Werder-Angreifer Ein letzter Schritt fehlt: Füllkrugs Jagd auf die Torjägerkanone

Vor dem letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga hat Werder-Stürmer Niclas Füllkrug weiterhin beste Chancen, die Torjägerkanone zu gewinnen. Was sein Trainer und Werder-Legende Ailton dazu sagen...
25.05.2023, 18:12 Uhr
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Von mbü/dco

Als Niclas Füllkrug am Mittwoch plötzlich einen blauen Müllsack aus dem Inneren des Weserstadions schleppte, war die Aufregung im Fanlager groß. Schließlich ist ein Gepäckstück dieser Art in der Vergangenheit schon häufiger ein Indiz dafür gewesen, dass ein Profi alsbald den Verein verlässt. Entsprechend schnell verbreiteten sich Fotos von Füllkrugs Transporteinlage in den sozialen Medien und die Diskussion um einen nahenden Wechsel hatte neues Futter erhalten. Sollte sich der Stürmer, der an diesem Wochenende die Torjägerkanone der Bundesliga einheimsen könnte, also wirklich schon verabschieden?

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„Da kann ich tatsächlich Entwarnung geben“, erklärte ein lächelnder Clemens Fritz als Werders Leiter Profifußball knapp 24 Stunden später. „Die Jungs gehen nächste Woche ja in den Urlaub – und auf Hinweis unseres Zeugwartes und weil wir hier demnächst ja noch ein großes Event auszutragen haben, soll natürlich ein wenig Ordnung und Platz vorhanden sein. Deswegen wurden die Jungs gebeten, ein paar Sachen, die vielleicht überflüssig sind, zu entfernen.“ Mit der Großveranstaltung war das Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am 12. Juni gegen die Ukraine gemeint, bei dem nach derzeitigem Stand auch der Bremer Angreifer dabei sein dürfte. Seinem Spind verpasste er trotzdem den nötigen Feinschliff. „Bei ,Fülle‘ war der Sack anscheinend etwas größer“, meinte Fritz lachend. „Es gibt aber immer einige überflüssige Schuhe, die sich während so einer Saison angesammelt haben.“

Niclas muss die Torjägerkanone jetzt einfach nach Hause holen. Dafür drücke ich ihm beide Daumen.
Ailton

Einige dieser abgenutzten Treter haben in den vergangenen Monaten fraglos eine wichtige Rolle gespielt. Sie waren nämlich entscheidend daran beteiligt, dass der 30-Jährige bis dato 16 Tore im Fußball-Oberhaus erzielt hat. Und da noch kein anderer Akteur der Liga treffsicherer war, führt Füllkrug die Torschützenliste einen Spieltag vor Schluss weiterhin an. Zwei Treffer Vorsprung hat er auf die Konkurrenten Serge Gnabry (FC Bayern München), Christopher Nkunku (RB Leipzig), Randal Kolo Muani (Eintracht Frankfurt) und Vincenzo Grifo (SC Freiburg). Im Fernduell um die Krone kann Werders Stürmer beim finalen Auswärtsspiel gegen Union Berlin (Sonnabend, 15.30 Uhr) mit weiteren Erfolgserlebnissen für klare Verhältnisse sorgen und die begehrte Torjägerkanone direkt in der Bundeshauptstadt in Empfang nehmen.

„Das wäre eine schöne Geschichte“, hatte Teamkollege Leonardo Bittencourt bereits unter der Woche gesagt und die Hilfe der gesamten Mannschaft beim Erreichen dieses Ziels zugesichert. Trainer Ole Werner wollte nicht zu sehr auf die mögliche Krönung seines Schützling schielen, sondern visierte lieber erst einmal die drei Punkte in Berlin an. „Im Leistungssport ist es immer wichtig, dass man eine gute Leistung zeigt und nach Möglichkeit auch Spiele gewinnt“, sagte der 35-Jährige und ergänzte mit Blick auf Füllkrugs Rang eins im Tore-Ranking. „Das eine erhöht dann auch die Chance aufs andere. Es ist eine außergewöhnliche Leistung, die wir als Mannschaft im Offensivspiel dieses Jahr gezeigt haben. Nicht nur ,Fülle‘, sondern auch ,Duckschi‘ (Marvin Ducksch, Anm. d. Red.) hat viel getroffen und Mitchell Weiser ist einer der besten Vorlagengeber.“

Werder-Legende Ailton drückt Niclas Füllkrug die Daumen

Einer, der ganz genau weiß, wie es sich anfühlt, die Torjägerkanone in die Luft zu stemmen, ist Ailton. In Werders legendärer Double-Saison 2003/2004 hatte der Brasilianer wesentlich häufiger zugeschlagen als Füllkrug, es am Ende auf bemerkenswerte 28 Treffer gebracht. Das ist viele Jahre her, doch die Erinnerungen sind noch frisch: „Für einen Stürmer gibt es keine größere persönliche Auszeichnung“, betonte der inzwischen 49-Jährige im Gespräch mit unserer Deichstube und forderte: „Niclas muss die Torjägerkanone jetzt einfach nach Hause holen. Dafür drücke ich ihm beide Daumen.“

Dass Füllkrug eventuell sogar nur 16 Treffer zum großen Glück reichen und das ein neuer Minimal-Rekord in der Bundesliga-Historie wäre, spielt für Ailton überhaupt keine Rolle. Und wohl nicht nur für ihn: „Die Zahl ist für Niclas vollkommen egal. Ein großer Erfolg wäre es für ihn am Ende so oder so“, unterstrich der Ex-Profi: „Das ist der Traum aller Stürmer.“ Zuvor hatten Thomas Allofs und Roland Wohlfarth (beide 1988/1989) sowie Fredi Bobic (1995/1996) mal nur 17 Tore zur Auszeichnung als zielsicherste Schützen gereicht.

Zukunft von Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch weiter offen

Dass die Torjägerkanone, sofern Niclas Füllkrug sie tatsächlich holen sollte, am späten Samstagabend in einem blauen Müllsack landen wird, ist eher unwahrscheinlich. Und ob er in Bremen demnächst noch weitere Habseligkeiten aus der Kabine schleppen muss, ist weiterhin offen. Ebenso wie im Fall von Sturmkollege Marvin Ducksch, der auch mit einem Vereinswechsel in Verbindung gebracht wird. „Wir sind mit beiden Berateragenturen im Austausch, aber da ist es wirklich noch zu früh, um eine Wasserstandsmeldung abzugeben“, erklärte Clemens Fritz am Donnerstag, der in beiden Fällen eine allzu lange Hängepartie während des kommenden Sommers unbedingt vermeiden möchte: „Sicherlich wird irgendwann ein Tag kommen, an dem wir sagen: Jetzt ist es so, und jetzt bleibt es so.“ Aktuell sei die Ausgangslage allerdings unverändert: „Es ist nach wie vor offen, aber wir würden natürlich gern diese Qualität im Kader behalten.“

Viele Fans sehen das ähnlich. Und lieferten direkt den bildlichen Beweis. Denn nur wenige Minuten nachdem Fritz diese Worte gesprochen hatte, schlenderte Niclas Füllkrug am Weserstadion in Richtung Parkplatz. Allzu weit kam er jedoch nicht, denn eine Schulklasse und viele weitere Anhänger versperrten ihm den Weg. Erst nach zahlreichen Fotos und Autogrammen ging es weiter. Einen blauen Müllsack hatte er dieses Mal nicht unterm Arm.

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