nervenaufreibend. Am Ende hat es sich im Kopf entschieden“, sagte Werders Cheftrainer Ole Werner, dessen Team bereits nach 30 Sekunden einen großen Schreckmoment erlebt, nämlich einen Gegentreffer kassiert hatte. Aus kurzer Distanz schob Aues Tom Baumgart plötzlich ein, allerdings vergeblich, weil Dimitrij Nazarov zuvor im Abseits gestanden hatte. Eine Szene, die für fahrige Bremer absolut als Weckruf hätte taugen können, doch Werder tat sich auch in der Folge enorm schwer mit einem Gegner, der sich für sein letztes Heimspiel vor dem bereits feststehenden Abstieg in die 3. Liga sehr viel vorgenommen hatte.
„Wir haben in der ersten Halbzeit einige Probleme gehabt“, sagte Marco Friedl, dessen Team in Durchgang eins nur ein einziges Mal nennenswert vor das gegnerische Tor gekommen war. Da Niclas Füllkrugs Querpass auf Sturmpartner Marvin Ducksch allerdings viel zu schlampig geriet, verpuffte die Szene ohne Ertrag (24.). Wenig später gab es dann einen personellen Rückschlag für Werder: Abwehrchef Ömer Toprak musste nach nur 35 Minuten ausgewechselt werden, weil seine Wadenverletzung erneut aufgebrochen war. Zuvor hatte auch der Kapitän einer nervös-fehlerhaften Mannschaft keine Sicherheit geben können. Letztlich war es nur Torhüter Jiri Pavlenka und dessen starker Parade gegen Nazarov zu verdanken, dass die Bremer zur Pause nicht hinten lagen (41.). „In der Halbzeitpause haben wir angesprochen, dass wir uns mehr reinhauen müssen“, berichtete Friedl, der sich diesen Kabinen-Appell dann selbst sehr schnell zu Herzen nahm.
Entscheidung erst in der Nachspielzeit
Die zweite Hälfte war gerade einmal vier Minuten alt, da besorgte der Österreicher nach Vorarbeit von Mitchell Weiser und Leonardo Bittencourt mit seinem vierten Saisontreffer die 1:0-Führung (49.), was Werder fortan etwas mehr Sicherheit verlieh. „Dieses Tor haben wir gebraucht, um die Weichen zu stellen“, sagte Werner und attestierte seiner Mannschaft, nach der Pause „viele Dinge besser gemacht“ zu haben. Eng und umkämpft blieb die Partie aber dennoch, weil Aue immer wieder anlief, wenn den Hausherren auch die Mittel fehlten, um Werder so richtig in Bedrängnis zu bringen.
Die Entscheidung fiel dann erst in der Nachspielzeit, die stolze acht Minuten betrug, weil sich Aues Dirk Carlson Mitte der zweiten Hälfte bei einem Zusammenprall am Kopf verletzt hatte und lange auf dem Platz behandelt werden musste, ehe er ausgewechselt wurde. Werder sortierte sich während der Spielunterbrechung noch einmal neu – und sollte letztlich für die Leistungssteigerung nach dem Wechsel belohnt werden: Niclas Füllkrug (90.+2) und der eingewechselte Niklas Schmidt (90.+6) schossen spät einen deutlichen Sieg heraus, der in seiner Entstehung aber längst nicht so souverän gewesen war, wie es das Ergebnis vermuten lässt.
„Ich denke, insgesamt war der Sieg schon verdient“, sagte Friedl und richtete den Blick dann direkt auf das bevorstehende Saisonfinale gegen Jahn Regensburg am kommenden Sonntag. Wie gesagt: Nur noch ein Punkt, dann wäre die direkte Bremer Bundesliga-Rückkehr nach einem Jahr in der Zweitklassigkeit perfekt. „Wir haben in dieser Saison sehr viel investiert, um diese Chance zu haben. Das dürfen wir uns jetzt nicht entgehen lassen“, forderte Friedl.
Sein Trainer, Ole Werner, klang da wesentlich nüchterner. „Jetzt kommt der letzte Spieltag, und da fallen Entscheidungen. Insofern wird es ein besonderes Spiel“, sagte der 33-Jährige, dessen Spieler vor den ausgelassen feiernden Gästefans mitten in der Bergarbeiter-Stadt Aue schon einmal einen guten ersten Eindruck davon bekommen hatten, wie sich so ein Aufstieg anfühlen könnte.