Der Mannschaftsbus von Werder Bremen hat ohne Frage schon die eine oder andere feuchtfröhliche Rückfahrt von einem Auswärtsspiel erlebt. Bei der jüngsten Reise von Leverkusen nach Bremen dürfte es wesentlich gesitteter auf der Autobahn zugegangen sein. Was einerseits am Zeitpunkt in der Saison liegt und andererseits am Ergebnis, das die Mannschaft von Trainer Ole Werner unterm Bayer-Kreuz einfuhr – nämlich ein 1:1 (0:0). „Ich bin mit der Leistung total zufrieden, der Punkt ist okay – aber ein Unentschieden ist jetzt nichts, wo du dir abends ein Fass aufmachst. Das ist auch klar“, betonte Werner hinterher.
Und doch hatte Werder, das auswärts in dieser Saison weiter ungeschlagen ist, auch im Rheinland wieder etwas hinbekommen, was in dieser Konstanz bislang kein anderes Team der Liga schafft: Nach einem eigenen Rückstand gab es am Ende doch noch Zählbares. Im Umbiege-Ranking liegen die Bremer deshalb aktuell auf Rang eins. „Man merkt einfach, dass wir ein Team sind“, schwärmte Romano Schmid. „Wenn unsere Wechselspieler reinkommen, dann merkt man auch nochmal einen richtigen Schwung, und diesen Input, dieses Momentum hat nicht jede Mannschaft in der Liga. Deswegen machen wir auch danach die Tore.“
Klingt nach einer ganz simplen Formel, doch die Umsetzung ist alles andere als einfach. Die Bremer hatten in Leverkusen nämlich richtig Arbeit zu bewältigen. Die Gastgeber befinden sich zwar aktuell in den Niederungen der Tabelle, sportliche Qualität ist beim Champions-League-Teilnehmer aber zweifelsfrei vorhanden. Vor allem die schnellen Offensivakteure verlangten den Werder-Profis alles ab. „Wir haben das Spiel speziell in den 15, 20 Minuten vor der Halbzeit zu wild werden lassen“, monierte Ole Werner. „Da haben wir es zwar gut geschafft, die erste und zweite Reihe des Gegners zu überspielen, hatten dann aber zu viele Ballverluste, durch die Leverkusen immer wieder in Umschaltmomente kam.“
So sahen Anthony Jung und mitunter auch Mitchell Weiser nicht gut aus, wenn die Leverkusener Jeremie Frimpong oder Moussa Diaby das Tempo anzogen. Und dann war da ja noch Chelsea-Leihgabe Callum Hudson-Odoi. „Im Defensivverhalten hatten wir unsere Probleme mit ihm und der Frage, wo er sich gerade aufhält“, räumte Werders Chefcoach ein. „Nominell war er schon Zehner, stand dann aber auch mal in der Kette.“
Ole Werner sieht klassische "Auswärts-Erste-Halbzeit"
Immerhin, im ersten Abschnitt rächte sich das nicht. Zumal Werder ja auch selbst Akzente setzte, aber gute Chancen durch Marvin Ducksch oder Niclas Füllkrug ausließ. „In der ersten Halbzeit hatten wir, obwohl wir viele Dinge bei eigenem Ballbesitz nicht so klar gemacht haben wie in der zweiten Halbzeit, trotzdem die Möglichkeit, mit ein bisschen mehr Effektivität eine klassische Auswärts-Erste-Halbzeit hinzulegen – in der du etwas tiefer stehst, als du es eigentlich vorhast, aber dennoch zu Chancen kommst“, formulierte es Werner.
Letztlich ging es mit einem 0:0 in die Pause, doch Kerem Demirbay machte daraus mit einem schönen Distanzschuss schnell eine Führung der Heimelf (56.). Werder wirkte aber keineswegs geschockt. Sondern zeigte abermals die besagten Comeback-Qualitäten. „Der Ausgleichstreffer hat vom Gefühl her dann lange auf sich warten lassen, weil wir viele Situationen in und um den Strafraum herum hatten, aber den Ball nicht klar ins Tor bringen.“ Und auch als Milos Veljkovic das erlösende 1:1 gelang (81.), hatte er das Spielgerät eher über die Linie gestochert als sehenswert versenkt – aber das interessierte auf Bremer Seite niemanden. Was zählte, war der nächste Punkt. „Es zeigt, dass wir nie aufstecken“, meinte Kapitän Marco Friedl. „Wir wissen, dass wir über die Mannschaft kommen müssen. Jeder muss in jedem Spiel alles reinhauen, denn sonst haben wir keine Chance.“
Werder will weiter hart arbeiten, um schnell den Klassenerhalt zu schaffen
Bislang gelingt ihm und seinen Kollegen das in den meisten Fällen ganz gut. Der Aufsteiger hat inzwischen neun Punkte aus den ersten sieben Spielen ergattert, muss sich zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison nicht noch zusätzlich mit unschönen Nebengeräuschen im Tabellenkeller herumplagen. „Natürlich hilft dir jeder Punkt, den du mehr hast als der eine oder andere Konkurrent, weil du dann auch in Ruhe arbeiten kannst“, erklärte Werner. „Es tut gut, dass wir nicht auf einem Abstiegsplatz stehen, aber die ganz große Aussagekraft ist eben auch noch nicht da. Die Abstände sind sehr eng und insofern sind wir gut beraten, auf unsere Arbeit zu gucken.“ Auf Stillstand hat der Bremer Trainer nämlich keine Lust, er möchte lieber einen konstanten Prozess bei seinen Spielern sehen. „Mit den Leistungen und der Entwicklung bin ich überwiegend zufrieden – ohne dass man jetzt am Ende des Weges ist. Man muss sich alles Woche für Woche beinhart erarbeiten. Das merken wir“, sagte der 34-Jährige. „Die Art und Weise, wie die Mannschaft arbeitet, ist sehr positiv, weil sie auch auf Rückstände, Rückschläge oder schlechte Leistungen reagieren kann. Das ist für mich ein gutes Zeichen.“
Ilia Gruev verfolgt sogar noch einen zusätzlichen Ansatz. „Das Wichtigste ist, dass wir ansehnlichen Fußball spielen. Ich glaube, den Fans macht das Spaß“, sagte Werders Mittelfeldspieler. „Darauf müssen wir aufbauen und so weitermachen, um so schnell wie möglich 40 Punkte zu holen.“ In der Regel sind diese gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt. Und das wäre dann auch mal wieder eine richtig gute Gelegenheit, um abends ein Fass aufzumachen.