Es ist nur eine Statistik. Aber eine, die für einen Aufsteiger absolut bemerkenswert ist. Denn das beste Sturmduo der Bundesliga kommt momentan nicht etwa aus München, Dortmund oder Leipzig, sondern tatsächlich von der Weser. Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch haben nach 25 Spieltagen zusammen 23 Tore erzielt – ein Wert, auf den es kein anderes Gespann in diesem Zeitraum bringt. Schon in der vergangenen Zweitliga-Saison glänzte das Duo des SV Werder Bremen, als selbst ernannte „hässliche Vögel“ schossen und köpften sie den Verein zurück in die Beletage. Nun, ein Jahr später, liefern sie auch dort eine sehenswerte Flugshow, weil längst nicht mehr nur Nationalstürmer Füllkrug seinen außergewöhnlichen Torriecher unter Beweis stellt, sondern auch Ducksch zuletzt mit allerlei schönen und wichtigen Treffern überzeugte. Darüber hinaus bringen sie es gemeinsam auf elf Vorlagen.
„Wenn man sieht, wie die Zwei da vorne agieren und harmonieren, ist das schon klasse“, schwärmt Clemens Fritz, Werders Leiter Profifußball, im Gespräch mit unserer Deichstube. „Sie sind so aufeinander abgestimmt, dass es für jede Verteidigung schwierig ist, sie zu greifen.“ Zuletzt bekam das Borussia Mönchengladbach zu spüren, als Ducksch und Füllkrug in der Schlussphase gemeinsam das erlösende 2:2 herausarbeiteten. Ersterer pflückte den Ball aus der Luft, bugsierte ihn zum Aushilfskapitän, der das Spielgerät wiederum direkt zurückgab. Es folgte ein Abschluss mit dem ersten Kontakt, der für Marvin Ducksch längst zu einer Art Markenzeichen geworden ist. Immer wieder probiert er es so, nicht immer trifft er ins Schwarze. Doch immer häufiger. Schon vor einiger Zeit in Stuttgart (2:0) hatte das Zusammenspiel der Angreifer wichtige Punkte gebracht, auch da legte Füllkrug überlegt auf seinen Nebenmann ab, der damals hoch in den Winkel schlenzte, während er nun abgezockt flach ins lange Eck traf. Die Position war dabei fast identisch.
„Natürlich ist das immer eine Mannschaftsleistung, aber entscheiden tun dann häufig die Spieler in den Strafräumen – hinten und vorne“, meinte Füllkrug nach dem Punktgewinn. „Dieses Mal hat ,Duckschi‘ zwei Mal enorme Qualität bewiesen, weil das keine hundertprozentigen Dinger gewesen sind. Das sind aber genau die Dinger, die wir brauchen.“ Der Gelobte gab im Gespräch mit dem Club-TV sofort das Lob an seinen kongenialen Kollegen zurück. „Nicht viele in der Liga können den Ball unter Druck so perfekt auflegen wie Fülle.“ Oder wie es Chefcoach Ole Werner ausdrückte: „Das war mal wieder ein blindes Verständnis von ,Duckschi' und ,Fülle'. Dieses Zusammenspiel ist Extra-Klasse.“
Wenn das so bleibt, dann könnte Werder in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlich alle Abstiegssorgen los sein. Und dann? Wird das Erfolgsduo in einigen Monaten womöglich gesprengt. Schließlich wird immer wieder gemutmaßt, dass Niclas Füllkrug nach dieser Saison eventuell den Verein wechselt, noch einmal ein großen Fußball-Abenteuer bei einem internationalen Topklub wagt und den Bremern so eine ebenso ansehnliche wie hilfreiche Ablösesumme beschert. Entschieden ist noch nichts. „Natürlich willst du eine derartige Qualität unbedingt in deinem Kader behalten“, sagt Clemens Fritz nur. „Aktuell ist es aber noch gar kein Thema, was im Sommer passieren könnte.“
Bis auf Weiteres können sich Werders Fans und Verantwortliche also an dem Offensivgespann erfreuen. Vor allem der Aufschwung von Marvin Ducksch beeindruckt momentan. Unmittelbar nach dem Aufstieg war viel darüber diskutiert worden, ob der 29-Jährige wirklich die Klasse besitze, um im dritten Anlauf doch noch in der 1. Bundesliga zu bestehen. Die kritischen Stimmen wurden während der Hinrunde nicht eben leiser, als Ducksch lediglich drei Treffer erzielt hatte. Sein Trainer stärkte ihm in all der Zeit den Rücken, hielt in seiner Startformation an ihm fest. „Ich glaube, dass Marvin innerhalb des Vereins und besonders von Ole Werner ein ganz großes Vertrauen spürt“, meint Fritz mit Blick auf den jetzigen Aufwärtstrend. „Man hat ihm zudem in Mönchengladbach an seiner Körpersprache angemerkt und wie sehr er sich über die Gegentore geärgert hat, dass er unbedingt den Erfolg und etwas Zählbares mitnehmen wollte.“
Auch das wirkte nicht immer so. Mitunter gab es den Vorwurf, Ducksch würde zu schnell aufstecken, den Kopf zu schnell hängen lassen, wenn eine Aktion nicht so klappe, wie er sich das vorstellt. Schon vor Wochen hat der Kunstschütze erklärt, dass er genau daran hart gearbeitet habe. Wie auch an vielen anderen kleinen Details. Die Anerkennung dafür sei ihm mitunter verwehrt geblieben, so sein Eindruck. Auch jetzt, nach seinem Doppelpack in Mönchengladbach, meinte er lächelnd: „Ich bekomme ja immer wieder Kritik, heute wird es wahrscheinlich auch wieder welche geben, obwohl ich zwei Tore geschossen habe.“ Von seinem Weg bringe ihn das allerdings nicht ab. „Das spornt mich nur an, noch mehr an mir zu arbeiten, als ich es eh schon tue“, hob Ducksch hervor. Er will schließlich noch ein paar weitere Treffer vorbereiten oder erzielen und mit seinem Harlekin-Jubel in Richtung Fans abdrehen. Und natürlich mit Niclas Füllkrug feiern. Denn ein Sturmduo wie dieses gibt es in der Liga derzeit kein Zweites.