Werders 2:2 in der Analyse Schnelles Umschalten und etwas Glück

Beim 2:2 in Mönchengladbach fand der SV Werder mit Kampf, schnellem Umschalten und etwas Glück zurück in die Partie. Die Partie in der Taktikanalyse.
18.03.2023, 12:20 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Tobias Escher

Ein Aufsteiger zu sein, bietet auch Vorteile. In der Hinrunde wurde Bundesliga-Neuling Werder Bremen von einigen Gegnern unterschätzt. Besonders Borussia Mönchengladbach ließ im Hinspiel große Lücken für Bremer Kontern, doch Räume wie beim 5:1-Erfolg gibt es für Werder mittlerweile nur noch selten. Die Gegner nehmen den Aufsteiger nach der starken Hinserie ernster. So auch Borussia Mönchengladbach, die im Rückspiel weitaus seriöser auftraten als im vergangenen Oktober.

Viele Positionswechsel

Werder-Coach Ole Werner musste seine Startelf auf einigen Positionen umbauen. Eine Erkältungswelle plagt die Mannschaft. Neben Stammtorhüter Jiri Pavlenka fehlten in Marco Friedl, Milos Veljkovic und Christian Groß gleich drei potenzielle Innenverteidiger. So kam der 17-Jährige Fabio Chiarodia zu seinem Bundesliga-Startelf-Debüt. Er begann als linker Innenverteidiger in der Dreierkette. Taktisch stellte Werner seine Elf indes nicht um. Werder begann im bekannten 5-3-2-System.

Gladbachs Trainer Daniel Farke stellte Werder ein 4-2-3-1-System entgegen. Wichtiges Merkmal des Gladbacher Spiels waren die zahlreichen Positionswechsel. So begannen Lars Stindl und Jonas Hofmann zwar nominell auf den Außen-Positionen. Sie zogen aber praktisch permanent in die Spielfeldmitte. Auch Zehner Florian Neuhaus und Stürmer Marcus Thuram ließen sich immer wieder fallen.

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Gladbach versuchte auf diese Art und Weise, eine Überzahl im Zentrum herzustellen. Die Doppelsechs aus Christoph Kramer und Manu Koné sollte Werders Mittelfeldspieler herausziehen. Das Bremer Mittelfeld agierte gewohnt mannorientiert und verfolgte die gegnerischen Mittelfeldspieler. Stindl, Hofmann, Neuhaus und Thuram stießen in die Lücken dahinter, um den Ball direkt aus der Abwehr zu erhalten.

Verlagerungen führen zum Ziel

Werder zeigte sich jedoch gut vorbereitet auf die zahlreichen Positionswechsel der Gladbacher. Positiv fiel die Bremer Abwehr auf: Obwohl sie in dieser Formation noch nie zusammengespielt hatten, fanden sie ein gutes Timing im Herausrücken. Im richtigen Moment wagte sich ein Abwehrspieler ins Mittelfeld, um die Überzahl der Gladbacher zu kontern. Die restliche Abwehr zog sich zusammen, um keine Lücken im Zentrum zu öffnen.

Zu Chancen kam Gladbach daher nur selten durch das Zentrum, sondern eher über die Flügel. Wenn sich die Bremer Abwehr zusammenzog, rückte vor allem Linksverteidiger Anthony Jung weit ins Zentrum. Der Flügel öffnete sich. So kam Gladbach über eine Verlagerung auf diese Seite zu der größten Chance durch Thuram (22.).

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Werder benötigte etwas länger, um offensiv Gefahr zu verströmen. Auch sie versuchten, die gegnerische Abwehrkette in die Mitte zu locken, um anschließend mit langen Bällen auf die Außen hinter die Kette zu gelangen. Wie bereits bei der 1:3-Niederlage gegen Bayer Leverkusen kamen die erfolgversprechendsten Bälle von der halbrechten auf die halblinke Seite. So tauchte auch Werder im Verlauf der ersten Halbzeit vermehrt vor dem Gladbacher Tor auf.

Gladbachs Umstellung stellt Werder vor Probleme

In der Halbzeitpause stellte Borussia-Coach Farke seine Mannschaft um. Kramer ließ sich in die Abwehrkette fallen, sodass Gladbach nun mit einer Mischung aus Dreier- und Fünferkette agierte. Sie gingen prompt in Führung, wobei das Tor mit der Systemumstellung wenig zu tun hatte: Mitchell Weiser lud Gladbach durch einen Fehlpass zu einem Konter ein (48.).

Erst danach zeigte sich, vor welch große Herausforderung Gladbachs Systemumstellung die Bremer stellte. Um Gladbachs Dreierkette zu pressen, musste Niklas Schmidt auf eine Höhe rücken mit den beiden Angreifern. Dahinter geriet die verbliebene Doppelsechs ständig in Unterzahl. Neuhaus, Stindl und Hofmann besetzten weiterhin die Räume vor Bremens Abwehr.

Dass Bremens Abwehr nicht mehr so konsequent herausrücken konnte, lag indes an den Gladbacher Außenverteidigern. Diese konnten dank der verbliebenen Dreierkette in der Abwehr wesentlich offensiver agieren als noch vor der Pause. Werders Außenverteidiger konnten nicht mehr so weit in die Mitte rücken, ohne Gefahr zu laufen, die gegnerischen Außenverteidiger völlig freistehen zu lassen.

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Zwei Umschaltsituationen führen zum Punktgewinn

Dank dieser Systemumstellung gewannen die Gladbacher die Oberhand über die Partie. Zwischen der 46. und der 75. Minute gab Gladbach zwölf Torschüsse ab, sieben davon gingen aufs Tor. Werder gab nur zwei Schüsse ab, von denen einer aufs Tor ging. Gladbach sammelte in dieser Phase zudem 60 Prozent Ballbesitz. Werder bekam keinen Zugriff auf die neu formierte Gladbacher Formation.

Dass die Bremer trotz zweier Rückstände dennoch einen Punkt gewannen, lag an ihrem konsequenten Umschaltspiel. Gladbach hatte aus dem Spiel heraus zwar die Oberhand. Doch einzelne Ungenauigkeiten im Ballbesitz luden Werder zu Kontern ein. Vor dem 1:1 (65.) lagen gerade einmal sieben Sekunden zwischen Ballgewinn und dem Abschluss durch Marvin Ducksch; beim 2:2 waren es fünfzehn (88.).

Das Unentschieden lässt sich daher aus zwei Blickwinkeln betrachten: Gladbach muss sich darüber ärgern, während der Phase nach der Systemumstellung nicht mehr Tore erzielt zu haben. Dennoch hat Werder-Coach Werner nicht unrecht, wenn er von einem verdienten Unentschieden spricht. Werder kämpfte sich in die Partie und überzeugte durch Effizienz und schnelle Konter. Die vielleicht beste Nachricht aus Bremer Sicht ist die Tatsache, dass Werder zwei Kontertore erzielte gegen einen Gegner, der sie diesmal nicht unterschätzte.

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